1 Allgemeines

1.1 Systematischer Zusammenhang

 

Rz. 1

§ 32 KStG ist die zentrale Norm zur Kodifizierung einer abgeltenden Wirkung des Steuerabzugs an der Quelle für unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtige Körperschaften. Anstelle einer Verweisung auf § 50 EStG, welcher die Abgeltungswirkung von Quellensteuern beschränkt steuerpflichtiger natürlicher Personen regelt, ist im KSt-Recht eine eigenständige Norm geschaffen worden.

 

Rz. 2

Hauptanwendungsfall in der Praxis dürften beschränkt Stpfl. sein, § 32 KStG füllt insoweit ein ggf. gem. DBA zugewiesenes Besteuerungsrecht Deutschlands aus. Aufgrund der gesonderten Besteuerung verschiedener Einkünfte gem. jeweiligem Besteuerungsrecht gilt das Abgeltungsprinzip grundsätzlich auch dann, wenn der beschränkt Stpfl. andere positive oder negative inl. Einkünfte hat, von denen ein Steuerabzug nicht vorzunehmen ist, sondern die im Wege der Veranlagung zur KSt heranzuziehen sind. Der Steuerabzug, der von den steuerabzugspflichtigen Einkünften einbehalten wird, hat demgemäß den Charakter einer Definitivsteuer, die in jedem Fall erhoben wird. Ein Ausgleich zwischen positiven steuerabzugspflichtigen Einkünften und negativen nicht steuerabzugspflichtigen inl. Einkünften mit dem Ziel der Erstattung der Steuerabzugsbeträge ist regelmäßig nicht möglich. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur in den Fällen, in denen die steuerabzugspflichtigen Einkünfte Einnahmen eines inl. Betriebs sind (Rz. 10) und in den Fällen der Ausübung des Veranlagungswahlrechts des § 32 Abs. 2 KStG. Bei Vorliegen dieser Tatbestände greift die Abgeltungswirkung nicht ein, vielmehr werden die steuerabzugspflichtigen Einkünfte als Teil des (betrieblichen) Gewinns bzw. der steuerpflichtigen Einkünfte in die Veranlagung einbezogen. Die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge werden wie bei unbeschränkt Stpfl. auf die im Veranlagungsverfahren festgesetzte KSt-Schuld angerechnet.

 

Rz. 3

Die Regelung des § 32 Abs. 1 KStG gilt grundsätzlich für unbeschränkt stpfl. Körperschaften, die von der KSt befreit sind, bei denen jedoch zugleich eine besondere Steuerpflicht gem. § 5 Abs. 2 KStG besteht.[1] Darüber hinaus sind auch – insoweit neben beschränkt stpfl. Körperschaften i. S. d. § 2 Nr. 1 KStG – sonstige nicht der unbeschränkten Stpfl. unterliegende Körperschaften gem. § 2 Nr. 2 KStG betroffen. Es handelt sich dabei um öffentlich-rechtliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen außerhalb eines Betriebs gewerblicher Art.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 4

Die Vorschrift ist durch Gesetz v. 23.10.2000[1] im Zusammenhang mit der Aufgabe des Anrechnungsverfahrens in das Gesetz eingefügt worden. Sie entspricht weitgehend § 50 KStG 1999.

Durch Gesetz v. 20.12.2001[2] ist Abs. 2 mit Wirkung ab Vz 2002 um Nr. 2 ergänzt worden. Durch Gesetz v. 9.12.2004[3] ist in Abs. 2 Nr. 2 die Verweisung von "§ 34 Abs. 9" auf "§ 34 Abs. 12" geändert worden. Danach wurde die Vorschrift folgendermaßen geändert:

  • Durch Gesetz v. 14.8.2007[4] wurde Abs. 3 eingefügt, der für bestimmte Finanztransaktionen einen eigenständigen Steuerabzug regelt. Die Vorschrift ist auf Einkünfte anzuwenden, die nach dem 17.8.2007[5] zufließen. Dies gilt mit der Maßgabe, dass der Steuersatz für Einkünfte, die vor dem 1.1.2008 zufließen, nicht 15 %, sondern 10 % beträgt.
  • Durch Gesetz v. 19.12.2008[6] wurde Abs. 2 neu gefasst, wobei die Nrn. 1 und 2 neu eingeführt wurden und die bisherigen Nrn. 1 und 2 unter geringfügigen Anpassungen im Wesentlichen unverändert als Nrn. 3 und 4 übernommen wurden.
  • Durch Gesetz v. 22.6.2011[7] wurde in Abs. 3 S. 3 die Verweisung auf § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG erweitert.
  • Durch Gesetz v. 21.3.2013[8] wurde Abs. 5 mit der Möglichkeit der Erstattung der KapESt für EU/EWR-Gesellschaften eingeführt.
  • Durch Gesetz v. 26.6.2013[9] wurde in Abs. 4 S. 1 der Verweis auf Art. 48 EGV durch den Verweis auf Art. 54 AEUV ersetzt.
  • Durch Gesetz v. 19.7.2016[10] wurde eine redaktionelle Änderung für die Verweisung auf das EStG in Abs. 3 der Vorschrift eingebracht.
[1] BStBl I 2000, 1433.
[2] BStBl I 2002, 35.
[3] BStBl I 2004, 1158.
[4] BStBl I 2007, 630.
[5] Dem Tag der Veröffentlichung des Gesetzes im BGBl
[6] BGBl I 2008, 2794.
[7] BGBl I 2011, 1126.
[8] BStBl I 2013, 344.
[9] BGBl I 2013, 1809.
[10] BGBl I 2016, 1730.

2 Die Abgeltung der KSt durch den Steuerabzug (Abs. 1)

2.1 Steuerbefreite Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen

 

Rz. 5

§ 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG gilt nur für gem. § 5 Abs. 1 KStG von der KSt befreite Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen. § 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG stellt eine Ausnahme der ansonsten bestehenden Steuerbefreiung dar, indem die in § 5 Abs. 1 KStG begründete persönliche Steuerbefreiung in sachlicher Hinsicht in der Form eingeschränkt wird, dass die Befreiungen des Abs. 1 nicht für inl. Einkünfte gelten, die dem Steuerabzug unterliegen. Hierbei kann es sich nur um Einkünfte handeln, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterlegen haben, weil andere Steuerabzugsbeträge[1] bei den gem. § 5 Abs. 1 KStG steuerbefreiten Steuersubjekten nicht vorkommen können. Die sachliche Steuerpflicht umfasst insbesondere:

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