Rz. 235

Besteht die Vermögensminderung in der Übertragung eines materiellen Wirtschaftsguts (einschließlich Geld) oder eines erworbenen immateriellen Wirtschaftsguts, also in bilanzierungsfähigen Wirtschaftsgütern, erfolgt die Abwicklung nach folgenden Grundsätzen. Bei der den Vorteil gewährenden Gesellschaft ist das Einkommen außerbilanziell um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung zu erhöhen. Beim Gesellschafter ist der Zugang des zugewendeten Vermögensgegenstands als Vermögensmehrung und Einkünfte aus der Beteiligung an der Gesellschaft zu erfassen.[1] Da der Vermögensgegenstand aber physisch bei dem Gesellschafter nicht vorhanden ist, greift die Annahme ein, dass dieser Vermögensgegenstand an den Dritten (die nahestehende Person) weitergegeben worden ist. Man muss diese "Weitergabe" nicht als physische Weitergabe sehen, die ja tatsächlich aufgrund der direkten Zuwendung zwischen Gesellschaft und Dritten nicht erforderlich ist. Es handelt sich vielmehr um eine Zuordnung aufgrund steuerrechtlicher Wertungen. Sie ist vergleichbar einer "Abkürzung des Zuwendungsweges". Die den Vorteil gewährende Gesellschaft wollte den Vorteil aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung dem Gesellschafter gewähren, der ihn der nahestehenden Person weiterleiten wollte. Zur "Abkürzung" dieses Zuwendungsweges hat die den Vorteil gewährende Gesellschaft direkt an die nahestehende Person geleistet.

 

Rz. 235a

Die Behandlung beim Gesellschafter ist im Einzelnen davon abhängig, in welchem Verhältnis er zu dem Dritten steht. Ist der Dritte seinerseits eine Körperschaft, an der der Gesellschafter mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist (Schwestergesellschaft der vorteilsgewährenden Gesellschaft), stellt die Weitergabe des Werts des Vermögensgegenstands durch den Gesellschafter eine Einlage dar, die auf dem Beteiligungskonto zu aktivieren ist. Bei der Schwestergesellschaft ist das Wirtschaftsgut mit dem gemeinen Wert als Anschaffungskosten zu aktivieren. Da diese annahmegemäß höher sind als die tatsächliche Gegenleistung, entsteht ein Vermögenszugang. Dieser Vermögenszugang stellt eine gesellschaftsrechtliche Einlage und damit eine steuerfreie Vermögensmehrung dar.[2]

Bei der Frage, ob die verdeckte Einlage bei der empfangenden Gesellschaft zu einer steuerfreien Vermögensmehrung führt, ist jedoch auch das materielle Korrespondenzprinzip nach § 8 Abs. 3 S. 5 KStG zu berücksichtigen. Danach führt die Einlage nur dann zu einer steuerfreien Vermögensmehrung, wenn die entsprechende verdeckte Gewinnausschüttung bei dem Gesellschafter steuerlich nicht berücksichtigt worden ist.[3]

Nicht eindeutig geklärt ist, wann die verdeckte Gewinnausschüttung bei dem Gesellschafter "berücksichtigt" bzw. "nicht berücksichtigt" worden ist. Berücksichtigt ist die verdeckte Gewinnausschüttung auf jeden Fall dann, wenn sie im Einkommen des Gesellschafters erfasst worden ist und die Bemessungsgrundlage der Steuer erhöht hat. Berücksichtigt ist die verdeckte Gewinnausschüttung auch, wenn sie im Steuerbilanzgewinn erfasst worden, bei der Einkommensermittlung nach § 8b Abs. 1 KStG aber wieder gekürzt worden ist. Nach der Rechtsprechung ist die verdeckte Gewinnausschüttung aber auch dann bei dem Gesellschafter berücksichtigt, wenn sie bei dem Gesellschafter nicht erfasst wurde, aber wegen § 8b Abs. 1 KStG ohnehin eine Kürzung hätte erfolgen müssen. Es könne keinen Unterschied machen, ob die verdeckte Gewinnausschüttung bei dem Gesellschafter formal erfasst, dann aber wieder gekürzt werde, oder ob sie von vornherein nicht erfasst worden sei. Die Auswirkungen des § 8 Abs. 5 KStG müssten insoweit außer Betracht gelassen werden.[4]

Die Finanzverwaltung wendet demgegenüber das Urteil nicht an.[5]

Die Finanzverwaltung vertritt die Ansicht, dass maßgebend sei, ob die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Einkommensermittlung tatsächlich angesetzt worden ist. Unerheblich sei, ob die verdeckte Gewinnausschüttung in einem weiteren Schritt nach § 8b Abs. 1 KStG zu kürzen sei. Dies sei eine hypothetische Überlegung, die im Rahmen der Auslegung des § 8 Abs. 3 S. 5 KStG nicht zu berücksichtigen sei.

M.E. ist der Ansicht der Finanzverwaltung nicht zu folgen. Sie läuft auf eine Strafbesteuerung einer nicht erklärten, aber steuerfreien verdeckten Gewinnausschüttung hinaus. Dafür besteht keine Rechtsgrundlage.

 

Rz. 236

Dagegen ist es m. E. nicht möglich, eine direkte verdeckte Einlage der vorteilsgewährenden Gesellschaft in die nahestehende Person anzunehmen.[6]

Es ist nicht erklärbar, wieso ein Dritter, der nicht Gesellschafter ist, eine Einlage auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage vornehmen kann; ohne gesellschaftsrechtliche Grundlage läge keine Einlage vor. Außerdem ist nicht erklärbar, wieso die "Einlage" eines Dritten zu einer Erhöhung des Bilanzansatzes der Beteiligung des Gesellschafters an der begünstigten Gesellschaft führen soll.

 

Rz. 236a

Ist der Dritte eine Privatperson, etwa ein Angehöriger des Gesellschafters, sind folgende Fälle zu unterscheiden:

  • Gehörte die verde...

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