Rz. 122

Ein Verlustabzug nach § 10d EStG kommt in Betracht, wenn sich bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte eines Vz nach Durchführung des horizontalen und vertikalen Verlustausgleichs ein negativer Betrag ergibt.[1] Der Verlustabzug besteht aus Verlustrücktrag und -vortrag. Abzugsfähig sind nur Verluste, soweit sie auch ausgleichsfähig sind; die Verlustausgleichsbeschränkungen wirken daher entsprechend auch beim Verlustabzug.

 

Rz. 123

Der Verlustabzug wird in der Weise vorgenommen, dass der abziehbare Verlust eines Vz zunächst in dem dem Verlustjahr vorangegangenen Vz bis zum Höchstbetrag von 1 Mio. EUR wie Sonderausgaben abgezogen wird (Verlustrücktrag). Etwaige für das Abzugsjahr erteilte Steuerbescheide sind gem. § 10d Abs. 1 S. 3, 4 EStG insoweit zu ändern, als der Verlustrücktrag zu gewähren oder zu berichtigen ist. Der Verlustrücktrag wird in der bezeichneten Weise grundsätzlich von Amts wegen vorgenommen. § 10d Abs. 1 S. 5, 6 EStG gewährt dem Stpfl. jedoch das Wahlrecht, ganz oder teilweise vom Verlustrücktrag abzusehen.

 

Rz. 124

Übersteigt der in einem Vz entstandene Verlust den Betrag von 1 Mio. EUR oder ist er aus anderen Gründen, z. B. wegen eines Antrags nach Rz. 123, nicht zurückzutragen, ist der nicht durch Verlustrücktrag verbrauchte Verlust zeitlich unbegrenzt vortragsfähig. Nach § 10d Abs. 2 EStG gilt jedoch die sog. "Mindestbesteuerung". Danach kann, unabhängig von den Einkunftsarten, ein Verlust der Vorjahre bis zu 1 Mio. EUR uneingeschränkt, darüber hinaus i. H. v. bis zu 60 % des 1 Mio. EUR übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte im Wege des Verlustvortrags abgezogen werden. In Höhe der verbleibenden 40 % des Gesamtbetrags der Einkünfte erfolgt also trotz Bestehens des Verlustvortrags eine Besteuerung. Der durch den Rücktrag nicht verbrauchte abziehbare Verlust (verbleibender Verlustabzug) wird nach § 10d Abs. 4 EStG zum Schluss des jeweiligen Vz gesondert festgestellt.[2] Die Mindestbesteuerung zielt auf eine Streckung, nicht auf einen völligen Ausschluss der Verlustberücksichtigung. Allerdings kann sie zu einem solchen Ausschluss und damit einer Definitivbelastung führen, wenn zwar in der Zeit zwischen Verlustentstehung und Beendigung der Steuerpflicht der Körperschaft, z. B. durch Liquidation oder Insolvenz, Gewinne entstanden sind, die bei vollständiger Berücksichtigung zum Verlustausgleich ausgereicht hätten, nicht aber bei Berücksichtigung von lediglich 60 % im Rahmen der Mindestbesteuerung. Der BFH hält diese Folge eines definitiven Untergangs der Verlustvorträge zumindest dann für verfassungswidrig, wenn Verlust und darauf folgender Gewinn in einem inneren Sachzusammenhang stehen bzw. Ursachenidentität besteht. Das ist etwa der Fall, wenn der Verlust auf eine Teilwertabschreibung, der Gewinn auf eine entsprechende Teilwertzuschreibung zurückzuführen ist oder wenn eine Rückstellung gebildet und später aufgelöst wird. Der BFH hat die Frage der Verfassungswidrigkeit des definitiven Untergangs von Verlusten aufgrund der Mindestbesteuerung dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt, die Vorlagefrage allerdings nicht auf die Fälle der Ursachenidentität beschränkt.[3]

 

Rz. 125

Da die Höhe des Verlustabzugs durch den negativen Gesamtbetrag der Einkünfte bestimmt wird, sind die in R 7.1 S. 2 Nr. 22-28 KStR genannten Abzugs- oder Hinzurechnungsbeträge, sowie über R 7.1 Abs. 2 S. 2 KStR auch der Abzugsbetrag nach § 13 Abs. 3 EStG bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (Abzugsbeträge von der Summe der Einkünfte) vor dem Verlustabzug zu berücksichtigen. Die Freibeträge gem. § 24 KStG und § 25 KStG sind dagegen erst von dem nach dem Verlustabzug verbleibenden Einkommen abzuziehen.

 

Rz. 126

Es sind mehrere Fallgestaltungen möglich, in denen Verluste steuerlich nicht mehr genutzt werden können, sondern verloren gehen.[4] Dies kann insbesondere aufgrund der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG zu einer Belastung des Stpfl. führen, wenn er die vortragsfähigen Verluste während einer Gewinnphase nicht voll absetzen kann, dann aber ein Ereignis eintritt, infolgedessen die Verluste nicht abzugsfähig werden. Dies sind:

  • Umwandlung, Verschmelzung und Spaltung der verlusttragenden Körperschaft (Rz. 136);
  • Liquidation der Körperschaft;
  • Insolvenzverfahren und Vollbeendigung der Körperschaft;
  • Löschung der Körperschaft wegen Vermögenslosigkeit[5];
  • Fälle des § 8c KStG.
[1] Ermittlung des abziehbaren Verlusts Rz. 127ff.
[4] Fischer, FR 2007, 281.

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