Rz. 10

Im HGB existieren keine Kriterien für eine Aktivierungsfähigkeit. Die in IAS 38.57 vorgeschriebenen Kriterien durften bis zum Inkrafttreten des DRS 24 nur als Auslegungshilfe im Rahmen der Aktivierung von selbst erstellten immateriellen Anlagen dienen, wenn diese mit den handelsrechtlichen GoB vereinbar waren.[1] Nach DRS 24.45 ist bestimmt, dass ein in der Entstehung befindliches immaterielles Gut des Anlagevermögens aktiviert werden darf, sofern die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  1. ein in der Entwicklung befindliches Gut (s. Rz. 11 f.),
  2. Erfüllung der Vermögensgegenstandseigenschaften gem. DRS 24.17–24.22 (s. Rz. 7 f.),
  3. immaterieller Vermögensgegenstand entsteht mit hoher Wahrscheinlichkeit (s. Rz. 13,
  4. verlässliche Zurechenbarkeit der Entwicklungskosten sowie
  5. Aktivierungsverbot nach § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB liegt nicht vor.

Die Erfüllung der Aktivierungskriterien ist für jeden immateriellen Vermögensgegenstand, auch für einen solchen, der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Entstehung befindet, separat zu prüfen. Eine erfolgswirksame Ausbuchung ist vorzunehmen, wenn die Aktivierungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sind.[2] Die Prüfung der Aktivierungsvoraussetzungen umfasst eine zeitliche Komponente (s. Rz. 11 und eine sachliche Komponente. Letztere zielt auf die verlässliche Zuordnung der Aufwendungen gem. DRS 24.45(d). Danach dürfen Aufwendungen nicht der Entwicklungsphase zugeordnet werden, sofern eine Zuordnung nicht eindeutig bestimmt werden kann.[3]

 

Rz. 11

Die Ansatzvoraussetzung des DRS 24.45(a) (ein in der Entwicklung befindliches Gut) betrifft die Trennung von Forschungs- und Entwicklungsphase, die zugleich für die Ansatzvoraussetzung des DRS 24.45(d) (verlässliche Zurechenbarkeit der Entwicklungskosten) relevant ist. Nach DRS 24.46 ist dieser Zeitpunkt "durch den Übergang vom eigenständigen und planmäßigen Suchen zum Erproben und Testen der gewonnenen Erkenntnisse oder Fertigkeiten bestimmt." Die Forschungsphase endet, wenn z. B. die auf die Erlangung neuer Kenntnisse gerichteten Aktivitäten abgeschlossen sind.

 

Beispiel[4]

„Die Coolfresh AG will ein neuartiges Kühlsystem für Motoren auf den Markt bringen. Das Unternehmen geht davon aus, den Prototypen bereits fertiggestellt zu haben. Beim letzten Testlauf kommt es allerdings zu einer Überhitzung mit anschließendem Brand dieses Prototyps. Möglicherweise war eine nicht ausreichende Belastbarkeit eines Bestandteils dieses Kühlsystems für den Defekt verantwortlich, weshalb hier nochmals nach einer Verbesserungsmöglichkeit gesucht werden muss. Zum Bilanzstichtag am 31.12.01 ist dies noch nicht abschließend geklärt.

Lösung: Da zum Bilanzstichtag noch nicht eindeutig bestimmt werden kann, ob die Coolfresh AG sich hinsichtlich des geplanten Kühlsystems schon in der Entwicklungs- oder noch in der Forschungsphase befindet, darf von dem Aktivierungswahlrecht nach § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht Gebrauch gemacht werden. Die anfallenden Kosten sind als laufender Aufwand der Periode zu behandeln.”

 

Rz. 12

Da die Definitionen von Forschung und Entwicklung eher allgemein gehalten sind (s. Rz. 1), lassen sich die vielfältigen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten nicht immer eindeutig abgrenzen. Daher birgt die Voraussetzung des DRS 24.45(a) und DRS 24.45(d) ein nicht unerhebliches bilanzpolitisches Gestaltungspotenzial. Hinzu kommt der oftmals fließende Übergang von der Forschungs- zur Entwicklungsphase, der dementsprechend mit Abgrenzungsproblemen und erheblichen Einschätzungsspielräumen behaftet ist. Probleme bei der Abgrenzung zwischen Forschung und Entwicklung sind beispielsweise gegeben, wenn der angenommene sequenzielle Ablauf (erst Forschung, dann Entwicklung) nicht eingehalten wird, z. B. wenn Forschungs- und Entwicklungsprozesse – wie in der Praxis häufig üblich –alternierend verlaufen. Kann dieser Zeitpunkt nicht genau bestimmt werden, d. h. Forschungs- und Entwicklungsphase können nicht eindeutig voneinander getrennt werden, besteht – dem Vorsichtsprinzip folgend – nach § 255 Abs. 2a Satz 4 HGB ebenso wie nach DRS 24.48 ein Einbeziehungsverbot in die Herstellungskosten.[5]

 

Rz. 13

Aufwendungen für die Neuentwicklung bestimmter Erzeugnisse oder Herstellungsverfahren können aktiviert werden, sofern sie zuverlässig bewertet und von den Forschungsaufwendungen getrennt werden können sowie im Zusammenhang mit konkreten Vorhaben stehen. Sind die Erzeugnisse bereits in der Fertigung oder existieren bereits bekannte Herstellungsverfahren, so sind die Entwicklungskosten, soweit sie sich auf wesentliche Änderungen der Erzeugnisse oder Verfahren beziehen, als Aufwendungen für die Weiterentwicklung als Fertigungsgemeinkosten aktivierungsfähig.[6]

Jedoch kann auch bei in der Entwicklung befindlichen selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, die noch nicht fertiggestellt sind, eine Aktivierung vorgenommen werden, sofern die abstrakten Aktivierungskriterien eines Vermögensgegenstands erfüllt sind.[7] Zum Zeitpunk...

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