Rz. 34

Die Definition der verdeckten Gewinnausschüttung unterlag in der Rspr. des BFH einigen Schwankungen. In der älteren Rspr.[1] wurde die verdeckte Gewinnausschüttung mit einer Ausschüttung ohne einen den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss gleichgesetzt; so führte der BFH etwa aus, die organschaftliche Ergebnisabführung sei eine "verdeckte, wenn auch nicht verschleierte Gewinnausschüttung". Diese Terminologie war zwar rechtlich möglich, hatte aber den Nachteil, unter dem Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung Fallgruppen zu erfassen, die sich lediglich äußerlich durch das Fehlen eines ordnungsgemäßen Gewinnverwendungsbeschlusses ähnelten, aber keine gleichartige Struktur aufwiesen. Kein ordnungsgemäßer Gewinnverwendungsbeschluss liegt vor bei verdeckten Gewinnausschüttungen i. e. S., organschaftlichen Ergebnisabführungen, Auskehrungen von Liquidationsraten, verunglückten offenen Gewinnausschüttungen und Auskehrungen auf Genussrechte. Alle diese Vorgänge haben, abgesehen vom Fehlen eines wirksamen Gewinnverwendungsbeschlusses, inhaltlich keine Gemeinsamkeiten. Werden diese verschiedenen Vorgänge unter einem einheitlichen Begriff zusammengefasst, hat diese Begriffsbildung kaum einen Erkenntniswert und ist so allgemein, dass die Subsumtion eines konkreten Falls zur Erzielung überzeugender Ergebnisse kaum möglich ist.

 

Rz. 34a

Im nächsten Schritt entwickelte der BFH[2] eine Definition, die stärker auf die Besonderheiten der verdeckten Gewinnausschüttung abstellte. Deren Wesen lag darin, dass den Gesellschaftern Gewinn in einer Form zugeführt wird, in der er nicht als Gewinn erscheint, sondern unter anderen Bezeichnungen verborgen ist. Maßstab war, ob die Leistung an den Gesellschafter aus betrieblichen Gründen oder mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis ("societatis causa") gewährt wurde. Bedeutsam ist hierbei die Betonung der "Veranlassung". Das jeweilige Rechtsverhältnis ist darauf zu untersuchen, ob und inwieweit es gesellschaftsrechtlich veranlasst ist.[3] Die Definition wies aber einige Defizite auf. Insbesondere der Ausdruck "Zuführung von Gewinn" konnte falsch interpretiert werden. Dieser Ausdruck konnte zu einer Verwischung des Unterschieds zwischen der Ebene der Körperschaft und der Ebene des Gesellschafters führen, indem als verdeckte Gewinnausschüttung nur das angesehen wurde, was "bei dem Gesellschafter ankam".[4]

 

Rz. 35

Dieses Defizit veranlasste den BFH, seine Definition abermals zu ändern und zu konkretisieren.[5] Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist danach "eine bei dem Körperschaftsteuersubjekt eintretende Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist ("societatis causa"), sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und nicht im Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht." Diese Definition trägt zur Klärung insoweit bei, als sie eine Vermögensminderung und verhinderte Vermögensmehrung beim KSt-Subjekt gleichstellt. Der wesentliche Fortschritt gegenüber den älteren Definitionen besteht aber darin, dass die Ebene der Körperschaft klar von der des Anteilseigners getrennt wird. Die verdeckte Gewinnausschüttung, so wie sie in § 8 Abs. 3 KStG definiert ist, ist ein Institut zur Ermittlung des Einkommens der Körperschaft. Die Zurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Einkommensermittlung der Körperschaft mag Auswirkungen auf die Besteuerung des Gesellschafters haben, begriffsnotwendig ist das allerdings nicht.

 

Rz. 35a

Nicht ausdrücklich erfasst in dieser Definition ist, dass die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung auf eine Handlung zurückgehen muss, die der Körperschaft zugerechnet werden kann. Vorgänge, die nicht auf einer der Körperschaft zurechenbaren Handlung beruhen, können keine verdeckte Gewinnausschüttung sein.

 

Rz. 35b

In einem bisher letzten Schritt hat der BFH die Definition der verdeckten Gewinnausschüttung weiter zu verfeinert.[6] Er definiert die verdeckte Gewinnausschüttung jetzt als "eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht". Gegenüber der bisherigen Formel hat der BFH damit das Merkmal der "Minderung des Einkommens" durch den Begriff "Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag" ersetzt. Der BFH[7] hat diese "neue Formel" als "Verkürzung" der bisherigen Definition bezeichnet. Es ist daher davon auszugehen, dass mit der Einführung des Merkmals des "Unterschiedsbetrags" vom BFH keine wesentliche Änderung seiner Definition beabsichtigt war.[8] Diese Änderung der Definition steht im Zusammenhang mit der "zweistufigen Prüfung" des Vorliegens einer verdeckten Gewinnausschüttung. Danach wird in einem ersten Schritt geprüft, ob die Steuerbilanz, die die Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) ausweist, nach steuerliche...

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