Rz. 20

§ 20 KStG ist bei Versicherungsunternehmen (Rz. 22) anzuwenden. Die Vorschrift selbst formuliert keinen persönlichen Anwendungsbereich, bezieht sich aber sachlich auf die versicherungstechnischen Rückstellungen i. S. d. § 341g und § 341h HGB. Aus diesem Grund entspricht der persönliche Anwendungsbereich zwangsläufig der zugehörigen Anwendungsregelung in § 341 HGB.[1] Dort wird der Begriff des Versicherungsunternehmens legal definiert.

 

Rz. 21

Teilweise wird angeführt, dass sich der persönliche Anwendungsbereich (auch) aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 VAG ergibt[2], was durch den ausdrücklichen Verweis auf §§ 341g, 341h HGB – streng genommen – unpräzise ist, aber durch eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Ausgestaltung beider Tatbestände in der Praxis wohl keinen besonderen Unterschied machen dürfte. Denn ein handelsrechtliches Versicherungsunternehmen erfüllt wohl in den allermeisten Fällen auch die versicherungsaufsichtsrechtlichen Voraussetzungen[3] oder umgekehrt: Es ist davon auszugehen, dass jedes der Aufsicht der BaFin unterliegenden Unternehmen § 20 KStG unterfällt[4], auch wenn das tatbestandlich keine Voraussetzung ist.[5]

 

Rz. 22

Daher gilt § 20 KStG entsprechend der Definition in § 341 HGB für Unternehmen, die den Betrieb von Versicherungsgeschäften zum Gegenstand haben und nicht Träger der Sozialversicherung sind, was als Versicherungsunternehmen legal definiert wird (§ 341 Abs. 1 Satz 1 HGB bzw. § 7 Nr. 33 VAG). Was unter Versicherungsgeschäften zu verstehen ist, wird aber nicht definiert. Nach der Rechtsprechung betreibt ein Unternehmen das Versicherungsgeschäft, wenn für den Fall eines unbestimmten Ereignisses entgeltlich bestimmte Leistungen übernommen werden (Garantieversprechen), das übernommene Risiko auf viele Personen verteilt wird und der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Zahlen beruhende Kalkulation zugrunde liegt.[6]

 

Rz. 23

Die Vorschrift gilt handelsrechtlich nicht für solche Versicherungsunternehmen, die aufgrund von Gesetz, Tarifvertrag oder Satzung ausschließlich für ihre Mitglieder oder die durch Gesetz oder Satzung begünstigten Personen Leistungen erbringen oder als nicht rechtsfähige Einrichtungen ihre Aufwendungen im Umlageverfahren decken, es sei denn, sie sind AG, VVaG oder rechtsfähige kommunale Schadenversicherungsunternehmen (§ 341 Abs. 1 Satz 2 HGB). Die den Versicherungsunternehmen gleichgestellten Pensionsfonds (§ 341 Abs. 4 HGB bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 236 Abs. 1 VAG) sind ausdrücklich erfasst.

 

Rz. 24

§ 20 KStG gilt auch für beschränkt körperschaftsteuerpflichtige Versicherungsunternehmen, weil die Vorschrift keine anderweitigen Vorgaben macht. Handelsrechtlich werden ausländische Versicherungsunternehmen mit ihrer inländischen Betriebsstätte bzw. Niederlassung (für grenzüberschreitend tätige Unternehmen s. Rz. 35) mittlerweile ausdrücklich einbezogen, weil daran zuvor Zweifel bestanden.[7] So werden Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat erfasst, wenn sie zum Betrieb des Direktversicherungsgeschäfts der Erlaubnis durch die deutsche Versicherungsaufsichtsbehörde bedürfen (§ 341 Abs. 2 Satz 1 HGB). Für Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat gilt dies nicht, sie haben aber die handelsrechtlichen Vorschriften für Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds der §§ 341ff. HGB durch ausdrückliche Anordnung entsprechend anzuwenden (§ 341 Abs. 2 Satz 2 HGB bzw. § 20 Abs. 2 Satz 3 KStG (s. dazu Rz. 55ff.).[8]

 

Rz. 25

Versicherungsunternehmen sind auch als selbstständige Körperschaftsteuersubjekte organisierte konzerninterne Versicherungsgesellschaften, die nur Risiken von anderen konzernangehörigen Gesellschaften decken (auch Eigen- oder Selbstversicherer genannt, englisch als Captive Insurance Company oder kurz Captives bezeichnet). Dies gilt nicht, wenn sie als unselbstständiger Teil der Konzernmutter „Eigenversicherung“ betreiben.[9]

 

Rz. 26

Versicherungsunternehmen sind darüber hinaus auch Rückversicherer. Denn ist das Risiko durch eine Rückdeckungsversicherung gedeckt, ist die entsprechende versicherungsmathematische Rückstellung beim Rückdeckungsversicherungsunternehmen und nicht beim Erstversicherer zu bilden.[10]

[1] So auch Hoffmann, in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 20 KStG Rz. 5.
[2] Z. B. Loewens, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 20 KStG Rz. 12; Schick, in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 20 KStG Rz. 4.
[3] Behnisch, in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl. 2018, § 20 KStG Rz. 15 spricht sich stets für Einzelfallprüfung aus.
[4] So im Ergebnis auch Goverts, in Ernst & Young, KStG, § 20 KStG Rz. 31.
[5] Baumgärtel, in H/H/R, EStG/KStG, § 20 KStG Rz. 23.
[6] Hommel/Pauly-Grundmann/Feist, in Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl. 2013, § 341 HGB Rz. 23 m. w. N.; für Rückversicherer s. Rz. 26.
[7] Behnisch, in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl. 2018, § 20 KStG Rz. 16.
[8] Ausführlich Goverts, in Ernst & Young, KStG, § 20 KStG Rz. 32.
[9] Behnisch, in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl. 2018, § 20 KStG Rz. 17f.; a...

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