Rz. 616

§ 8 Abs. 7 S. 2 KStG definiert den Begriff "Dauerverlustgeschäft", der nicht nur für Abs. 7, sondern auch für Abs. 9 und § 15 S. 1 Nr. 4 KStG Bedeutung hat. Der Begriff "Dauerverlustgeschäft" geht zurück auf die Rspr.[1], die allerdings statt "Dauerverlustgeschäfte" den Terminus "dauerdefizitärer Betrieb" verwendete.

 

Rz. 617

Der Begriff "Dauerverlustgeschäft" enthält 2 Alternativen: Die erste Alternative betrifft eine wirtschaftliche Betätigung, die aus den in S. 2 genannten Gründen (verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitische Gründe) ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird[2]; diese Alternative ist sowohl auf Betriebe gewerblicher Art nach Abs. 7 S. 1 Nr. 1 als auch auf Kapitalgesellschaften nach Abs. 7 S. 1 Nr. 2 anwendbar. Die zweite Alternative betrifft Tätigkeiten, die bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören würden; sie gilt nur für Kapitalgesellschaften nach Abs. 7 S. 1 Nr. 2, nicht aber für Betriebe gewerblicher Art, weil solche Geschäfte weder zu einem Betrieb gewerblicher Art gehören noch einen solchen Betrieb bilden können, also insoweit überhaupt nicht steuerbar sind.

 

Rz. 618

In der ersten Alternative definiert das Gesetz das Dauerverlustgeschäft als "wirtschaftliche Betätigung". Anders als der vom BFH[3] gebrauchte Begriff "dauerdefizitärer Betrieb" setzt dieser Begriff nicht voraus, dass es sich um einen "Betrieb", also um eine organisatorisch abgeschlossene, selbstständig tätige Einheit eines Betriebs gewerblicher Art oder einer Kapitalgesellschaft handelt. Vielmehr fällt hierunter jede wirtschaftliche, d. h. gegen Entgelt ausgeübte Betätigung. Organisatorische Selbstständigkeit innerhalb des Betriebs gewerblicher Art oder der Kapitalgesellschaft ist also nicht erforderlich. Für die Frage, ob ein Dauerverlustgeschäft vorliegt, ist daher auf die einzelne wirtschaftliche Betätigung und die bei ihr herrschende Entgeltstruktur abzustellen.[4] Dies verdeutlicht das Gesetz neben der Bezugnahme auf die "Betätigung" auch dadurch, dass im Eingangssatz des § 8 Abs. 7 S. 2 KStG von "soweit" und nicht von "wenn" die Rede ist.[5] Ohne Bedeutung ist es, ob der Betrieb gewerblicher Art bzw. die Kapitalgesellschaft bei anderen Betätigungen bzw. insgesamt einen Gewinn erzielt. Das ist eine Frage der Verrechnung der Verluste aus dem Dauerverlustgeschäft mit Gewinnen aus anderen Tätigkeiten, die in Abs. 8, 9 geregelt wird.

 

Rz. 619

Die verlustverursachende Tätigkeit muss grundsätzlich von dem Betrieb gewerblicher Art bzw. der Kapitalgesellschaft selbst "ausgeübt" und "unterhalten" werden. Der Wortlaut der in § 8 Abs. 7 S. 1 und S. 2 KStG enthaltenen Tatbestände ist insoweit eindeutig. Die Überlassung von Wirtschaftsgütern an Dritte, die zur Vermögensverwaltung gehört, z. B. die Überlassung einer Halle an verschiedene Veranstalter, begründet kein begünstigtes Dauerverlustgeschäft. Da eine nur mittelbare Förderung keinen "Betrieb" bzw. bei einer Kapitalgesellschaft kein "Geschäft" bildet, entspricht diese Einschränkung dem Gesetz.[6]

 

Rz. 620

Handelt es sich bei der Überlassung der Wirtschaftsgüter allerdings um die Überlassung eines Betriebs durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts an eine Betriebsgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, so soll § 8 Abs. 7 S. 2 KStG nach Auffassung der Finanzverwaltung gleichwohl Anwendung finden können, da es dann auf Ebene der juristischen Person des öffentlichen Rechts zu einem Besitz-BgA i. S. v. § 4 Abs. 1 KStG kommt und damit eine Zurechnung der Tätigkeit der Betriebsgesellschaft zur Besitzgesellschaft vorzunehmen sei.[7]

Die Rechtsprechung ist einer solchen Differenzierung jedoch entgegengetreten. Mehrfach wurde die Verpachtung von städtischen Bädern (gesundheitspolitische Gründe) nicht als von § 8 Abs. 7 KStG geschützt angesehen. Danach ist die Verpachtung selbst kein "Dauerverlustbetrieb", da der Verlustbetrieb von dem Pächter, nicht von dem Verpächter "betrieben" wird.[8] Warum für eine Betriebsverpachtung i. S. v. § 4 Abs. 4 KStG nunmehr nach Auffassung der Finanzverwaltung andere Grundsätze gelten sollen, als für die Überlassung von Wirtschaftsgütern im Rahmen einer Betriebsaufspaltung[9] leuchtet vor diesem Hintergrund nicht ohne Weiteres ein. Allein der Umstand, dass bei einer Betriebsverpachtung die Umqualifikation einer originär vermögensverwaltenden Tätigkeit in eine gewerbliche Tätigkeit durch § 4 Abs. 4 KStG angeordnet wird, wohingegen bei der (richterrechtlich geprägten) Betriebsaufspaltung § 4 Abs. 1 KStG anwendbar ist, vermag eine Differenzierung nicht zu rechtfertigen. Auch bei einer Betriebsaufspaltung liegt beim überlassenden Besitzunternehmen originär eine Vermögensverwaltung vor. Ebenso wie bei der Betriebsverpachtung ist hier weder eine "Ausübung" i. S. v. § 7 S. 1 Nr. 1 KStG, noch ein "Unterhalten" i. S. v. § 7 S. 2 KStG in der Person des Besitzunternehmens gegeben. Eine Zurechnung von Tätigkeiten der Betriebsgesellschaft zur Besitzgesellschaft ist m...

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