rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtliche Überprüfung der Bewertung der Steuerberaterprüfung nur eingeschränkt möglich. Verböserungsverbot hindert nicht die abweichende Punktevergabe im Rahmen des Überdenkungsverfahrens.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Prüfungsspezifische Bewertungen im Rahmen der Steuerberaterprüfung sind gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob die Prüfungsbehörde Verfahrensfehler begangen, anzuwendendes Recht verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich an sachfremden Erwägungen orientiert hat. Der Grundsatz der Chancengleichheit verbietet darüber hinaus die isolierte Betrachtung von Prüfungsnoten; prüfungsspezifische Bewertungen sind im Gesamtkontext des Prüfungsverfahrens zu treffen.

2. Führen die Einwendungen des Prüflings gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen im verwaltungsinternen Kontrollverfahren nicht zu einer Änderung seines Prüfungsergebnisses, so hat das Gericht in dem betreffenden Klageverfahren nur noch eine (zusätzliche) Rechtmäßigkeitskontrolle der Prüfungsentscheidungen vorzunehmen.

3. Die Befangenheit eines Prüfers ist nicht bereits deshalb zu besorgen, weil er – neben verschiedenen weiteren Berufsangehörigen – in der Wohnsitzgemeinde des Prüflings als selbständiger Steuerberater niedergelassen ist.

4. Die Prüfer sind durch das Verböserungsverbot nicht gehindert, bei der Bewertung einer Klausur bereits zuerkannte Punkte im Rahmen des Überdenkungsverfahrens wieder abzuerkennen, solange sich dadurch die für die jeweilige Aufsichtsarbeit vergebene Note nicht verschlechtert.

5. Abweichende Punktevergaben durch Zuschläge und Abschläge im Rahmen der umfassenden Bewertung einer Klausur im Überdenkungsverfahren sind Ausdruck des intensiven Befassens mit den schriftlichen Leistungen des Prüflings und kein Indiz für gewichtige prüfungsrelevante Fehler der Prüfer.

6. Das Punkteschema ist keine geeignete Grundlage zur Erzwingung der Vergabe einzelner Punkte.

7. Die Prüfungskommission ist nicht verpflichtet, schriftliche Notizen, die der Prüfling insbesondere im Rahmen der Vorbereitung des Kurzvortrags gefertigt hat, aus Gründen der Beweisvorsorge zu den Prüfungsakten zu nehmen.

 

Normenkette

GG Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 3 Abs. 1; StBerG § 164a Abs. 1; StBerGDV § 29 Abs. 1, § 24 Abs. 3; AO §§ 83-84

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Der Kläger nahm im Zuge seines Erstantrages an der Steuerberaterprüfung 2004 teil. Bei der schriftlichen Prüfung erzielte er in der ersten Aufsichtsarbeit (Verfahrensrecht und

andere Steuerrechtsgebiete) die Note 4,5. Im Hinblick auf die zweite Aufsichtsarbeit (Ertragsteuern) vergaben die Prüfer zunächst 51 Punkte (Herr B) sowie 47 Punkte (Herr C) und bewerteten die Arbeit dementsprechend mit der Note 4,0. Bei der dritten Aufsichtsarbeit (Buchführung und Bilanzwesen) vergaben die Prüfer 43 Punkte (Herr D) und 41 Punkte (Herr E) mit der Folge, dass die Note ebenfalls 4,5 betrug. Im Hinblick auf die Gesamtnote 4,33 ([4,5 + 4,0 + 4,5]: 3) wurde der Kläger zur mündlichen Prüfung zugelassen.

Am 22. Februar 2005 vergab die Prüfungskommission für den Vortrag des Klägers die Note 4,5. Gleichermaßen bewertete die Kommission den ersten und sechsten Prüfungsabschnitt mit 4,5, den zweiten und vierten Prüfungsabschnitt mit 4,0, den dritten Prüfungsabschnitt mit 5,0 und den fünften Prüfungsabschnitt mit 3,0. Im Hinblick auf die Notensumme der mündlichen Prüfung (29,50) und den Durchschnitt in der mündlichen Prüfung (29,50: 7 = 4,21) ergab sich eine Endnote in Höhe von ([4,33 + 4,21]: 2 =) 4,27, die den kritischen Punktwert von 4,15 überstieg. Dementsprechend entschied der Prüfungsausschuss, dass der Kläger die Prüfung nicht bestanden habe, und gab dem Kläger die Entscheidung mündlich bekannt. Ausweislich des Prüfungsprotokolls begründete der Vorsitzende die Entscheidung der Prüfungskommission.

Nach Klageerhebung beantragte der Kläger bei dem Beklagten das Durchführen des Überdenkungsverfahrens. In diesem Zusammenhang führte der Kläger im Hinblick auf die zweite Aufsichtsarbeit (Ertragsteuern) eine Vielzahl von Einzelpunkten auf, die nach seiner Einschätzung zu einer Vergabe weiterer Wertungspunkte hätten führen müssen. Statt 51,0 Punkten (Herr B) und 47,5 Punkten (Herr C) hätten die Prüfer insgesamt 62,5 Punkte vergeben müssen. In vergleichbarer Weise monierte der Kläger zahlreiche Einzelaspekte im Hinblick auf die mündliche Prüfung. Nach Auffassung des Klägers hätten die Prüfer seine Leistungen auch insofern deutlich besser bewerten müssen.

Die Prüfer nahmen im Rahmen des Überdenkungsverfahrens ausführlich Stellung. Allerdings vertrat Herr B in einem Vermerk vom 03.05.2005, den er im Namen der Korrektoren Herr B, Herr C und Frau F gefertigt hatte, die Auffassung, dass im Ergebnis die zweite Aufsichtsarbeit (Ertragsteuern) nicht besser als mit 4,0 (45,0-52,5 Punkte) zu bewerten sei. Teilweise seien bei der Erstkorrektur zu Unrecht...

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