Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten – Voraussetzung der Erwerbstätigkeit beider Elternteile – Vermögensverwaltung als Erwerbstätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die bloße Vermögensverwaltung durch einen Elternteil in Gestalt der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen sowie aus privaten Veräußerungsgeschäften stellt keine Erwerbstätigkeit i.S.d. § 4f EStG dar.
  2. Die gesetzlichen Vorschriften zur Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten im Jahr 2008 genügten den verfassungsrechtlichen Anforderungen (Anschluss an BFH-Urteil vom 05.07.2012 III R 80/09, BStBl II 2012, 816).
  3. Eine „größere Zahl minderjähriger Kinder” i.S.d. BFH-Urteils vom 05.07.2012 III R 80/09, BStBl II 2012, 816, die eine steuerliche Berücksichtigung der Betreuungskosten zwingend erforderlich machen würde, ist bei einer Anzahl von drei Kindern mangels einer untypischen besonderen Betreuungssituation noch nicht erreicht.
 

Normenkette

EStG 2008 §§ 4f, 9 Abs. 5 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 5 S. 1, Nr. 8

 

Streitjahr(e)

2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.11.2013; Aktenzeichen III R 18/13)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Abzugsfähigkeit von Betreuungskosten für die unter dreijährigen Kinder der Kläger.

Die Kläger sind Eheleute, die im Veranlagungszeitraum 2008 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind. Der Kläger erzielte im Streitjahr als Rechtsanwalt und Steuerberater Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Die Klägerin, eine ausgebildete Ärztin, war im Streitjahr nicht erwerbstätig. Beide Kläger erzielten im Streitjahr Einnahmen aus Kapitalvermögen, die unterhalb des Sparerfreibetrags lagen, sowie negative Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2008 machten die Kläger für ihre Kinder „A” (geboren 10.12.2004), „B” (geboren am 29.06.2006) und „C” (geboren am 15.12.2007) Kinderbetreuungskosten i.H.v. insgesamt 6.828,52 Euro geltend, die sich wie folgt zusammensetzten:

Kindergartenbeitrag für „A” (01-07/2008)

1.400 Euro

Kindergartenbeitrag für „A” (08-12/2008)

925,00 Euro

Privater Vorschulkindergarten

661,50 Euro

Kosten Au-Pair

3.842,02 Euro

Die Kosten für das Au-Pair setzten sich wiederum wie folgt zusammen:

Barvergütung laut Vertrag

980,00 Euro

Sachbezug für Unterkunft

668,10 Euro

Kosten für Verpflegung

810,80 Euro

Übernahme der Fahrtkosten des Au-Pairs

136,22 Euro

Versicherung

124,00 Euro

Vermittlungsgebühr

560,00 Euro

E-Mail-Anschluss etc.

393,40 Euro

Sprachkurs

115,00 Euro

Erteilung Aufenthaltserlaubnis

50,00 Euro

Parkhaus Flughafen

4,50 Euro

Die Kläger legten einen Au-Pair-Vertrag vom 06.06.2008 vor, mit dem sie sich verpflichtetet hatten, ab dem 20.07.2008 ein Au-Pair für Hausarbeit/Kinderbetreuung bei freier Verpflegung aufzunehmen, ihr für die Dauer des 12-monatigen Aufenthalts ein Taschengeld i.H.v. 260 Euro pro Monat zu zahlen, für sie eine Krankenversicherung abzuschließen, die Kosten der Verlängerung des Visums sowie für einen Sprachkurs und die Fahrtkosten dorthin zu tragen.

Mit Bescheid vom 28.08.2009 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2008 auf 49.222 Euro fest. Dabei berücksichtigte er als Sonderausgaben Kinderbetreuungskosten i.H.v. 1.550 Euro. Zur Begründung führte er aus, dass für Kinder, die das dritte Lebensjahr nicht vollendet haben, Kinderbetreuungskosten nicht anerkannt werden könnten. Auch eine Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung komme nicht in Betracht, weil die Kläger Kindergeld beziehen würden.

Die Kläger legten am 21.09.2009 Einspruch ein, mit dem sie u.a. den Abzug der erklärten Kinderbetreuungskosten begehrten.

Mit Schreiben vom 08.10.2009 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass nur „A” die gesetzlichen Anforderungen an das Alter des betreuten Kindes erfülle, so dass nur die auf ihn entfallenden Kinderbetreuungskosten, also die Kindergartenbeiträge, berücksichtigt werden könnten. Die Aufwendungen für den privaten Vorschulkindergarten und die Au-Pair-Kraft seien auf die anderen Kinder zu verteilen und folglich nicht abzugsfähig, weil die anderen beiden Kinder wegen ihres Alters nicht die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen würden. Außerdem könnten die Aufwendungen für die Au-Pair-Kraft nur zur Hälfte berücksichtigt werden, weil die Leistungen laut Vertrag für Hausarbeit und Betreuung gezahlt würden.

Daraufhin trugen die Kläger vor, dass die Vorschrift über die Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten bei Kindern unter drei Jahren verfassungswidrig sei. Ein erwerbstätiges Ehepaar, das beispielsweise zu 20 % und zu 40 % – zusammen also zu 60 % – erwerbstätig sei, könne die Kinderbetreuungskosten voll steuerlich geltend machen. Bei einem Ehepaar, bei denen ein Ehepartner zu 100 % und der andere Ehepartner gar nicht erwerbstätig sei, sei hingegen keine Berücksichtigung möglich. Insofern fehle es an einer sachgerechten Differenzierung.

Des Weiteren habe ihr Au-Pair keine Hausarbeit verrichtet. Die Kinderbetreuung durch das Au-Pair dürfte bei sachgerechter Schätzung auf alle Kinder zu ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge