Entscheidungsstichwort (Thema)

Gutschrift für Arbeitnehmer aufgrund einer stillen Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers als Arbeitslohn

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Gewährt ein Arbeitgeber im Gegenzug für die Zustimmung zur gewinnabhängigen Variabilisierung der tariflich geschuldeten Sonderzahlungen seinen Arbeitnehmern eine Gutschrift zum Erwerb einer stillen Beteiligung an dem Beschäftigungsunternehmen, so fließt den Arbeitnehmern im Zeitpunkt der Gutschrift Arbeitslohn in dieser Höhe zu.
  2. Durch die mit einem eigenen unentziehbaren Anspruch auf den Gewinnanteil verbundene Gutschrift auf dem Beteiligungskonto geht die wirtschaftliche Verfügungsmacht in Höhe des gutgeschriebenen Betrages auf die Arbeitnehmer über.
  3. Der gewährte Vermögensvorteil ist mangels unentgeltlicher oder verbilligter Überlassung nicht gemäß § 19a EStG steuerfrei.
 

Normenkette

EStG § 11 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 19 a Abs. 1, § 38 a Abs. 1 S. 3, § 42d Abs. 1 Nr. 1; LStDV § 2 Abs. 1; AO § 191 Abs. 1; HGB § 230

 

Streitjahr(e)

2001, 2002, 2003

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.02.2010; Aktenzeichen VI R 47/08)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Sie betreibt eine Druckerei und entstand im Jahr 1999 durch die Verschmelzung der Fa. A GmbH und der Firma B.

Im Jahr 2000 beauftragte die Klägerin eine Unternehmensberatung, ein Strategie- und Restrukturierungskonzept zur Sicherung des Unternehmens zu erstellen (vgl. Gutachten Juli 2000 Blatt 63 ff der Gerichtsakte). Ausweislich Seite 38 dieses Konzeptes (vgl. Blatt 100 der Gerichtsakte) sollten seinerzeit die Mitarbeiter der Klägerin als teilweisen Ausgleich bzw. zur Hebung der Motivation eine stille Beteiligung erhalten, wobei der Grundstock in Höhe von 1000,- DM über eine Schenkung des Unternehmens erfolgen sollte (3 Jahre á 333,- DM). Die Mindestverzinsung sollte 5% betragen, die Maximalverzinsung 100%, maximal aber 10% des Unternehmensgewinns.

Die Klägerin schrieb wegen ihrer Liquiditätsprobleme ihre Arbeitnehmer wie folgt an (vgl. Blatt 38 der Gerichtsakte):

„...wie Ihnen bereits bekannt ist, haben wir durch den Zahlungsausfall der Fa. E in Höhe von ca. 2,2 Millionen DM ein Liquiditätsproblem bei uns im Hause......

Um dieses Liquiditätsproblem zu beheben, möchten wir Sie bitten, Ihre Zustimmung zur Variabilisierung von Urlaubsgeld und Jahressonderzahlung über einen Zeitraum von 3 Jahren zu geben. Das heißt:

Die Zahlungen fallen während dieses Zeitraums nicht weg, sondern werden je nach Liquiditätslage anteilig oder voll ausgezahlt...

Nach Ablauf der drei Jahre wird die Auszahlung wieder gemäß Tarifvertrag erfolgen, evtl. noch ausstehende Beträge werden als „Mitarbeiterguthaben” berücksichtigt und vorrangig ausgezahlt.

Als Ausgleich erhalten die Mitarbeiter eine Stille Beteiligung, wobei der Grundstock in Höhe von 1.000 DM über eine Schenkung durch das Unternehmen erfolgt. ...

Anlage: Individualvertragliche Ergänzung zum Arbeitsvertrag”

Mit jedem Arbeitnehmer, der dieser Variabilisierung durch eine individualvertragliche Ergänzung zum Arbeitsvertrag zustimmte, wurde zusätzlich eine schriftliche „Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung” abgeschlossen, mit folgendem auszugsweisen Inhalt (vgl. Vereinbarung vom 22.03.2001 mit F als Musterbeispiel; vgl. Protokoll des Erörterungstermins vom 13.06.2007 Blatt 43 der Gerichtsakte):

„Vereinbarung über eine stille Mitarbeiterbeteiligung

§ 1 Stille Gesellschaft, Einlage

(1) A bietet Mitarbeitern die Möglichkeit, über eine stille Beteiligung gegen Einlage am Unternehmenserfolg teilzunehmen. Insgesamt können die Mitarbeiter DM 350.000 Einlagen übernehmen. Ein Grundstock von je DM 1000 wird über vier Jahre verteilt und von A zur Verfügung gestellt. Dies vorausgeschickt...

(2) A schreibt jeweils mit Wirkung zum Jahresende Herrn F in den Jahren 2001, 2002 und 2003 DM 300 und im Jahr 2004 100 DM auf die Beteiligung gut. Diese Beträge sind ab dem Geschäftsjahr der Gutschrift gewinnberechtigt.

(3) Herr F kann die stille Beteiligung durch Einzahlung um bis zu weitere DM 1.000 auf 2.000 aufstocken...

§ 2 Gewinnermittlung und -verteilung

(1) Für die Gewinnbeteiligung der stillen Gesellschafter ist von dem Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag auszugehen, der sich ergibt...

(3) Der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters für jedes Geschäftsjahr beträgt mindestens 5% (fixer Anteil)und höchstens 100% (variabler Anteil) seiner Einlage. Der Mindestgewinnanteil von 5% wird unabhängig von der Höhe des verteilungsfähigen Gewinns garantier. Eine Beteiligung am Verlust findet nicht statt.

§ 3 Informations- und Kontrollrechte

(1) Der stille Gesellschafter kann, auch zusammen mit anderen stillen Gesellschaftern, den Jahresabschluss von einem durch ihn zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer auf eigene Kosten prüfen lassen. ..

(2) Weitergehende Informations- und Kontrollrechte stehen dem stillen Gesellschafter nicht zu.

§ 4 Laufzeit, Beendigung der stillen Beteiligung

(1) Die stille Beteiligung wird auf unbestimmte Dauer eingegangen.

(2) Die stille Beteiligung kan...

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