Rz. 589

Nach Nr. 2 treten auch bei Kapitalgesellschaften, die von der öffentlichen Hand stimmrechtsmäßig beherrscht werden, die Folgen der verdeckten Gewinnausschüttung nicht ein, wenn sie ein Dauerverlustgeschäft betreiben. Die inhaltliche Beschränkung auf sog. Eigengesellschaften soll eine wertungsmäßige Vergleichbarkeit zu Nr. 1 erzeugen.

 

Rz. 590

Die Regelung betrifft nur Kapitalgesellschaften i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. Für andere Rechtsformen, insbesondere Genossenschaften, gilt die Regelung nicht. Allerdings dürfte auch kein großes Bedürfnis für eine entsprechende Regelung bestehen, da Genossenschaften, anders als Kapitalgesellschaften, wegen ihres Förderzwecks im Interesse der Genossen tätig werden dürfen.

 

Rz. 591

Wird das Dauerverlustgeschäft von einer Organgesellschaft betrieben, treten die Folgen des Abs. 7 nach § 15 S. 1 Nr. 4 KStG bei dem Organträger ein.[1]

 

Rz. 592

Ist die Eigengesellschaft der öffentlichen Hand an einer Personengesellschaft beteiligt, die ein Dauerverlustgeschäft betreibt und dabei im Übrigen die Merkmale des Gewerbebetriebs erfüllt oder gewerblich geprägt i. S. v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist, liegt keine Mitunternehmerschaft vor, da die von § 15 Abs. 2 S. 1 EStG vorausgesetzte Gewinnerzielungsabsicht fehlt. Nach Ansicht der Finanzverwaltung sollen die Dauerverluste dann auch bei den Gesellschaftern steuerlich irrelevant sein[2]; sie würden damit in eine "außersteuerlichen Sphäre" der Kapitalgesellschaft fallen. M. E. ist dies nur vertretbar, soweit die Gesellschafter natürliche Personen sind. Für Kapitalgesellschaften kann es keinen "steuerlich irrelevanten" Bereich geben (Rz. 53ff.). M. E. sind die Dauerverlustgeschäfte der Personengesellschaft dann anteilig der Kapitalgesellschaft zuzurechnen und bilden bei ihr ein Dauerverlustgeschäft, auf das Abs. 7 anwendbar ist.[3]

 

Rz. 592a

Die Kapitalgesellschaft muss das Dauerverlustgeschäft "ausüben", d. h. im eigenen Namen und auf eigene Rechnung unterhalten. Wird der Verlustbetrieb verpachtet, fehlt es an diesem Merkmal. In diesem Fall kann eine steuerlich zu berücksichtigende verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen.[4]

 

Rz. 593

Nach Nr. 2 S. 2 gilt der Ausschluss der Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung nur, wenn die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus den Dauerverlustgeschäften nachweislich tragen. Diese juristischen Personen des öffentlichen Rechts brauchen nicht inländisch zu sein.[5]

 

Rz. 594

Die Begriffe "Mehrheit der Stimmrechte" und "entfallen" erfordern, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts mehr als 50 % der Stimmrechte ausüben können. Die Stimmrechte müssen nicht einer einzigen juristischen Person des öffentlichen Rechts zustehen, wie auch die pluralistische Formulierung des Gesetzes zeigt. Stimmrechte mehrerer juristischer Personen sind also zusammenzurechnen.[6] Auf welcher Grundlage den juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar zusteht, ist ohne Bedeutung. Grundlagen können das rechtliche und/oder wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen, aber auch Stimmbindungsverträge[7] sein, wenn die juristischen Personen des öffentlichen Rechts aufgrund dieser Verträge allein entscheiden können, wie die Stimmrechte ausgeübt werden sollen.

 

Rz. 595

Es ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut lediglich die Mehrheit der Stimmrechte erforderlich; die Mehrheit der Kapitalanteile genügt nicht, ist aber auch nicht notwendig. Können die juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Mehrheit der Stimmrechte ausüben, z. B. aufgrund von Mehrfachstimmrechten oder stimmrechtslosen Anteilen der anderen Gesellschafter, genügt dies, auch wenn dem keine Mehrheit der Kapitalanteile entspricht. Haben andererseits juristische Personen des öffentlichen Rechts nur 50 % oder weniger der Stimmrechte inne, obwohl sie über die Mehrheit der Kapitalanteile verfügen, greift die Vorschrift nicht ein.

Hält die Kapitalgesellschaft eigene Anteile, ruhen die diesbezüglichen Stimmrechte.[8] Die "Mehrheit der Stimmrechte" errechnet sich dann aus dem um die Stimmrechte der eigenen Anteile verminderten Bestand an Stimmrechten.

 

Rz. 596

Maßgebend ist nur die "Mehrheit der Stimmrechte". Es kommt also nicht darauf an, ob die öffentliche Hand ihren Willen mit ihren Stimmrechten in jedem Fall durchsetzen kann oder dies tatsächlich tut. Die Notwendigkeit einer qualifizierten Mehrheit nach Gesetz oder Satzung der Kapitalgesellschaft ändert an der Anwendbarkeit der Vorschrift nichts. Wenn juristische Personen des öffentlichen Rechts über mehr als 50 % der Stimmrechte verfügen, treten die Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung also nicht ein, auch wenn alle wesentlichen oder sogar alle Entscheidungen der Gesellschafterversammlung mit einer qualifizierten Mehrheit zu treffen sind, über die die juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht verfügen. An sich st...

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