Entscheidungsstichwort (Thema)

DBA-Belgien: Eintritt der Finalität im Sinne der sog. finalen Verluste bereits mit Beendigung der aktiven Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Voraussetzungen des § 46 FGO sind Sachentscheidungsvoraussetzungen, so dass die Klage auch in die Zulässigkeit hineinwachsen kann. Entscheidend ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.

2. Die Finalität im Sinne der sog. finalen Verluste tritt bereits mit der Beendigung der aktiven Tätigkeit ein, denn ab diesem Zeitpunkt kann der Steuerpflichtige keine positiven Einkünfte mehr im Ausland erzielen.

3. Die im Inland als finale Verluste zu berücksichtigenden Verluste werden nach deutschem Recht ermittelt. Hierbei entsteht für das Gericht das Problem, dass ggf. sehr lange Zeiträume nach deutschem Steuerrecht aufgearbeitet werden müssen, denn die Finanzämter haben die Bereiche, die bisher steuerrechtlich ausschließlich einen anderen Mitgliedstaat betroffen haben, nicht eingehend überprüft. Insofern ist das Gericht auf die Mitwirkung des Steuerpflichtigen angewiesen, die Regelung des § 90 Abs. 2 AO erhält in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung.

4. Eine Einlage ist gemäß §§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG, 7 Satz 1 GewStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG mit dem Teilwert der Forderung, auf die verzichtet wurde, im Zeitpunkt der Zuführung zu bewerten. Soweit die Forderung im Zeitpunkt des Verzichts nicht (mehr) werthaltig war, bleibt es bei der durch den Wegfall der Verbindlichkeit ausgelösten Gewinnerhöhung. Hatte die Darlehensgeberin bereits vorher eine Teilwertberichtigung in der Höhe vorgenommen, auf die sie später verzichtet, spricht eine Vermutung dafür, dass die Forderung in dieser Höhe auch im Zeitpunkt des Verzichts nicht werthaltig gewesen ist, so dass der Teilwert 0 € beträgt.

5. Im Rahmen der Ermittlung des finalen Verlustes muss ggf. auch eine Korrektur für in den Vorjahren stattgefundene verdeckte Gewinnausschüttungen vorgenommen werden.

6. Im Streitfall konnte offen bleiben, ob der Steuerpflichtige einen höheren Verlust im Inland im Rahmen von finalen Verlusten erklären kann, als ihm nach ausländischem Recht im Ausland entstanden ist, bzw. ob solche Aufwendungen, die der ausländische Staat aus Rechtsgründen nicht berücksichtigt hat, im Inland zu berücksichtigen sind.

7. Sieht der Staat der ausländischen Betriebsstätte keine Möglichkeit des Verlustrücktrages vor, so scheitert die Verlustberücksichtigung im Inland bereits aus Rechtsgründen.

 

Normenkette

FGO § 46; DBA-Belgien Art. 6-7, 13, 23; AEUV Art. 49, 54

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Klägerin Verluste im Zusammenhang mit der Vermietung eines Grundstücks in Belgien entstanden sind, die in Deutschland als finale Verluste zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin wurde am ... 1990 gegründet. Ihr Stammkapital beträgt ... €. Alleinige Gesellschafterin ist die Kommanditgesellschaft A ... -Gesellschaft m. b. H. & Co., an der als einzige Kommanditistin die Versicherung-1 ... beteiligt ist. Die Klägerin gehört damit zur B Gruppe. Hierbei handelt es sich um einen Gleichordnungskonzern.

Gegenstand der Klägerin ist der Erwerb, die Verwaltung und der Handel mit Grundbesitz sowie die Entwicklung und Baubetreuung von Gebäuden im Inland und europäischen Ausland sowie die Beteiligung an anderen Gesellschaften mit gleichem oder ähnlichem Gegenstand. Im Inland entfaltete die Klägerin keine wesentlichen Aktivitäten.

Die Klägerin erwarb am ... 1990 ein bebautes Grundstück in Belgien (X-Straße ..., C), welches sie vermietete. Das Gebäude hat eine Bruttogeschossfläche von 2.145 qm und befindet sich in zentraler Lage im Stadtteil ... In der Immobilie "YY" hatten verschiedene Organisationen und Verbände - vorwiegend aus dem Bereich des Mittelstandes - ihre Büros. Zum Beispiel verfolgt auch der D e.V. durch seine Büros im "YY" die Interessen des ... in der Europäischen Union.

In den Mietverträgen wurde jeweils die deutsche Anschrift der Klägerin aufgeführt. Alle Mietverträge, auch solche mit einem deutschen Vertragspartner, wurden in französischer Sprache verfasst. Bei allen Mietern waren dieselben Konditionen vereinbart. Nach einem zum Stichtag ... 2006 in Auftrag gegebenen Wertgutachten lag die vereinbarte Miete unterhalb der möglichen Verkehrsmiete. Unterzeichnet für die Klägerin hatte jeweils der Verwalter des Objekts, Herr E. Diesem war durch den Hausverwaltungsvertrag vom ... 1993 die Vollverwaltung der Immobilie übertragen worden. Dieser Hausverwaltungsvertrag wurde zunächst schriftlich und dann mündlich verlängert. Hiernach war der Verwalter verpflichtet, die Vermietung der freien Büroräume und Abstellplätze durchzuführen. Außerdem übernahm er die Mietbetreuung und die Vergabe von Instandhaltungsaufträgen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Vertrag verwiesen. Der Verwalter zahlte nach dem Wertgutachten zum ... 2006 keine Miete für seine in der streitigen Immobilie genutzten Räume.

Durch Kreditvereinbarung vom ... 1990 gewährte die Gesellschafterin der Klägerin ihr eine Kreditlinie bis zu ...

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