Rz. 212

Das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung dient nach § 8 Abs. 3 KStG der Sicherung der Besteuerung des Einkommens der Körperschaft als Ausdruck der steuerlichen Leistungsfähigkeit.[1] Dementsprechend ist eine Korrektur trotz vorgetäuschter schuldrechtlicher, tatsächlich aber gesellschaftsrechtlicher Veranlassung nicht erforderlich, wenn die steuerpflichtigen Einkünfte und damit das Einkommen nicht gemindert worden sind.

 

Rz. 213

Aus diesen Überlegungen folgt auch die Beantwortung der Frage, ob die verdeckte Gewinnausschüttung innerhalb oder außerhalb der Bilanz zu korrigieren ist. Das Gesetz enthält zu dieser Frage nur eine sehr eingeschränkte Aussage. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG bestimmt lediglich, dass die verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen nicht mindern darf. Auf der Stufe des Einkommens müssen die Auswirkungen der verdeckten Gewinnausschüttung also korrigiert sein. Das Gesetz sagt demgegenüber nicht, auf welcher Stufe der Einkommensermittlung dies zu geschehen hat. Grundsätzlich denkbar ist die Korrektur auf jeder der verschiedenen Stufen Steuerbilanzgewinn – Summe der Einkünfte – Gesamtbetrag der Einkünfte – Einkommen.[2]

 

Rz. 213a

Die Diskussion dieser Frage leidet unter einer uneinheitlichen Begriffsverwendung. Wenn z. B. argumentiert wird, dass die verdeckte Gewinnausschüttung eine Gewinnkorrektur zur Folge hat[3], so ist dies nicht eindeutig, da die Korrektur innerhalb und außerhalb der Steuerbilanz erfolgen kann. Eine Gewinnkorrektur muss nicht notwendig eine Korrektur des Steuerbilanzgewinns sein.[4] Es kann sich auch um eine außerbilanzielle Korrektur des steuerpflichtigen Gewinns handeln. Entscheidet man sich für eine außerbilanzielle Korrektur, ist es eine zweitrangige Frage, an welcher Stelle des Schemas der Einkommensermittlung diese Korrektur dann erfolgt.

 

Rz. 213b

Weitere Begriffsverwirrung entsteht dann, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung als "Entnahme" bezeichnet wird.[5] Sowohl gesellschafts- als auch steuerrechtlich hat die Entnahme eine andere Struktur als die Gewinnausschüttung und führt zu anderen Rechtsfolgen. Die verdeckte Gewinnausschüttung bewirkt die Besteuerung der Gewinnausschüttung bei dem Gesellschafter und die KapESt, die Entnahme nicht. Die verdeckte Gewinnausschüttung als "Entnahme" zu bezeichnen, kann daher nur zu einer unrichtigen Dogmatik führen.

 

Rz. 213c

In dieser Frage stehen sich 2 Auffassungen gegenüber. Eine weit verbreitete Auffassung in der Literatur[6] sieht in § 8 Abs. 3 KStG eine Bilanzierungsvorschrift mit der Folge, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung innerhalb der Steuerbilanz zu korrigieren ist und damit den Steuerbilanzgewinn erhöht. Die Gegenmeinung[7] nimmt die erforderlichen Korrekturen außerhalb der Bilanz bei der Einkommensermittlung vor.

 

Rz. 214

Geht man zur Lösung dieser Frage vom Gesetzestext aus, ergibt sich, dass § 8 Abs. 3 KStG eine Vorschrift zur Einkommensermittlung ist, keine Bilanzierungsvorschrift. Das steht auch in Übereinstimmung mit der Funktion der verdeckten Gewinnausschüttung als Institut zur Sicherung der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist das Einkommen, nicht der Bilanzgewinn. Infolge des Grundsatzes der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz ist der Steuerbilanzgewinn an die Handelsbilanz gebunden. Die Handelsbilanz verfolgt aber andere Zwecke als die Ermittlung des steuerlichen Einkommens. Der Steuerbilanzgewinn muss daher nach steuerrechtlichen Kriterien korrigiert werden, die den handelsrechtlichen Zwecken widersprechen können. Diese Korrektur darf nicht in der Steuerbilanz vorgenommen werden, da dies dem Maßgeblichkeitsgrundsatz widersprechen würde, sondern kann nur außerhalb der Bilanz bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte erfolgen. Ein einfaches Beispiel sind steuerfreie Einkünfte. Diese sind zweifellos Bestandteil des Handels- und damit auch des Steuerbilanzgewinns, müssen aber steuerlich korrigiert werden. Das kann nur außerbilanziell geschehen. Das zeigt sich deutlich bei der Beanstandung von Leistungen an den ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter mangels einer vorherigen, klaren und eindeutigen Vereinbarung. Einen solchen Maßstab gibt es im Handelsrecht nicht. Die steuerlich notwendige Korrektur kann wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes nicht in der Steuerbilanz erfolgen, da dies eine Änderung der Handelsbilanz voraussetzen würde.

 

Rz. 214a

Die Gegenansicht, die § 8 Abs. 3 KStG als Bilanzierungsvorschrift ansieht, kollidiert mit dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz. Sie wäre nur haltbar, wenn jede verdeckte Gewinnausschüttung gleichzeitig auch handelsrechtlich unzulässig wäre.[8] Dann könnte der Vorgang innerhalb der Handelsbilanz durch Buchung einer Forderung gegen den begünstigten Gesellschafter abgebildet werden. Diese Kongruenz von Handels- und Steuerrecht besteht aber nicht. In einer Vielzahl von Fällen führt die verdeckte Gewinnausschüttung zu einer handelsrechtlich ...

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