Rz. 278

Für die Frage, ob der Stpfl. den Nachweis führen muss, dass keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, oder vielmehr die Finanzbehörde die (objektive) Beweislast dafür trägt, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, ist von den Grundsätzen der Rspr.[1] auszugehen. Danach trägt die Finanzbehörde die Feststellungslast für die den Steueranspruch begründenden Tatsachen. Sind diese festgestellt worden, trägt der Stpfl. die Feststellungslast dafür, dass der Steueranspruch trotz der steuerbegründenden Tatsachen dennoch nicht entstanden ist.[2]

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass es eine echte objektive Beweislast im Steuerverfahren nur ausnahmsweise gibt. Grundsätzlich hat die Finanzbehörde den Sachverhalt unter Mitwirkung des Stpfl. aufzuklären. Die Frage der objektiven Beweislast stellt sich nur, wenn der Sachverhalt nicht mehr aufklärbar ist.

 

Rz. 278a

Auf die verdeckte Gewinnausschüttung übertragen bedeutet dies, dass die Finanzbehörde die Feststellungslast dafür trägt, dass die Gesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) erlitten hat, dass diese Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung zu einer Minderung der Einkünfte geführt hat, und dass dies auf gesellschaftsrechtlichen Gründen beruht.[3] Für den Eintritt einer Vermögensminderung (einschließlich der verhinderten Vermögensmehrung) trifft die objektive Beweislast die Finanzbehörde bei Unaufklärbarkeit uneingeschränkt.[4] Nach Vermögensminderung (objektive Beweislast des Stpfl.) und verhinderter Vermögensmehrung (objektive Beweislast beim FA) zu unterscheiden, wie Weber-Grellet[5] es tut, ist unsachgemäß. Beide Fälle sind wertungsgleich, und zwar auch, soweit die Darlegungslast des Stpfl. betroffen ist; eine unterschiedliche Beweislastverteilung kann hieran nicht geknüpft werden.

 

Rz. 278b

Für den Nachweis, dass die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung auf einer Zuwendung an den Gesellschafter beruht, genügt es nicht, dass eine Nachkalkulation in Form einer Hinzuschätzung zu dem Gewinn geführt hat. Hieraus lässt sich nicht zwingend ableiten, dass diese Differenzen den Gesellschaftern zugewendet worden sind. Es muss vielmehr der Nachweis hinzutreten, dass die Kalkulationsdifferenzen auf nicht vollständig erklärten Betriebseinnahmen der Kapitalgesellschaft beruhen und diese nicht erklärten Betriebseinnahmen nicht betrieblich verwendet worden sind.[6] Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Finanzverwaltung die Feststellungslast dafür trägt, dass zusätzliche Betriebseinnahmen erzielt worden sind. Steht dies fest, ist es Sache des Stpfl., darzulegen, was mit den zusätzlichen Betriebseinnahmen geschehen ist. Die Kapitalgesellschaft bzw. ihre Gesellschafter, denen die verdeckte Gewinnausschüttung zugerechnet werden soll, sind nach § 90 AO verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und die in ihrer Sphäre und ihrem Wissen liegenden Umstände offenzulegen. Ob nicht gebuchte Einnahmen betrieblich verwendet worden oder den Gesellschaftern außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung zugeflossen sind, können nur die Gesellschaft und die Gesellschafter darlegen. Verweigern sie ihre Mitwirkung oder ist der Verbleib nicht gebuchter Betriebseinnahmen unaufklärbar, geht dies zu ihren Lasten. Dies indiziert eine durch das Gesellschaftsverhältnis verursachte quotale Auskehrung an alle Gesellschafter. Damit ist allen Gesellschaftern eine verdeckte Gewinnausschüttung entsprechend ihrer Beteiligungsquote zuzurechnen. Diese verdeckte Gewinnausschüttung gilt als zugeflossen.[7] Wird in solchen Fällen die verdeckte Gewinnausschüttung nur einem Gesellschafter zugeordnet, ohne dass hierfür besondere Gründe vorliegen, ist diese Entscheidung rechtswidrig.[8] Entsprechendes gilt, wenn die Körperschaft Zahlungen an eine ausl. Person geleistet hat, den Zweck der Zahlung aber nicht angibt bzw. hierzu widersprüchliche Angaben macht. Die stpfl. Körperschaft muss den Sachverhalt nach § 90 Abs. 2 AO selbst aufklären und ggf. den ausl. Empfänger im Inland als Zeuge stellen.[9] Die Nichterfüllung der dem Stpfl. nach § 90 AO auferlegten Pflichten zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts führt für die Finanzbehörde zu einer Reduzierung des Beweismaßes.[10] Daher geht die Kritik an dieser Konzeption fehl, bei der Kapitalgesellschaft hinzugeschätzte Beträge könnten bei dem Gesellschafter nicht als verdeckte Gewinnausschüttung erfasst werden, weil diese dem Grunde nach nicht geschätzt werden dürften.[11] Es geht nicht um eine "Schätzung" dem Grunde nach, sondern um eine konsequente Durchführung der Hinzurechnung. Wenn Einnahmen zulässigerweise bei der Kapitalgesellschaft hinzugeschätzt worden sind, diese sich aber naturgemäß auf den Geldkonten der Kapitalgesellschaft nicht wiederfinden, muss geprüft werden, wo diese Beträge geblieben sind, d. h., da sie nicht mehr vorhanden sind, wie sie "verbraucht" wurden.[12] Es kann nicht mehr argumentiert werden, dass es diese Einnahmen nie gegeben habe, da aufgrun...

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