Rz. 63

Auch eine ausländische Kapitalgesellschaft kann in Deutschland der GewSt-Pflicht unterliegen, wenn sie im Inland eine gewerbliche Tätigkeit durch eine Betriebsstätte ausübt. Eine Gesellschaft ist als ausländisch zu qualifizieren, wenn sie nach ausländischem Recht gegründet worden ist. Auch wenn eine ausländische Gesellschaft nach dem Typenvergleich aus deutscher Sicht als Kapitalgesellschaft anzusehen ist, sind die von dieser Gesellschaft in Deutschland erzielten Einkünfte nicht zwangsläufig gewerbesteuerpflichtig. Allein die Tatsache, dass eine ausländische Kapitalgesellschaft in Deutschland tätig wird, führt daher nicht zur GewSt-Pflicht dieser Gesellschaft. Dieses Ergebnis ist unstreitig. Nicht geklärt ist allerdings dessen systematische Begründung. Die OFD Münster geht davon aus, dass eine ausländische Kapitalgesellschaft grundsätzlich keinen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform gem. § 2 Abs. 2 GewStG unterhält.[1] Gem. Abschn. 13 Abs. 2 S. 1 GewStR ist § 2 Abs. 2 GewStG jedenfalls dann entsprechend anwendbar, wenn die ausländische Gesellschaft nach dem Typenvergleich aus deutscher Sicht als rechtsfähige Kapitalgesellschaft einzuordnen ist und in Deutschland eine Betriebsstätte unterhält. Danach kann eine ausländische Kapitalgesellschaft durchaus einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform begründen.

M. E. ist zwischen den verschiedenen Tatbestandsmerkmalen für die GewSt-Pflicht gem. § 2 Abs. 1 GewStG zu unterscheiden. Voraussetzung für die GewSt-Pflicht ist, dass eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird und diese Ausübung im Inland in einer Betriebsstätte erfolgt. Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, besteht eine GewSt-Pflicht. Die Gewerblichkeit kraft Rechtsform gem. § 2 Abs. 2 GewStG bezieht sich nur auf die Frage, ob gewerbliche Einkünfte erzielt werden. Die Norm hat aber keinen Einfluss auf die Frage, ob diese Einkünfte auch im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte erzielt werden. Selbst wenn § 2 Abs. 2 GewStG daher auf ausländische Gesellschaften anzuwenden ist, mangelt es für die GewSt-Pflicht möglicherweise an einer inländischen Betriebsstätte. Besteht dagegen im Inland eine Betriebsstätte, so werden durch diese gewerbliche Einkünfte erzielt, soweit die ausländische Gesellschaft nach dem Typenvergleich einer deutschen Kapitalgesellschaft entspricht und damit § 2 Abs. 2 GewStG anzuwenden ist.

Dieser Auffassung folgt auch die OFD Münster[2], die ausdrücklich klarstellt, dass die Qualifikation als gewerbliche Einkünfte (z. B. bei Veräußerungsgewinnen inländischer Immobilien) nicht ausreicht, um die GewSt-Pflicht zu begründen.

 

Rz. 64

GewSt-Pflicht einer ausländischen Gesellschaft besteht nur insoweit, wie in Deutschland eine Betriebsstätte besteht. Dies hat insbesondere bei Gesellschaften Auswirkungen, die nur vermögensverwaltend tätig sind. Bei einer deutschen Kapitalgesellschaft können diese Einkünfte – wenn die Kapitalgesellschaft nur im Inland tätig wird – trotz fehlender originärer gewerblicher Tätigkeit in voller Höhe besteuert werden. Wegen der Gewerblichkeit kraft Rechtsform gem. § 2 Abs. 2 GewStG liegen in voller Höhe gewerbliche Einkünfte vor, die im Zweifel (d. h. wenn keine andere Betriebsstätte besteht) vollständig der inländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte zuzuordnen sind. Eine solche inländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte besteht bei einer ausländischen Kapitalgesellschaft i. d. R. nicht. Daher kann die GewSt-Pflicht bei einer ausländischen Gesellschaft vollständig entfallen, wenn im Inland nur eine vermögensverwaltende (und damit gerade keine gewerbliche) Tätigkeit ausgeübt wird und keine inländische Betriebsstätte besteht. Verwaltet die ausländische Gesellschaft nur inländische Grundstücke, so ist dies i. d. R. keine gewerbliche Tätigkeit.[3] Auch wird durch diese Tätigkeit regelmäßig keine Betriebsstätte begründet. Damit unterliegen weder die laufenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung noch Gewinne aus der Veräußerung der Grundstücke der GewSt.

 

Rz. 65

Ist die ausländische Gesellschaft nach deutschem Recht nicht rechtsfähig, so stellt sich die Frage der Gewerblichkeit kraft Rechtsform nicht. Das Unternehmen kann mangels Rechtsfähigkeit nicht Schuldner der GewSt sein. Bei einer ausländischen Gesellschaft, die sowohl ihren Sitz als auch den Ort ihrer Geschäftsleitung im Ausland hat, richtet sich die Rechtsfähigkeit in Deutschland nach der Rechtsfähigkeit im Ausland. Ist die Gesellschaft im Ausland rechtsfähig, so hat auch Deutschland dies anzuerkennen, sodass die Gesellschaft auch in Deutschland rechtsfähig ist. Dies gilt auch für doppelt ansässige Gesellschaften.[4] Die vormalige Verwaltungsauffassung, wonach Rechtsfähigkeit erst mit Eintragung in das deutsche Handelsregister erlangt wird, wurde somit aufgegeben. Damit ist auch im GewSt-Recht die Rechtsprechung des EuGH[5] umgesetzt worden. Danach hat der Zuzugsstaat die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft anzuerkennen, solange die Gesellschaft nach ausländischem Recht rechtsfähig ist.

 

Rz. 66

Ist die Gesellschaft i...

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