Rz. 452

Eine Nutzungsüberlassung an Dritte führt nicht zur Begründung von Verwaltungsvermögen, wenn "die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten vorrangig überlassen werden, um im Rahmen von Lieferungsverträgen dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten zu dienen" (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. e ErbStG, s. dazu R E 13b.18 ErbStR 2019). Die Regelung wurde erstmals durch die Erbschaftsteuerreform 2016[1] eingeführt und findet auf alle Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 3.6.2016 entstanden ist (§ 37 Abs. 12 S. 1 ErbStG).

 

Rz. 453

In dem Bericht des Finanzausschusses wurde die Einführung der neuen Rückausnahme wie folgt begründet (BT-Drs. 18/8911, 41):

Zitat

In Buchstabe e wird eine neue Rückausnahme für die Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritten eingeführt. Sind diese Grundstücke zu dem Zweck überlassen worden, damit eigene Erzeugnisse des erworbenen Betriebs dort abgesetzt werden, stellt die Überlassung keine typische Vermögensverwaltung dar. Ein Beispiel hierfür sind Brauereigaststätten, die an Dritte bei gleichzeitigem Abschluss eines Bierlieferungsvertrags verpachtet werden und in denen vorrangig das von der Brauerei hergestellte Bier ausgeschenkt wird. Viele Brauereien setzen einen großen Teil ihrer Produkte über die verpachteten Gaststätten ab. Die Erzielung der Pachteinnahmen steht somit nicht im Vordergrund des Vertragswerks. Die Verpachtung ist Bestandteil der insgesamt originär gewerblichen Tätigkeit der Brauerei. Das Gleiche gilt für die Verpachtung von Tankstellen durch Mineralölunternehmen. In den genannten Fällen ist es sachgerecht, den Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten nicht dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen.

 

Rz. 454

Die Rückausnahme gilt somit vor allem für Brauereien und Mineralölunternehmen, auch wenn diese im Gesetzestext nicht ausdrücklich erwähnt werden.[2] Die Überlassung der Grundstücke an Gaststätten bzw. Tankstätten dient typischerweise nicht der Verwaltung eigenen Vermögens, sondern der gewerblichen Tätigkeit der Brauereien und Mineralölunternehmen.

 

Rz. 455

Die FinVerw ging bereits bislang davon aus, dass die Überlassung von Grundstücksteilen nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten insgesamt als originär gewerbliche Tätigkeit einzustufen ist.[3] Als Beispiele wurden dabei Beherbergungsbetriebe wie Hotels, Pensionen und Campingplätze genannt. Nicht abschließend geklärt war bislang allerdings, ob auch die Überlassung von Grundstücken durch Brauereien und Mineralölunternehmen unter diese Ausnahme fällt. Der Gesetzgeber hat diese Rechtsunsicherheit nunmehr beendet. Die Klarstellung hat allerdings nur deklaratorische Bedeutung, da gewerbliche Tätigkeiten nie unter den Begriff des Verwaltungsvermögens fallen sollten.

 

Rz. 456

Die neue Rückausnahme vom Verwaltungsvermögen ist nicht auf Brauereien und Mineralölunternehmen beschränkt, sondern gilt grundsätzlich für alle Unternehmen. Im Unterschied zu früheren Gesetzesentwürfen ist die "Logistikbranche" jetzt allerdings nicht mehr erwähnt.[4] Die Rückausnahme ist nur dann anwendbar, wenn die Grundstücksüberlassung "im Rahmen von Lieferungsverträgen" erfolgt und vorrangig dem "Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten" dient.[5] In vielen Fällen wird es an der spezifischen Verknüpfung zwischen Grundstücksüberlassung und dem Absatz eigener Waren fehlen (z. B. bei Factory-Outlet Centern oder im Lebensmitteleinzelhandel).

Nicht erfasst sind u. a. Dienstleistungs- und Speditionsunternehmen.[6]

Die FinVerw legt die Regelung eng aus.[7] Nicht erfasst sein soll danach der bloße Handel mit Produkten, da dies nicht dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten dient. Ferner soll die Grundstücksüberlassung durch Zwischenhändler nicht begünstigt sein.

 

Rz. 457

Rechtspoltisch ist erstaunlich, dass der Steuergesetzgeber diese Vertriebsform nunmehr besonders begünstigt hat. Entsprechende Lieferungsverträge (auch bei Brauereien und Mineralölunternehmen) sind nicht selten Anlass für Rechtsstreitigkeiten (z. B. wegen unzulässiger Knebelung oder Verstößen gegen das Kartell- und Wettbewerbsrecht).[8] Die zivilrechtliche Wirksamkeit des Lieferungsvertrags ist gleichwohl keine Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung (§ 41 AO).

 

Rz. 458–459

einstweilen frei

 

Rz. 460

Der deutsche Gesetzgeber geht davon aus, dass es sich bei den Verschonungsregelungen für begünstigtes Vermögen nicht um eine europarechtliche Beihilfe handelt (Art. 107 ff. AEUV).[9] Eine Genehmigung der Europäischen Kommission ist jedenfalls nicht erfolgt (Art. 108 Abs. 3 AEUV). Im deutschen Schrifttum wird die Frage des Beihilfecharakters kontrovers diskutiert.[10] Der Europäische Gerichtshof hat über diese Frage bislang noch nicht entschieden. Für das Vorliegen einer Beihilfe kommt es maßgeblich auf die Selektivität der Regelung an. Die neue Rückausnahme für die Nutzungsüberlassung von Grundstücken im Rahmen von (Bier- und Öl-) L...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge