Rz. 12a

Das BVerfG-Urteil beurteilt die Verschonung beim Übergang von Betriebsvermögen mit einem verfassungsrechtlich eher großzügigen Maßstab. Der Gesetzgeber darf grundsätzlich auch eine Steuerverschonung von 85 % oder gar 100 % vorsehen. Im Grundsatz verfassungskonform ist eine Verschonung ohne Bedürfnisprüfung, soweit es sich um Erwerbe kleiner und mittlerer Unternehmen handelt. Nicht beanstandet hat das BVerfG auch die – im BFH-Vorlagebeschluss[1] als "unverhältnismäßig kurz" gerügten – Behaltensregelungen von 5 bzw. 7 Jahren (§ 13a Abs. 5 S. 1 bzw. Abs. 8 Nr. 2 ErbStG). Mit eingehender Begründung hat das BVerfG schließlich auch das in § 13b Abs. 1 ErbStG umschriebene begünstigte Vermögen und insbesondere für Anteile an Kapitalgesellschaften die Mindestbeteiligungsquote von 25 % gebilligt.[2] Die Verschonungsregelungen bedürfen deshalb auch künftig, sofern sich nicht der Gesetzgeber zu einer Korrektur durchringt, keiner rechtsformneutralen Ausgestaltung.[3] Das Credo des BFH-Vorlagebeschlusses[4], die Verschonungsregelungen des ErbStG machten in verfassungswidriger Weise die steuerliche Freistellung zur Regel und die Besteuerung zur Ausnahme, hat das BVerfG nicht erhört und ein solches Regel-Ausnahmeverhältnis als grundsätzlich verfassungsgemäß erkannt (dazu auch Rz. 23).

Verfassungswidrig sind §§ 13a und 13b ErbStG deshalb, weil nach bisheriger Rechtslage

  • die Verschonung unentgeltlicher Erwerbe von Betriebsvermögen, soweit es sich nicht um kleine oder mittlere Unternehmen handelt, ohne Bedürfnisprüfung erfolgt;
  • Betriebe mit nicht nur "einigen wenigen Beschäftigten" von der Lohnsummenpflicht befreit sind und
  • Verwaltungsvermögen mit einer Quote bis zu 50 % bzw. 10 % begünstigt ist.

Für die Neuregelung hatte das BVerfG eine Frist bis zum 30.6.2016 gesetzt. Eine gesetzliche Neuregelung ist jedoch erst durch das Gesetz vom 9.11.2016

[5] erfolgt. Die Kommentierung der im einzelnen geänderten Vorschriften der §§ 10, 13a13d, 19, 28 und 28a erfolgt ebenda.

[3] Vgl. dazu die eindringliche Kritik von Piltz, DStR 2015, 97/99 f.
[5] Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rspr. des BVerfG v. 4.11.2016, BGBl I 2016, 2464.

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