Rz. 8

Nach § 15 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG ist ein Verlustabzug nach § 10d EStG bei der Organgesellschaft nicht zulässig. Die Vorschrift hat eine doppelte Dimension. Einerseits folgt aus ihr, dass Verluste, die die Organgesellschaft während des Bestehens der Organschaft erzielt, bei ihr nicht abgezogen werden können, also auch nicht in einen verbleibenden Verlustvortrag eingehen. Vielmehr erfolgt eine Übertragung der laufenden Verluste auf den Organträger. Handelsrechtlich erfolgt dies durch die Pflicht zum Ausgleich der Verluste aufgrund des Ergebnisabführungsvertrages, steuerlich durch Zurechnung des negativen Einkommens bei dem Organträger. Außerdem bezieht sich die Vorschrift auf vorvertragliche Verluste der Organgesellschaft, die nach Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags nicht mehr mit laufenden Gewinnen der Organgesellschaft verrechnet und auch nicht auf den Organträger übertragen werden können. Das gilt auch für bei der Organgesellschaft entstehende Übertragungsgewinne bei einer Verschmelzung, Aufspaltung oder Abspaltung.[1] Insoweit ist Folge der Regelung, dass die Einkommenszurechnung während der Organschaft gegen Wirkungen von vororganschaftlichen Ergebnissen "abgeschottet" wird.[2]

 

Rz. 9

Der Verlustabzug bei dem Organträger wird durch Satz 1 Nr. 1 Satz 1 nicht eingeschränkt. Vielmehr werden Verluste bei dem Organträger nach den allgemeinen Vorschriften einschließlich denen der Mindestbesteuerung in § 10d Abs. 1, 2 EStG berücksichtigt. Zu diesen bei dem Organträger zu berücksichtigenden Verlusten gehören auch organschaftliche Verluste der Organgesellschaft, die im Wege der Zurechnung des negativen Einkommens auf den Organträger übertragen werden.

 

Rz. 10

Anzuwenden ist § 15 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG auch auf den Rücktrag von Verlusten, die nach Beendigung der Organschaft entstanden sind, in die Zeit des Bestehens der Organschaft. Nachorganschaftliche Verluste der Organgesellschaft können also nicht in das letzte Jahr des Bestehens der Organschaft zurückgetragen werden. Auch ein Rücktrag in die vororganschaftlichen Zeit ist nicht möglich, da § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG nur den einjährigen Verlustrücktrag zulässt. Die ehemalige Organgesellschaft kann daher den im ersten Vz nach Beendigung der Organschaft entstandenen Verlust nicht in den letzten Vz vor Beginn der Organschaft zurücktragen, da es sich bei dem letztgenannten Vz nicht um den "unmittelbar vorangegangenen" Vz i. S. d. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG handelt.[3] Es kann nicht argumentiert werden, dass die Zeit des Bestehens der Organschaft "aus dem Zeitfenster eines Verlustabzugs herausgenommen" werden müsse und daher der letzte Vz vor Organschaft der dem ersten Vz nach Organschaft "unmittelbar vorangegangene Vz" sei.[4]

Da die Organgesellschaft trotz bestehender Organschaft Körperschaftsteuersubjekt bleibt, bestehen für sie während der Organschaft "Veranlagungszeiträume", sodass nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes der letzte Vz vor Organschaft nicht dem ersten Vz nach Organschaft "unmittelbar vorangeht".

 

Rz. 11

Das Verbot des Abzugs von Verlusten bei der Organgesellschaft nach § 15 S. 1 Nr. 1 KStG erfasst alle Arten von Verlusten, unabhängig davon, ob sie steuerlich uneingeschränkt oder eingeschränkt berücksichtigt werden können, also auch Verluste nach § 2a EStG, § 15 Abs. 4 EStG, § 15a EStG, fortführungsgebundene Verlustvorträge nach § 8d KStG und andere nur beschränkt abzugsfähige Verluste. Dies könnte fraglich sein, weil § 15 S. 1 Nr. 1 KStG nur den Verlustabzug nach § 10d EStG direkt anspricht, also eine Verweisung auf andere Vorschriften über den Verlustabzug fehlen.[5] Die Vorschrift verweist aber nur auf Verlustabzug "im Sinne" des § 10d EStG. Damit eröffnet der Wortlaut der Vorschrift die Möglichkeit, auch den Verlustabzug nach anderen Vorschriften in die Regelung einzubeziehen. Dazu kommt, dass die Tatbestände des Verlustabzugs nach anderen Vorschriften ausdrücklich auf § 10d EStG verweisen, wie etwa § 2a Abs. 1 S. 1 letzter Halbsatz EStG oder § 15 Abs. 4 EStG. Das gilt auch für Verluste nach § 15a EStG trotz der abweichenden rechtlichen Konzeption und trotz des Begriffs der "verrechenbaren Verluste" anstatt des "Verlustabzugs". Auch der Abzug dieser Verluste ist, wie der Verweis auf § 10d EStG zeigt, ein "Verlustabzug". Diese Auslegung wird auch vom Zweck des § 15 S. 1 Nr. 1 KStG bestätigt. Diese Regelung dient dazu, die Übertragung von Verlusten, die außerhalb der Organschaftszeit entstanden sind, auf den Organträger zu verhindern. Warum das nur für einige Verlustarten gelten soll, für andere nicht, ist m. E. nicht begründbar. Für den fortführungsgebundenen Verlustvortrag nach § 8d EStG wird das als fraglich angesehen, weil § 8d Abs. 1 S. 7 KStG lediglich auf § 10d Abs. 4, nicht auf § 10d Abs. 1, 2 EStG verweise und § 8d Abs. 1 S. 8 KStG eine eigenständige Bestimmung zur Verlustverrechnung enthalte.[6] M.E. bestehen insoweit aber keine Unklarheiten. § 8d KStG enthält keine grundsätzliche Regelung zum Verlustabzug, sondern nur die Ausnahme...

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