Rz. 14a

Die Norm hat insbesondere auch für Pensionäre und Rentner mit Inlandsvermögen, die ihren Ruhestand dauerhaft im Ausland verbringen, praktische Bedeutung.

In den Fällen der beschränkten Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), mit Steuerentstehung nach dem 24.6.2017, wird der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG um einen Teilbetrag gemindert. Dieser Teilbetrag entspricht dem Verhältnis der Summe der Werte des in demselben Zeitpunkt erworbenen, nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Vermögens und derjenigen, nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Vermögensvorteile, die innerhalb von 10 Jahren von derselben Person angefallen sind, zum Wert des Vermögens, das insgesamt innerhalb von 10 Jahren von derselben Person angefallen ist. Die früheren Erwerbe sind mit ihrem früheren Wert anzusetzen. Zur grundsätzlichen Europarechtskonformität der Regelung vgl. Rz. 8g und Rz. 14b.

Zur Klarstellung der Verwaltungsauffassung findet sich in H E 16 ErbStH 2019 nunmehr ein umfassendes Beispiel zur aktuellen Gesetzeslage. Darin wird die Berechnung der abzugsfähigen Freibetragshöhe bei mehreren Erwerben von In- und Auslandsvermögen innerhalb von 10 Jahren dargestellt.

 
Praxis-Beispiel

E und F sind verheiratet und leben beide seit 20 Jahren in Spanien. Im Jahr 2017 hat E seiner Frau ein Familienheim in Spanien geschenkt. Das Grundstück hat einen Wert von 200.000 EUR.

Im Jahr 2018 stirbt E und hinterlässt F ein Grundstück in Spanien im Wert von 400.000 EUR sowie ein zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück in Deutschland im Wert von 800.000 EUR.

Erwerb 2017

Der Erwerb unterliegt in Deutschland nicht der Steuerpflicht, da es sich nicht um einen Fall der unbeschränkten Steuerpflicht handelt und auch kein Inlandsvermögen i. S. v. § 121 BewG vorliegt.

Erwerb 2018

Der Erwerb des inländischen Grundstücks unterliegt in Deutschland der beschränkten Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, da es sich um Inlandsvermögen i. S. v. § 121 BewG handelt.

Ermittlung des Kürzungsbetrags nach § 16 Abs. 2 ErbStG:

 

Nicht beschränkt steuerpflichtiges Vermögen (10-Jahreszeitraum)

600.000 EUR
x

Freibetrag § 16 Abs. 1 ErbStG

500.000 EUR
 
 

Gesamter Vermögensanfall (10-Jahreszeitraum)

: 1.400.000 EUR
 

214.285 EUR (Kürzungsbetrag)

Grundstück (Inland) 800.000 EUR

Steuerbefreiung nach § 13d ErbStG - 80 000 EUR

Vermögensanfall (beschränkte Steuerpflicht) = 720.000 EUR

Erbfallkostenpauschale ./. 10.300 EUR

Persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 ErbStG) 500.000 EUR

Persönlicher Freibetrag (Kürzungsbetrag) ./. 214.285 EUR

Persönlicher Freibetrag (abzugsfähiger Teil) 285.715 EUR ./. 285.715 EUR

Steuerpflichtiger Erwerb (abgerundet, § 10 Abs. 1 S. 6 ErbStG) 423.900 EUR

Steuersatz 15 %

Steuer 63.585 EUR

 

Rz. 14b

Bei der Kürzung des Freibetrags nach § 16 Abs. 2 ErbStG bleibt nach Auffassung der FinVerw unberücksichtigt, dass das im Jahr 2017 geschenkte Familienheim in Spanien nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steuerfrei wäre, wenn es sich um einen Fall der unbeschränkten Steuerpflicht handeln würde. Auch die für das zu Wohnzwecken vermietete Grundstück vom Erwerb 2018 gewährte Steuerbefreiung nach § 13d ErbStG bleibt nach Verwaltungsauffassung bei der Kürzung des Freibetrags unberücksichtigt.

Die Proportionallösung ist nach der Entscheidung des EuGH dem Grunde nach europarechtskonform, vgl. Rz. 8g, wobei der EuGH nicht auf den Aspekt der Einbeziehung grundsätzlich europaweit zu gewährender Freistellungen i. R. d. Kürzungsbetrages eingegangen ist.

Die im o. g. Beispiel dargestellte Verwaltungsauffassung zur Außerachtlassung der Normen § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG und § 13d ErbStG i. R. d. Berechnung des Minderungsbetrags entspricht jedoch dem Wortlaut von § 16 Abs. 2 ErbStG; mit der Billigung der gesetzlichen Bruttomethode zur Berechnung des Minderungsbetrags, d. h. der Berechnung nur anhand des Vermögens ohne Berücksichtigung von Steuerfreistellungen, durch den EuGH dürfte auch die Herangehensweise der Verwaltung europarechtlich nicht weiter zielführend angreifbar sein.

 

Rz. 14c

Bislang treffen weder Gesetzgeber noch FinVerw eine konkrete Aussage zu Fällen, in denen erst später (z. B. in obigem Fall in Rz. 14a im Jahr 2020) Nacherwerbe hinzukommen, die nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Da keine eigenständige Korrekturvorschrift geschaffen wurde, bleibt abzuwarten, ob die FinVerw insoweit ein rückwirkendes Ereignis nach § 175 AO annehmen möchte und dies auch vor den Gerichten Bestand haben wird. Falls ja, ergäbe sich die entsprechende Anzeigepflicht wohl aus § 153 Abs. 2 AO. Allerdings spricht der bisherige Wortlaut der Norm – "angefallen sind" bzw. "angefallen ist" – nicht für ein insoweit zulässiges Herangehen. Damit ergäbe sich aber die einfache Gestaltungsmöglichkeit, zunächst das der beschränkten Steuerpflicht unterliegende Vermögen mit ungekürztem Freibetrag zu übertragen.

 

Rz. 14d

Der seitherige Freibetrag des § 16 Abs. 2 ErbStG für beschränkt Strpfl. (für Erwerbsfälle bis 24.6.2017 grundsätzlich weiter anzuwenden) bewegte sich mit 2.000 EUR im unmaßg...

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