Rz. 25

§ 8 KStG definiert den Begriff des Einkommens nicht selbst. Abs. 1 bestimmt vielmehr, dass sich der Begriff und die Ermittlung des Einkommens nach den Vorschriften des EStG (und körperschaftsteuerlichen Sonderregelungen) bestimmen. Die KSt stellt sich damit als Steuer vom Einkommen der Körperschaften dar. Sie bemisst sich wie die ESt grundsätzlich nach dem im Kj. bezogenen zu versteuernden Einkommen.[1] Da die KSt somit sowohl sachlich als auch zeitlich an denselben Steuergegenstand anknüpft wie die ESt, kann der Einkommensbegriff für das KSt-Recht weitgehend dem ESt-Recht entlehnt werden.[2]

 

Rz. 26

Der Begriff Einkommen dient dazu, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stpfl. zu erfassen. Das Einkommen ist die Grundlage der Besteuerung; einkommenserhöhende Faktoren erhöhen die Steuerlast, einkommensmindernde Faktoren mindern sie. Daraus folgt, dass nur solche Faktoren das Einkommen erhöhen dürfen, die Ausdruck einer erhöhten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind. Faktoren, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit weder erhöhen noch mindern, dürfen das Einkommen daher nicht beeinflussen.

 

Rz. 27

Für das KSt-Recht ist bezweifelt worden, dass es eine eigenständige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft gibt.[3] Begründet wurden diese Zweifel mit einer zweifachen Überlegung. Einmal wird die Besteuerung aufgrund der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als ein dem Einzelnen auferlegtes Opfer gesehen; Körperschaften können aber kein Opfer i. d. S. erbringen. Die zweite Überlegung, basierend vor allem auf dem inzwischen aufgehobenen Anrechnungsverfahren, sieht die KSt als eine Art Vorauszahlung auf die ESt der Anteilseigner. Der bei der Körperschaft erzielte Vermögenszuwachs kommt immer, letztlich bei der Liquidation, den Anteilseignern zugute, die Leistungsfähigkeit sei daher immer nur die Leistungsfähigkeit der Anteilseigner. Nach Aufhebung des Anrechnungsverfahrens kann hieraus jedoch unabhängig davon, ob durch eine solche Argumentation Rechtsnatur und wirtschaftliche Wirkweise der Steuer vermengt würden[4], eine Rechtfertigung der KSt bzw. eine Antwort auf die Frage, ob die Körperschaft eine eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besitzt, nicht mehr abgeleitet werden. Schließlich dürfte die Begründung der Entscheidung des BVerfG zu § 34 Abs. 16 KStG i. d. F. des JStG 2008 derartigen Überlegungen endgültig die Grundlage entzogen haben, denn dort wird auch im Kontext des Anrechnungsverfahrens eine eigenständige steuerliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft ausdrücklich betont.[5]

 

Rz. 28

Eine Betrachtung, die die Steuerwürdigkeit einer Körperschaft nur aus der Sicht der Leistungsfähigkeit der Anteilseigner beurteilt, würde den Charakter der Körperschaft als Verbandsperson ignorieren und einen unzulässigen Durchgriff durch die juristische Person darstellen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die besteuerungswürdig ist, fließt aus der Teilnahme eines Wirtschaftssubjekts an dem Wirtschaftsverkehr und dem Marktgeschehen. Es ist aber die Körperschaft, nicht der Anteilseigner, die am wirtschaftlichen Verkehr und am Marktgeschehen teilnimmt und daraus Vermögensmehrungen und -minderungen erzielt. Somit steht die Körperschaft, nicht der Anteilseigner, im Wettbewerb im Wirtschaftsverkehr.[6] Würde die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft ignoriert mit der Folge einer ausschließlichen Besteuerung von Ausschüttungen und Liquidationserlösen auf Anteilseignerebene, so erlangten körperschaftlich verfasste Unternehmen gegenüber Einzelsteuerpflichtigen einen erheblichen Steuerstundungs- und damit Wettbewerbsvorteil, soweit Gewinnthesaurierungen stattfinden. Um dieser Problematik zu begegnen, kann entweder auf das bei Mitunternehmerschaften etablierte System der volltransparenten Besteuerung sämtlicher – auch nicht ausgeschütteter – Gewinne mit den damit einhergehenden (bisher nicht zufriedenstellend gelösten) Problemen der Abfederung von Härten bei Gewinnthesaurierung zurückgegriffen werden, oder aber eine eigenständige steuerliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft mit unmittelbar eigenen Besteuerungsfolgen anerkannt und gleichzeitig eine steuerliche Entlastung der Ausschüttungen auf Anteilseignerebene herbeigeführt werden.[7] Zwar kann auch die Beteiligung des Gesellschafters an der Körperschaft als eine Teilnahme am Wirtschaftsverkehr und am Marktgeschehen aufgefasst werden. Das ist aber eine andere Beteiligung am Wirtschaftsverkehr und begründet eine weitere, von der der Körperschaft zu unterscheidende Leistungsfähigkeit, nämlich die des Gesellschafters.

 

Rz. 29

Auch verfassungsrechtlich ist es nicht zu beanstanden, der Körperschaft eine eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zuzuerkennen, die von der ihrer Gesellschafter verschieden ist und daher gesondert von der der Gesellschafter besteuert werden kann.[8] Dies ist eine finanz- und wirtschaftspolitische Entscheidung des Gesetzgebers, die an die rechtliche Selbstständigkeit der Körperschaft anknüpfen kann. Die Absc...

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