Rz. 200

Die Handlung der Körperschaft, die zu der Minderung des Unterschiedsbetrags i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG führt, muss geeignet sein, bei dem Gesellschafter zu Einkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nrn. 9, 10 EStG zu führen. Das ist der Fall, wenn die Körperschaft nicht im eigenen, von Gewinnstreben getragenen Interesse handelt, sondern wenn diese Handlung darauf gerichtet ist, die privaten Interessen der Gesellschafter zu befriedigen.[1] Der Geschäftsleiter muss daher einen finalen Zuwendungswillen in Richtung eines Vermögenstransfers zulasten der Gesellschaft und zugunsten des Gesellschafters haben.[2] Er muss nicht wissen, dass dieser Vermögenstransfer eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt. Wenn er aber nicht wissen konnte, dass er Vermögen auf den Gesellschafter überträgt, kann keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung vorgelegen haben.[3]

 

Rz. 200a

Zweck der Gesellschaft ist regelmäßig die im eigenen Interesse liegende Gewinnerzielung; dazu nimmt die Körperschaft durch schuldrechtliche Lieferungs- und Leistungsbeziehungen am Marktgeschehen teil. Es ist dagegen nicht der Zweck einer Kapitalgesellschaft[4], die außerbetrieblichen, privaten Interessen eines der Gesellschafter anders als durch Gewinnausschüttungen zu fördern. Tätigkeiten zur Erfüllung solcher privater Interessen des Gesellschafters sind daher immer gesellschaftsrechtlich veranlasst und führen zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.[5] Übernimmt die Kapitalgesellschaft Aufwendungen, die (nur) im Interesse ihres Gesellschafters liegen, führt dies regelmäßig zu einer Vermögensmehrung bei dem Gesellschafter, etwa durch Ersparen eigener Aufwendungen. Das gilt auch, wenn die Leistung der Körperschaft ein nur ideelles Interesse des Gesellschafters befriedigt; auch dann liegt bei dem Gesellschafter durch Ersparen eigener Aufwendungen ein vermögensmäßiger Vorteil vor. Eine Tätigkeit im (privaten) Interesse des Gesellschafters führt daher regelmäßig zu entsprechenden Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

 

Rz. 200b

Es genügt jedoch, dass die Handlung der Körperschaft, deren Qualifizierung als verdeckte Gewinnausschüttung infrage steht, ihrer Natur nach und daher abstrakt geeignet ist, zu einem vermögensmäßigen Vorteil und damit zu Einkünften des Gesellschafters zu führen.[6] Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt daher nur vor, wenn die Handlung der Körperschaft geeignet ist, dem Gesellschafter einen vermögensmäßigen Vorteil zuzuwenden und dadurch zu Einkünften des Gesellschafters i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nrn. 9, 10 EStG zu führen.[7] Dieser vermögensmäßige Vorteil kann in der Zuwendung positiver Vermögenswerte, aber auch im Ersparen von Aufwendungen des Gesellschafters bestehen.[8]

 

Rz. 200c

Es ist ohne Bedeutung, ob und wann es tatsächlich zu solchen Einkünften kommt; die verdeckte Gewinnausschüttung muss bei dem Gesellschafter nicht und auch nicht zeitgleich "ankommen". Ob die Handlung i. d. S. geeignet ist, zu Einkünften des Gesellschafters zu führen, ist aus der Sicht der Kapitalgesellschaft zu beurteilen. Maßgebend ist nur, ob die verdeckte Gewinnausschüttung bei objektiver Betrachtung geeignet ist, überhaupt und irgendwann zu Einkünften des Gesellschafters zu führen. Ob und wann dies tatsächlich geschieht, ist dagegen ohne Bedeutung. Aspekte, die nur auf der Ebene des Gesellschafters verwirklicht sind, dürfen in die Prüfung nicht einbezogen werden. Umgekehrt ist die Erfassung der verdeckten Gewinnausschüttung bei dem Gesellschafter unabhängig davon, ob auf der Ebene der Kapitalgesellschaft der Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung bei der Einkommensermittlung hinzugerechnet worden ist oder nicht.[9]

 

Rz. 200d

"Privates Interesse" ist jedes Interesse des Gesellschafters, dessen Verfolgung auf der Ebene der Körperschaft zu Aufwendungen (Vermögensminderung) oder einer verhinderten Vermögensmehrung führt, die nicht durch betriebliche Interessen der stpfl. Körperschaft verursacht sind. Das Interesse des Gesellschafters kann finanzieller Art sein (z. B. Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers), es kann aber auch ideeller Art sein und durch familienrechtliche Beziehungen, Freundschaft, Dankbarkeit, Freizeitinteressen oder Streben nach gesellschaftlicher Anerkennung begründet sein.[10] Über die Fälle der "nahestehenden Personen" hinaus kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann vorliegen, wenn der Gesellschafter die Körperschaft z. B. veranlasst, eine Spende an einen gemeinnützigen Verein zu leisten, um Mitglied in dem Verein zu werden und dessen Einrichtungen nutzen zu können (z. B. Sportverein) oder um sein gesellschaftliches Ansehen in der Öffentlichkeit zu erhöhen.

 

Rz. 200e

Nicht geeignet, zu Einkünften des Gesellschafters zu führen, sind Vorgänge, die auf einer fehlerhaften Buchung oder Bilanzierung beruhen. Wird z. B. eine steuerlich unzulässige Rückstellung für eine Verpflichtung gegenüber einem Gesellschafter gebildet, ist der Gesellschafter allein hierdurch nicht begünstigt. Dies allein ist objektiv nicht geeig...

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