Rz. 156

Zivilrechtlich gültig, und damit eine geeignete Basis für die schuldrechtliche Veranlassung, ist das Geschäft nur, wenn der Geschäftsführer der Gesellschaft, der das Geschäft abgeschlossen hat, insoweit vertretungsbefugt war.[1] Grundsätzlich vertritt der Geschäftsführer die GmbH bzw. der Vorstand die AG unbeschränkt und unbeschränkbar. Einschränkungen, die sich aus der Satzung ergeben und im Handelsregister eingetragen wurden (Gesamtvertretung), sind jedoch zu beachten. Von der umfassenden Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers bzw. Vorstandes gibt es jedoch Ausnahmen. Bei der AG vertritt der Aufsichtsrat nach § 112 AktG die Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern.Ein oder mehrere Vorstandsmitglieder können daher die AG nicht bei Verträgen mit anderen Vorstandsmitgliedern vertreten. Bei der GmbH gilt nach § 52 Abs. 1 GmbHG mit Verweisung auf § 112 AktG Gleiches, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen ist und die Satzung keine abweichende Bestimmung enthält. Hat die GmbH keinen Aufsichtsrat, berechtigt die Vertretungsbefugnis aus § 35 Abs. 1 GmbHG den Geschäftsführer auch zu Verträgen mit Mitgeschäftsführern. Dies gilt jedoch nicht für Abschluss, Änderung oder Beendigung von Geschäftsführer-Anstellungsverträgen; hierbei wird die GmbH durch die Gesellschafterversammlung vertreten.[2]

 

Rz. 157

Nach diesen Grundsätzen sind auch Insichgeschäfte (Selbstkontrahieren) zwischen Gesellschaft und beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer zu behandeln. Das Steuerrecht folgt grundsätzlich der zivilrechtlichen Rechtslage, d. h. ein Insichgeschäft wird dann, aber auch nur dann anerkannt, wenn es auch zivilrechtlich wirksam ist.[3]

Nach § 181 BGB kann ein Vertreter, soweit ihm nicht Befreiung erteilt worden ist, ein Rechtsgeschäft im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten nicht vornehmen. Ausgenommen sind nur Rechtsgeschäfte, die ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestehen. Wird gegen das Verbot des Selbstkontrahierens verstoßen, ist das Geschäft schwebend unwirksam, also nicht nichtig. Das Geschäft wird mit rückwirkender Kraft wirksam, wenn die Gesellschaft (d. h. die Gesellschafter) ihre Zustimmung erteilt (vgl. Rz. 165).

Zivilrechtlich gilt das Verbot des Selbstkontrahierens für alle Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer. Nach § 35 Abs. 3 GmbHG gilt das auch für den Alleingesellschafter, der gleichzeitig alleiniger Geschäftsführer ist.

 

Rz. 158

Vom Verbot des Selbstkontrahierens kann bei der GmbH Befreiung erteilt werden; bei der AG ist wegen § 23 Abs. 5 AktG eine Befreiung nicht möglich. Zivilrechtlich ergeben sich bei der GmbH für den Fall des nicht alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers folgende Wege zur Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens:

  • Die Gesellschaft erteilt im Einzelfall ihre Zustimmung bzw. Genehmigung. Der BFH[4] erkennt sogar eine Rückwirkung der Genehmigung an und sieht in der (nachträglichen) wirksamen Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot eine generelle, auch steuerlich zurückwirkende Genehmigung der vorher erfolgten Geschäfte (vgl. Rz. 165).
  • Teilweise wird Befreiung durch einen einfachen Gesellschafterbeschluss für möglich gehalten, also außerhalb von Gesellschaftsvertrag und Satzung. Die Zivilgerichte tendieren jedoch dahin, dass generell eine Verankerung in der Satzung notwendig ist.[5] Zivilrechtlich ist die Rechtslage jedoch nach wie vor unklar. Für die Vergangenheit wurden für das Steuerrecht aus der unklaren zivilrechtlichen Rechtslage keine für den Steuerpflichtigen nachteiligen Folgerungen gezogen.[6]
  • Die Gesellschaft befreit den Geschäftsführer allgemein vom Selbstkontrahierungsverbot. Das muss im Gesellschaftsvertrag bzw. im Wege der Satzungsänderung geschehen[7] und bedarf der Eintragung in das Handelsregister, da die Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens den Umfang der Vertretungsmacht berührt.[8] Im Zivilrecht wird jedoch auch die Ansicht vertreten, dass die Eintragung in das Handelsregister nicht zwingend ist.[9] Solange dies im Zivilrecht nicht abschließend geklärt ist, werden aus einem Mangel steuerrechtlich keine nachteiligen Folgen gezogen.[10]
  • Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass der Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafter vom Selbstkontrahierungsverbot befreit werden kann. Die Befreiung tritt mit der Fassung des Beschlusses ein, einer Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister bedarf es nicht.[11]

Bei einem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer sind wegen § 35 Abs. 3 GmbHG nur die beiden letzten Wege gangbar.[12]

 

Rz. 159

Zur Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens ist die Formulierung, der Geschäftsführer solle zum Selbstkontrahieren berechtigt sein, wenn er alleiniger Gesellschafter ist, nicht ausreichend. Da sich die Eigenschaft als alleiniger Gesellschafter nicht aus dem Handelsregister entnehmen lässt, wäre der Umfang der Vertretungsmacht aus dem Handelsregister nicht sicher ablesbar.[13]

Ist bei einer mehrgliedrigen Gesellsc...

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