Rz. 121

Das Bestehen einer Betriebsstätte hat nicht nur Bedeutung für die Frage, ob die Tätigkeit der GewSt unterliegt. Auch für die Aufteilung der GewSt auf die einzelnen Gemeinden ist maßgeblich, ob und in welcher Gemeinde eine Betriebsstätte unterhalten wird. Anders als bei der ESt bzw. KSt, wo das Vorliegen einer Betriebsstätte hauptsächlich bei der Abgrenzung von in- und ausländischen Einkünften eine Rolle spielt, hat das Vorliegen einer Betriebsstätte im GewSt-Recht wesentliche Bedeutung für die Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den verschiedenen Gemeinden.

 

Rz. 122

Erstreckt sich eine Betriebsstätte über das Gebiet von mehr als einer Gemeinde, spricht man von einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte. Die Grenze eines Gemeindegebiets führt damit nicht zwangsläufig dazu, dass mehrere Betriebsstätten vorliegen. Das GewStG enthält keine Definition der mehrgemeindlichen Betriebsstätte. Dies gilt auch für § 30 GewStG, der Sonderregelungen für die Zerlegung enthält. Diese Vorschrift setzt das Vorliegen einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte voraus, regelt deren Voraussetzungen aber nicht. Die Tatbestandsmerkmale einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte sind maßgeblich von der Rspr. entwickelt worden. Der BFH fordert, dass jeder Teil der mehrgemeindlichen Betriebsstätte für sich genommen die Merkmale einer Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO erfüllt.[1] M. E. spricht dies eher dafür, dass mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden unterhalten werden statt eine einheitliche Betriebsstätte, die sich über mehrere Gemeinden erstreckt. Für eine mehrgemeindliche Betriebsstätte reicht es aus, wenn die Voraussetzungen für eine Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO bei zusammenfassender Betrachtung aller Teile erfüllt sind.

 

Rz. 123

Eine mehrgemeindliche Betriebsstätte setzt ein einheitliches Ganzes voraus. Dies erfordert einen räumlichen, wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen Zusammenhang.[2] Besteht ein solcher Zusammenhang nicht, liegt keine mehrgemeindliche Betriebsstätte vor, sondern es bestehen mehrere Betriebsstätten eines Unternehmens in verschiedenen Gemeinden. Es ist eine Abwägung aller Umstände im Einzelfall vorzunehmen. Erforderlich für die Annahme einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte ist, dass die Merkmale kumulativ vorliegen.[3] Allerdings müssen sie nicht alle in der gleichen Intensität gegeben sein. So kommt der räumlichen Verbundenheit nach der Rspr. nur eine untergeordnete Rolle zu.[4] Besteht ein solcher Zusammenhang nicht, liegt keine mehrgemeindliche Betriebsstätte vor, sondern es bestehen mehrere Betriebsstätten eines Unternehmens in verschiedenen Gemeinden.

 

Rz. 123a

Ein räumlicher Zusammenhang ergibt sich im Regelfall aus der Verbundenheit auf der Erdoberfläche; er kann sich aber auch aus technischen Anlagen ergeben, die die einzelnen Teile verbinden.[5] Nicht ausreichend ist allerdings, dass es sich bei den technischen Anlagen um Einrichtungen handelt, die zur allgemeinen Ausstattung mit Infrastruktur eines Grundstücks oder Gebäudes gehören. Eine solche Verbindung besteht zwischen allen Unternehmensteilen und auch zu unabhängigen Dritten. Solche technischen Einrichtungen sind z. B. Telefon-, Strom- und Abwasserleitungen.[6] Insofern ist zu unterscheiden, ob die technische Einrichtung speziell für das Unternehmen errichtet worden ist oder ob es sich um eine Verbindung mit einer technischen Einrichtung handelt, wie sie auch zu unabhängigen Dritten besteht. Nicht entscheidend ist, über welche Entfernung die technische Einrichtung den räumlichen Zusammenhang herstellt. Eine größere räumliche Entfernung dürfte aber i. d. R. einen stärkeren wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen Zusammenhang erfordern. Ein solcher Zusammenhang wird sich meist aus einer engen Verzahnung der einzelnen Tätigkeiten ergeben. Ob der erforderliche Zusammenhang besteht, ist durch eine Abwägung aller Umstände im Einzelfall zu bestimmen.

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