Rz. 103

Gem. § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UmwStG ist Voraussetzung für das Bewertungswahlrecht der übernehmenden Gesellschaft, dass sie aufgrund ihrer Beteiligung einschließlich der übernommenen Anteile nachweisbar unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft hat, deren Anteile eingebracht werden.

 

Rz. 104

Zweck der Beschränkung der Steuervergünstigung auf mehrheitsvermittelnde Anteile ist es, die Bildung einer unternehmerischen Mehrheitsbeteiligung zu fördern. Jedoch soll nicht die Schaffung einer lediglich als Kapitalanlage gedachten Minderheitsbeteiligung steuerlich unterstützt werden.

 

Rz. 105

Warum nur eine unmittelbare, nicht aber auch eine mittelbare Mehrheitsbeteiligung gefördert wird, ist nicht erkennbar.

 

Rz. 106

Der steuerneutrale Anteilstausch bietet die Möglichkeit einer indirekten Fusion von Gesellschaften. Eine Gesellschaft kann eine andere als Tochtergesellschaft übernehmen, indem sie die einbringenden Gesellschafter der erworbenen Gesellschaft mit neuen Anteilen ihrer Gesellschaft abfindet. Außerdem lässt sich eine Beteiligung an einer Tochtergesellschaft aufstocken, indem Minderheitsgesellschaftern der steuerneutrale Tausch ihrer Beteiligung gegen eine Beteiligung an der Obergesellschaft angeboten wird. Der Anteilstausch lässt sich auch als Mittel zur Umstrukturierung eines Konzerns nutzen: Eine Muttergesellschaft kann eine von ihr gehaltene Beteiligung in eine Tochter- oder Enkelgesellschaft einbringen, um auf diese Weise die Beteiligungskette zu verlängern. Ein Anteilstausch ist jedoch kein Mittel, um einen Konzernaufbau zu straffen. Kooperationswillige Kapitalgesellschaften können sich eine gemeinsame Holding schaffen, indem sie ihre Gesellschafter veranlassen, ihre Anteile gegen Gewährung von Anteilen an dieser Holding einzubringen.

 

Rz. 107

Nach § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UmwStG kommt es nur darauf an, dass die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft hat, deren Anteile eingebracht worden sind. Maßgeblich sind nur die Stimmrechtsverhältnisse nach der Einbringung. Es kann daher auch eine bereits bestehende Mehrheitsbeteiligung aufgestockt werden.[1] Es genügt demnach die Einbringung eines Anteils, wenn die übernehmende Gesellschaft bereits eine Mehrheitsbeteiligung besitzt.

 

Rz. 108

Für die Feststellung der Stimmrechtsmehrheit kommt es ausschließlich auf das Innehaben der Stimmenmehrheit nach dem Gesetz bzw. der Satzung an. Schuldrechtliche Restriktionen, insbesondere Stimmbindungsverträge oder Stimmrechtsausübungsverbote, sind unbeachtlich.[2]

 

Rz. 109

Für Zwecke der Übertragung allein des wirtschaftlichen Eigentums eines Anteils ist es erforderlich und auch ausreichend, dass der übernehmenden Gesellschaft die Stimmrechte eingeräumt werden.[3].

 

Rz. 110

Das Merkmal der mehrheitsvermittelnden Beteiligung muss im Zeitpunkt der Einbringung, d. h. im Zeitpunkt bzw. eine logische Sekunde nach der Übertragung des zivilrechtlichen bzw. wirtschaftlichen Eigentums, vorliegen.[4] Entscheidend ist hierbei nach der hier vertretenen Auffassung der Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts und nicht (bereits) der Zeitpunkt des Umwandlungsbeschlusses bzw. des Abschlusses des Einbringungsvertrags.[5] Geht die Stimmenmehrheit später verloren, so ist dies unbeachtlich.[6]

 

Rz. 111

Die mehrheitsvermittelnden Anteile können entsprechend der bisherigeren Rechtslage auch von mehreren Personen/Einbringenden eingebracht werden, selbst wenn die Anteile eines Einbringenden oder gar aller Einbringenden nicht mehrheitsvermittelnd sind. Es kommt in diesem Fall lediglich darauf an, dass alle Anteile zusammen mehrheitsvermittelnd sind und zeitgleich aufgrund eines einheitlichen Gründungs- oder Kapitalerhöhungsvorgangs eingebracht werden.[7]

 
Praxis-Beispiel

Die X-GmbH hält bereits 40 % der Stammanteile an der Y-GmbH. Nunmehr bringen A und B gleichzeitig je 7 % der Anteile an der Y-GmbH in die X-GmbH im Wege einer einheitlichen Sachkapitalerhöhung jeweils gegen Gewährung von neuen Gesellschaftsanteilen an der X-GmbH ein.

Die Voraussetzungen einer mehrheitsvermittelnden Einbringung i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UmwStG sind damit erfüllt.

Rz. 112 einstweilen frei

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