Rz. 299

Eine Einlage in eine Kapitalgesellschaft kann auch durch einen Verzicht des Gesellschafters auf eine gegen die Kapitalgesellschaft bestehende Forderung erbracht werden, wenn und soweit der Vorgang keine Sanierung aus betrieblichen Gründen darstellt. Entsprechendes gilt, wenn der Gesellschafter die Forderung an die Körperschaft abtritt, da die Forderung dann durch Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerstellung untergeht (sog. Konfusion). Das gilt jedenfalls insoweit, als die Forderung vollwertig ist, also erwartet werden kann, dass die Kapitalgesellschaft die Forderung bei Fälligkeit begleichen wird. Durch Verzicht eingelegt werden können Forderungen jeder Art. Es kann sich um Forderungen aus einem steuerlich anzuerkennenden Lieferungs- und Leistungsverhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft handeln, soweit die Vergütung angemessen ist, also keine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt. Als Forderungen aus einem Leistungsverhältnis kommen insbesondere Zins- und Darlehensforderungen, Miet- und Pachtzinsforderungen, Lizenzforderungen und Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis in Betracht.

 

Rz. 299a

Der Erlass einer Forderung führt jedoch nur dann zu einer Einlage, wenn diese Forderung im Zeitpunkt des Erlasses tatsächlich bestand und soweit sie werthaltig war. Nur dann tritt bei der Gesellschaft eine einlagefähige und bilanzierbare Vermögensmehrung ein. Wann die Forderung entsteht, hängt von dem jeweiligen Vertragsverhältnis ab. Wird eine Forderung erlassen, bevor sie zum Entstehen gelangt ist, d. h. wird eine zukünftig entstehende Forderung erlassen, liegt keine Einlage vor, da darin keine bilanzierbare Vermögensmehrung bei der Gesellschaft liegt.[1] Verzichtet beispielsweise der Gesellschafter auf künftig entstehende Zinsforderungen oder Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, liegt darin mangels einer im Verzichtszeitpunkt schon bestehenden Forderung keine Einlage. Andererseits liegt bei dem Gesellschafter auch kein steuerpflichtiger Vermögenszufluss vor. Ein Zufluss tritt nicht ein, sondern wird gerade verhindert. Werthaltig ist eine gegen die Gesellschaft gerichtete Forderung, soweit das Gesellschaftsvermögen bei Befriedigung dieser Forderung ausreichen würde, um alle sonstigen fälligen Forderungen der Gesellschaftsgläubiger zu erfüllen.[2]

 

Rz. 299b

Eine Einlage setzt auch voraus, dass der Gesellschafter über den einzulegenden Vermögensgegenstand verfügen kann, er also vor der Einlage bereits zu seinem Vermögen gehörte. Diese Zurechnung ist sowohl bei Innehaben einer Eigentümer-, Inhaber-, Gläubiger-, oder Gesellschafterstellung, als auch bei Erfüllung der Kriterien des wirtschaftlichen Eigentums am Einlagegegenstand gegeben. Bei Forderungen setzt das voraus, dass dem Gesellschafter der Betrag der Forderung zugeflossen ist. Liegt kein Zufluss vor, steht dem Gesellschafter auch kein Vermögensgegenstand zu, über den er durch die Einlage verfügen kann.[3] Wann ein Zufluss vorliegt, richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen und kann nicht fingiert werden. Zufluss setzt damit regelmäßig eine bare Auszahlung oder Überweisung auf ein Bankkonto des Empfängers voraus. Ein Zufluss kann auch in der Buchung der Verbindlichkeit bei der ausschüttenden Gesellschaft liegen, wenn dadurch nicht nur eine Verbindlichkeit festgehalten werden soll, sondern zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag nunmehr dem Berechtigten zur Verfügung steht.[4] Eine Ausnahme von diesem Begriff des Zuflusses macht die Rechtsprechung nur bei beherrschenden Gesellschaftern.[5] Bei ihnen liegt Zufluss nicht im Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs vor, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit, wenn der Anspruch unbestritten und die Gesellschaft zahlungsfähig ist. Der beherrschende Gesellschafter kann die Auszahlung fälliger Beträge jederzeit erzwingen.[6] Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft liegt auch dann vor, wenn sie zwar nicht über genügend eigene Liquidität verfügt, sich diese aber von Kreditinstituten oder Tochtergesellschaften verschaffen kann.[7]

 

Rz. 300

Liegt eine Sanierung aus betrieblichen Gründen vor, unterliegt der durch den Erlass der Forderung entstehende Gewinn immer der KSt, wird mit Verlustvorträgen verrechnet und kann nur im Rahmen von § 3a EStG steuerfrei gestellt werden.[8] Eine Sanierung aus betrieblichen Gründen kann allenfalls angenommen werden, wenn sich auch Dritte in erheblichem Umfang an der Sanierung beteiligen. Grundsätzlich spricht es gegen betriebliche Gründe, wenn nur der Gesellschafter Forderungen erlässt. Liegt keine Sanierung aus betrieblichen Gründen vor, erfolgt der Erlass der Forderung des Gesellschafters auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage. Für die steuerlichen Folgen ist insoweit zu unterscheiden, ob und inwieweit die erlassene Forderung werthaltig war.

 

Rz. 301

Die bilanzsteuerliche Behandlung des Verzichts des Gesellschafters auf eine nicht vollwertige Forderung hat der Große Senat[9] grundsätzlich geklärt.[10] Die maßgebliche Frage, die er zu entscheiden hatte, bestand darin, ob be...

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