Rz. 65

Eine Kapitalherabsetzung kann grundsätzlich auch zur Einziehung von Anteilen durchgeführt werden. Zu unterscheiden ist, ob die Körperschaft bereits vor Beschluss der Kapitalherabsetzung über eigene Anteile verfügt oder diese erst infolge des Herabsetzungsbeschlusses von den Anteilseignern "eingezogen" werden. Handelt es sich um eine Anteilseinziehung, kann diese sowohl freiwillig als auch durch Zwangseinziehung erfolgen.

 

Rz. 65a

Bei der Kapitalherabsetzung zur Einziehung von Anteilen liegt bereits zivilrechtlich eine Kapitalherabsetzung vor, sodass § 28 Abs. 2 KStG anzuwenden ist. Insoweit ergeben sich auf Ebene der Körperschaft dieselben Rechtsfolgen wie bei einer ordentlichen Kapitalherabsetzung. Entsprechend ist ein vorhandener Sonderausweis in Höhe des Nennkapitals der Anteile zu kürzen. Sofern die Anteile zur Einziehung erworben werden, ist den Gesellschaftern hierfür i. d. Regel ein Entgelt in Höhe des Zweitwertes der Anteile zu zahlen, welcher über dem Nennbetrag liegen kann. Fraglich ist dabei, wie der Mehrbetrag zu erfassen ist und welche ertragsteuerlichen Folgen sich auf Ebene der Anteilseigner ergeben. Dieselben Fragen stellen sich, sofern die Körperschaft eigene Anteile erwirbt, ohne (zunächst) eine Kapitalherabsetzung vorzunehmen. Der Erwerb eigener Anteile stellt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ebenfalls eine Kapitalmaßnahme vergleichbar zur Kapitalherabsetzung dar. Nach Auffassung der Finanzverwaltung[1] sowie der h. M. in der Literatur[2] ist der Erwerb eigener Anteile deshalb analog zur Kapitalherabsetzung zu behandeln. Die folgenden Ausführungen gelten mithin sowohl für den Erwerb eigener Anteile zur tatsächlichen Herabsetzung des Nennkapitals als auch für andere Zwecke (z. B. der sog. "Kurspflege").

 

Rz. 66

Der Erwerb eigener Anteile ist in der Handelsbilanz[3] wie die Durchführung einer Kapitalherabsetzung zu erfassen. Fraglich ist, ob diese Behandlung nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit gem. § 5 Abs. 1 EStG auch für Zwecke der Steuerbilanz gelten soll.[4] Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist der Erwerb eigener Anteile nicht als Anschaffungsgeschäft der Kapitalgesellschaft zu qualifizieren.[5] Vielmehr soll analog zur Handelsbilanz auch in der Steuerbilanz eine Kapitalherabsetzung vorliegen.[6] M. E. ist diese Auffassung zutreffend und auch methodisch richtig. Aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG indiziert die handelsrechtliche Bilanzierung die steuerrechtliche Behandlung des Anteilserwerbs.[7] Für eine hiervon abweichende Vorgehensweise mangelt es m. E. an einer entsprechenden Rechtsgrundlage, sodass eine analoge Vorgehensweise in der Steuerbilanz – inkl. der hieraus zu ziehenden sonstigen steuerrechtlichen Konsequenzen – zwingend ist. Da in dem Erwerb eigener Anteile eine Kapitalmaßnahme der Gesellschaft zu sehen ist, die von der steuerlichen Qualifikation der Transaktion auf Ebene der Anteilseigner getrennt werden muss, entspricht dies zudem dem wirtschaftlichen Gehalt des Anteilserwerbs.

 

Rz. 67

Steuerlich bedeutet dies, dass der Erwerb eigener Anteile nach den allgemeinen Grundsätzen des § 28 Abs. 2 KStG im Erwerbszeitpunkt zunächst zu einem Zugang auf dem steuerlichen Einlagekonto i. H. des Nennkapitals der Anteile bei gleichzeitigem Abgang des Betrags vom Nennkapital in der Handels- und Steuerbilanz führt. Abweichend von den allgemeinen Grundsätzen soll gem. Auffassung der Verwaltung beim Erwerb eigener Anteile indes stets ein Zugang auf dem steuerlichen Einlagekonto i. H. des Nennkapitals vorliegen, d. h. sofern ein Sonderausweis i. S. d. § 28 Abs. 1 KStG besteht, ist dieser nicht vorrangig zu mindern.[8] Diese Abweichung soll aufgrund der Trennung der Ebene des Anteilseigners von der Ebene der Gesellschaft sowie aus Vereinfachungsgründen erfolgen. Sofern die Anteile zu einem (angemessenen) Preis über dem Nennwert erworben wurden, soll der übersteigende Teil nach Maßgabe der allgemeinen Verwendungsreihenfolge des § 27 Abs. 1 S. 3 KStG zunächst den vorhandenen ausschüttbaren Gewinn mindern. Übersteigt der Kaufpreis auch den ausschüttbaren Gewinn, soll insoweit der Bestand des steuerlichen Einlagekontos zu vermindern sein.[9] Eine Verpflichtung zum Einbehalt von KapESt soll indessen nicht bestehen, da auf Ebene des Anteilseigners – entgegen der Behandlung auf Ebene der Kapitalgesellschaft – ein Veräußerungsgeschäft vorliegen soll, das nicht zur KapESt-Pflicht führt.[10]

 

Rz. 67a

Die Bildung eines Sonderausweises erfolgt mit dem Zweck, unversteuerte Gewinnrücklagen bei Ausschüttung an die Anteilseigner zu identifizieren und einer Besteuerung unterwerfen zu können. Da in dem Erwerb eigener Anteile auf Ebene des veräußernden Anteilseigners ein Veräußerungsgeschäft vorliegt, ist eine Verwendung unversteuerter Gewinnrücklagen gerade nicht als Ausschüttung zu beurteilen, für die KapESt einzubehalten ist. Insoweit hat auch keine vorrangige Minderung eines ggf. bestehenden Sonderausweises zu erfolgen. Der Sonderausweis ist zum Feststellungsstichtag da...

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