Rz. 139

Diese Regelung fand sich erstmals in dem Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge aus dem Jahr 2006.[1] Der einzige Unterschied zwischen dem damaligen Entwurf und der jetzigen Gesetzesfassung besteht darin, dass die Verpflichtung der Gesellschafter zur einheitlichen Verfügung nicht mehr "unwiderruflich" sein muss. Eine solche Vereinbarung wäre rechtlich ohnehin unwirksam gewesen[2] und ist daher zu Recht gestrichen worden.

Der (ursprüngliche) Gesetzentwurf wurde im Jahr 2008 wie folgt begründet (BT-Drs. 16/7918, 35, BR-Drs. 4/08, 56, und gleichlautend zuvor BR-Drs. 778/06, 24 f.):

Zitat

Als Mindestbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft, für die die Vergünstigung gewährt wird, gilt wie nach den bisherigen §§ 13a, 19a ErbStG eine Beteiligung von mehr als 25 % am Nennkapital der Gesellschaft seitens des Erblassers oder Schenkers zum Zeitpunkt der Übertragung. Die Beteiligungsgrenze von 25 % wird als Indiz dafür angesehen, dass der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist und nicht nur als Kapitalanleger auftritt. Angesichts der Tatsache, dass der Fortbestand einer Kapitalgesellschaft und der mit ihrer Tätigkeit verbundenen Arbeitsplätze ohnehin weitgehend unabhängig vom Gesellschafterbestand ist, gäbe es hierfür keine Rechtfertigung. Zwar ist anzuerkennen, dass auch in einer Familientradition befindliche Unternehmen mit Gesellschaftern, die diese Mindestquote nicht erreichen, zum Erhalt von Arbeitsplätzen beitragen. Die erforderlichen Feststellungen belasten jedoch nicht nur die Finanzämter, sondern auch die Gesellschaften. Bei Einbeziehen von Streubesitzbeteiligungen steigt der Aufwand überproportional für die Feststellungen, inwieweit das Vermögen der Gesellschaft zum begünstigten Vermögen gehört. Die Gesellschaft muss bei ihren Dispositionen stets auch mögliche steuerschädliche Folgen für ihre Gesellschafter berücksichtigen. Es erscheint daher sinnvoll, eine Mindestbeteiligungsquote einzuführen, die Nutzen und Aufwand in einem vernünftigen Maß hält. In sog. Familien-Kapitalgesellschaften, deren Anteile über mehrere Generationen hinweg weitergegeben wurden, erreichen die Anteile der einzelnen Familiengesellschafter häufig nicht mehr die Mindestbeteiligungsquote. Die Unternehmensgründer oder die Nachfolger haben aber häufig dafür gesorgt, dass die Anteile nicht beliebig veräußert werden können und der bestimmende Einfluss der Familie erhalten bleibt. Deren Unternehmensgrundsätze und unternehmerische Praxis bilden ein deutliches Gegengewicht zu Publikumsgesellschaften und erzielen weit mehr Beschäftigungswirkung. Daher erscheint es angebracht, solche Anteile in die Stundungsregelung einzubeziehen.

Eine einheitliche Stimmrechtsausübung bedeutet, dass die Einflussnahme einzelner Anteilseigner zum Zwecke einer einheitlichen Willensbildung zurücktreten muss. Dies ist in unterschiedlicher Weise geregelt. Neben der Möglichkeit zur gemeinsamen Bestimmung eines Sprechers oder eines Aufsichts- oder Leitungsgremiums kann die einheitliche Stimmrechtsausübung auch dadurch erreicht werden, dass einzelne Anteilseigner auf ihr Stimmrecht verzichten oder die Anteile von vornherein stimmrechtslos sind. Voraussetzung für die Einbeziehung der Anteile in die Entlastung ist daher nicht, dass der konkrete Anteil ein Stimmrecht einräumt. Ferner ist nicht erforderlich, dass die Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft ausschließlich durch Anteilseigner (Familienmitglieder) erfolgt. Aufgrund früherer Verfügungen werden häufig andere Personen mit unternehmerischem Sachverstand und Vertreter der Arbeitnehmer einbezogen.

Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber völliges Neuland betreten. Auf Vorbilder in anderen (Steuer-)Gesetzen konnte er nicht zurückgreifen. Die amtliche Gesetzesbegründung ist vergleichsweise kurz und beschränkt sich zudem auf einzelne Teile der Regelung. Das zentrale Tatbestandsmerkmal der Verfügungsbeschränkung wird in den Gesetzesmaterialien überhaupt nicht angesprochen.

Im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2016[3] ist die Regelung unverändert geblieben.

 

Rz. 140

Die FinVerw hat zu der Neuregelung wiederholt (und vergleichsweise ausführlich) Stellung genommen.[4] Allerdings sind die Stellungnahmen der FinVerw für die Gestaltungspraxis nur von begrenztem Nutzen, da diese zum Teil ihrerseits unklar bzw. widersprüchlich sind. Zudem sind die Gerichte an diese Ausführungen nicht gebunden.

 

Rz. 141

Der BFH musste bislang nur ein einziges Mal über eine Poolvereinbarung entscheiden.[5] Im Übrigen gibt es bislang nahezu keine Rspr. zu den Poolvereinbarungen.[6]

 

Rz. 142

Die Rechtslage war und ist daher unsicher. Darauf muss sich die Gestaltungspraxis einstellen.

 

Rz. 143–144

einstweilen frei

[1] Dort § 28a Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG-E; BR-Drs. 778/06.
[3] BGBl I 2016, 2464, BStBl I 2016, 1202.
[4] Zuletzt in R E 13b.6 Abs. 3 ErbStR 2019 und R E 13a.17 ErbStR 2019.
[5] Grundlegend BFH v. 20.2.2019, II R 25/16, BStBl II 2019, 779, GmbHR 2019, 844, BFH/NV 2019,...

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