Rz. 250

An einer Bereicherung im schenkungsteuerrechtlichen Sinne fehlt es, wenn die Zuwendung nicht objektiv unentgeltlich ist. Die Frage der Unentgeltlichkeit ist unter Rückgriff auf die schuldrechtliche Rechtsgrundabrede zu beurteilen. Unentgeltlich ist die Bereicherung des Empfängers dann, wenn mit ihr nach Maßgabe des Inhalts des Rechtsgeschäfts bzw. des Willens des Zuwendenden die Erlangung irgendeiner Gegenleistung oder eines Anspruchs auf eine solche nicht verfolgt wird.[1] Entgeltlich ist überdies jede Zuwendung, die in Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgt.[2] Die Entgeltlichkeit bildet den Gegensatz zur Unentgeltlichkeit. Wird die Entgeltlichkeit einer Zuwendung festgestellt, folgt hieraus zugleich zwingend die Verneinung der Unentgeltlichkeit derselben. Methodologisch folgt die Entscheidung über die Unentgeltlichkeit aus der Negation der Grundsätze, nach denen sich die Entgeltlichkeit bestimmt. Die Zuwendung ist entgeltlich und damit keine Schenkung, wenn sie mit einer Gegenleistung verbunden ist. Diesbezüglich sind 3 Problemkreise näher zu erörtern. Erstens ist zu fragen, in welcher Weise die beiderseitigen Leistungen miteinander verknüpft sein müssen. Weiterhin ist zu überlegen, ob bestimmte inhaltliche Merkmale vorliegen müssen, um von einer Gegenleistung sprechen zu können. Schließlich ist darauf einzugehen, ob jede Art von Leistung des Empfängers an den Zuwendenden als eine die Unentgeltlichkeit ausschließende Gegenleistung qualifiziert werden kann.

 

Rz. 251

Die ganz herrschende Praxis geht davon aus, dass der Begriff der Entgeltlichkeit keine synallagmatische Verknüpfung in Form eines gegenseitigen Vertrags erfordert, sondern auch die Fälle einer konditionalen sowie rechtlich kausalen Verknüpfung umfasst, andererseits eine rein kausale Verbindung i. S. eines wirtschaftlichen Entgelts nicht genügt.[3] Dies bedeutet insbesondere, dass die sog. belohnende (remuneratorische) Schenkung de lege lata als unentgeltliche Zuwendung eingeordnet werden muss.[4] Ein rechtlicher Zusammenhang fehlt auch dann, wenn sich unterschiedliche Ansprüche nur faktisch ausschließen, ohne rechtlich miteinander verknüpft oder voneinander abhängig zu sein.[5] Wurde in der Vergangenheit eine Leistung als unentgeltlich gewährt, ist der Vorgang schenkungsteuerrechtlich abgeschlossen und kann nicht durch nachträgliche Vereinbarungen zu einem entgeltlichen Vorgang umqualifiziert werden.[6]

 

Rz. 252

Von einer konditionalen Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung ist auszugehen, wenn der Leistende die Gegenleistung zwar nicht beanspruchen darf, diese aber zur Bedingung für die eigene Leistung macht. Eine kausale Verknüpfung liegt vor, wenn die Gegenleistung nicht Wirksamkeitsbedingung ist, sondern Geschäftsgrundlage für die eigene Leistung.

 
Praxis-Beispiel

A vereinbart mit B, dass er einen bestimmten Gegenstand (z. B. ein Kunstwerk) nur unter der Bedingung behalten darf, dass er ihm dafür einen festgelegten Geldbetrag bezahlt. In diesem Fall besteht kein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises, sondern nur eine konditionale Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung. Tritt die Bedingung nicht ein, muss der Gegenstand von B an A zurückgegeben werden.[7] Eine kausale Verknüpfung besteht, wenn A gegen B weder einen schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises besitzt, noch eine konditionale Verknüpfung erfolgte, den Parteien aber klar war, dass keine Schenkung von A an B beabsichtigt war. Kommt es zu keiner Gegenleistung des B, kann A den Gegenstand zurückfordern.[8]

 

Rz. 253

Allerdings muss hier eine Abgrenzung zur sog. Zweckschenkung erfolgen. Eine kausale Verknüpfung i. S. einer entgeltlichen Zweckabrede liegt vor, wenn die Zweckerreichung entweder dem Interesse des Leistenden oder eines Dritten dient. Wenn die Zweckerreichung vornehmlich im Interesse des Leistungsempfängers liegt, spricht dies für die Annahme einer Zweckschenkung.[9]

 
Praxis-Beispiel

Leistet ein Vereinsmitglied einen außerordentlichen Beitrag, der weder satzungsgemäß noch durch entsprechenden Beschluss allen Vereinsmitgliedern auferlegt ist, an einen Verein, der einer satzungsmäßigen Vermögensbindung unterliegt und seinen Mitgliedern keine Gewinnanteile ausschütten darf, liegt ein schenkungsteuerbarer Vorgang vor. Hierfür spricht auch § 18 ErbStG, wonach Beiträge an Vereine, die nicht nur die Förderung ihrer Mitglieder zum Zweck haben, schenkungsteuerpflichtig sind. Ausdrücklich unentschieden gelassen hat der BFH[10] die Frage, ob die Rechtslage – bezogen auf ordentliche, d. h. satzungsmäßige oder auf entsprechendem Beschluss beruhende Beiträge – abweichend beurteilt werden muss.

 

Rz. 254

Auch wenn Kapitalgesellschaften schenkungsteuerrechtlich geeignete Zuwendungsempfänger sind[11], muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Tatbestand einer freigebigen Zuwendung erfüllt ist. Übertragen Gesellschafter im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses Vermögen auf die Kapitalgesellschaft, dient dies dem Gesellschaftszweck. Der BFH geht in st. Rspr. da...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge