Rz. 18

Neben einer dauernden Einbuße der körperlichen Bewegungsunfähigkeit führte auch eine typische Berufskrankheit zur Möglichkeit der Inanspruchnahme des Behinderten-Pauschbetrags, sofern diese den Grad der Behinderung von 30 oder 40 mitverursacht hatte.

Der Begriff der Berufskrankheit entlehnt sich gem. § 9 Abs. 1 S. 1ff. SGB VII der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), in der Berufskrankheiten abschließend geregelt sind. Das Gesetz forderte indessen eine Behinderung beruhend auf einer "typischen" Berufskrankheit, sodass eine Behinderung aufgrund einer Berufskrankheit allein nicht ausreichend für die Inanspruchnahme der Behinderten-Pauschbeträge war.[1] Damit eine Berufskrankheit jedoch auch als typisch gilt, muss eine Berufsgruppe in besonderem Maße der Gefahr einer bestimmten Berufskrankheit ausgesetzt sein. Zu den hierfür erforderlichen Feststellungen im Einzelfall sind vom FG Sachverständige hinzuzuziehen.

 
Hinweis

Kosten der Heilung einer typischen Berufskrankheit

Kosten des Stpfl. für die Wiederherstellung der Gesundheit bei Erleiden einer typischen Berufskrankheit können als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abgezogen werden.[2] Dasselbe gilt, sofern eine Erkrankung (z. B. infolge eines Arbeitsunfalls) eindeutig der beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann.[3]

 

Rz. 19

Leidet der Stpfl. an einer typischen Berufskrankheit, wird der ursächliche Zusammenhang der Erkrankung und dem Beruf unmittelbar unterstellt; ein gesonderter Nachweis über den tatsächlichen Zeitpunkt der Erkrankung war nicht notwendig.[4] Die Rspr. wendet das Merkmal der typischen Berufskrankheit daher u. U. nur restriktiv an. Entsprechend entschied der BFH, dass ein Herzinfarkt nicht als typische Berufskrankheit freier Berufe angesehen werden kann, da auch Angehörige anderer Berufsgruppen einen Herzinfarkt erleiden könnten.[5] M. E. vernachlässigt der BFH in diesem Urteil allerdings die Bedeutung der Kausalität für den Krankheitseintritt. Eine Krankheit nicht als typische Berufskrankheit einzuordnen, weil auch Menschen, die den entsprechenden Beruf nicht ausüben, daran erkranken können, ist verfehlt. Vielmehr muss es darauf ankommen, ob derartige Erkrankungen in einer bestimmten Berufsgruppe gehäuft auftreten. Z. B. lässt sich feststellen, dass aromatische Amine, die bei der Arbeit in Gießereien verwendet werden, die Entstehung von Harnblasenkrebs fördern und Arbeitnehmer in Gießereien vermehrt hieran erkranken. Die Tatsache, dass auch Angehörige anderer Berufsgruppen (gelegentlich) an Harnblasenkrebs erkranken können, ist kein sachliches Argument, das gegen die Einordnung von Harnblasenkrebs als typische Berufskrankheit für Arbeiter einer Gießerei sprechen könnte.

Für typische Berufskrankheiten muss mithin ein monokausaler Zusammenhang der beruflichen Tätigkeit zu einem bestimmten Krankheitsbild bestehen, der durch ein häufiges Auftreten der Krankheit bei Angehörigen der Berufsgruppe oder der Identifikation spezifischer Krankheitserreger, denen der Stpfl. bei der Ausübung des Berufes untrennbar ausgesetzt ist, empirisch verifizierbar ist. Ein gehäuftes Auftreten wird regelmäßig erst dann bejaht werden können, wenn ein Zusammenhang zwischen dem Beruf und der Erkrankung statistisch signifikant nachgewiesen werden kann. Die Einstufung einer Berufskrankheit als typisch erfordert in der gutachterlichen Stellungnahme eines Arztes eine entsprechende Untersuchung mit einer hinreichenden statistischen Datenbasis.

Als typische Berufskrankheiten bisher anerkannt sind z. B.

  • Staublunge (Silikose) von Bergleuten,
  • Asbestose, Mesotheliom oder Lungen/-Kehlkopfkrebs durch Asbest bei Bauarbeitern,
  • Hepatitis bei praktizierenden Ärzten[6],
  • Strahlenschäden von Radiologen[7],
  • Hautkrankheiten bei Lackierern und Chemikern,
  • ggf. Infektionskrankheiten (abhängig von der jeweiligen Art der Krankheit) bei Ärzten und Pflegepersonal sowie
  • allergische Atemwegserkrankungen bei Bäckern und Friseuren.
 
Hinweis

Burn-Out und Folgen von Mobbing sind keine typischen Berufskrankheiten

Aufwendungen im Zusammenhang mit dem sog. "Burn-out-Syndrom"[8] sollen ebenso wie psychische Folgen von "Mobbing" am Arbeitsplatz[9] keine typischen Berufskrankheiten darstellen. Problematisch bei derartigen Fällen ist bereits, dass diese unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten nicht als Krankheit eingestuft werden. M. E. muss jedoch zwischen Begrifflichkeiten der Umgangssprache, die eine Vielzahl von Krankheitsbildern umfassen, sowie tatsächlichen psychischen Erkrankungen differenziert werden. Für tatsächliche Erkrankungen ist nach objektiven Maßstäben zu entscheiden, ob diese (statistisch signifikant) als typische Berufskrankheiten eingruppiert werden können. Psychische Krankheiten wie z. B. die posttraumatische Belastungsstörung sind in bestimmten Berufen wie der Polizei oder der Bundeswehr infolge eines Auslandeinsatzes auch bereits durch die Bundesregierung anerkannt worden. Führen derartige Erkrankungen (mit) zu einer Behinderung, sollte den betroffenen Stpfl. auch ein entsprechender Abzu...

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