rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein prozessualer Anspruch auf Erstattung von Kosten des Überdenkungsverfahrens i. R. d. Steuerberaterprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei dem in § 29 der Durchführungsverordnung zum Steuerberatungsgesetz (DVStB) geregelten Überdenkungsverfahren im Rahmen der Steuerberaterprüfung handelt es sich nicht um ein außergerichtliches „Vorverfahren” im Sinne des § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO, für das eine Erstattung von Kosten in Betracht kommen kann.

 

Normenkette

FGO § 139 Abs. 3 S. 3; DVStB § 29

 

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

 

Tatbestand

Durch mündlichen Prüfungsbescheid vom 16. Februar 2007 teilte der Beklagte dem Kläger mit, die Steuerberaterprüfung insgesamt nicht bestanden zu haben. Mit Schriftsatz vom 15. März 2007 erhob der Kläger daraufhin Klage. In einem Schreiben vom 14. März 2007, das der Kläger unmittelbar an den Beklagten gerichtet hatte, bat er das Ministerium um Bekanntgabe der tragenden Gründe der Entscheidung der Prüfungskommission. Nach Eingang der schriftlichen Begründung werde er weitere begründete Einwendungen im Überdenkungsverfahren vortragen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 09. Dezember 2009 hob der Beklagtenvertreter den Prüfungsbescheid vom 16. Februar 2007 auf und ließ den Kläger erneut im Rahmen der ersten Wiederholungsprüfung zur mündlichen Prüfung zu. Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Durch Beschluss vom 09. Dezember 2009 hat der Vorsitzende die Kosten des Verfahrens dem Beklagten auferlegt.

Der Kläger geht davon aus, dass die Gebühren und Auslagen im Hinblick auf das Überdenkungsverfahren ebenfalls erstattungsfähig sind. Nach seiner Auffassung ist dieses Verwaltungsverfahren als Vorverfahren wie ein Einspruchsverfahren einzuordnen. Selbst wenn das prüfungsrechtliche Überdenkungsverfahren kein formelles Widerspruchsverfahren darstelle, handele es sich im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) um einen notwendigen Bestandteil des effektiven Grundsrechtschutzes.

Der Kläger beantragt,

im Hinblick auf das Überdenkungsverfahren die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

den Antrag abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen des § 139 Abs. 3 Satz 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht erfüllt. Bei dem in § 29 der Durchführungsverordnung zum Steuerberatungsgesetz (DVStB) geregelten Überdenkungsverfahren handelt es sich nicht um ein außergerichtliches Vorverfahren im Sinne des § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Ein derartiges Vorverfahren wäre nur zu bejahen, wenn das Verwaltungsverfahren unmittelbar einem Klageverfahren vorangegangen ist. Nach der Systematik der Finanzgerichtsordnung betrifft § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO die außergerichtlichen Rechtsbehelfe im Sinne des § 44 Abs. 1 FGO. Hierunter fällt das in der DVStB geregelte Überdenkungsverfahren aber nicht (ebenso: Finanzgericht Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, Beschluss vom 24.02.1998 – 4 K 34/96, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 830 [831 f.]; Finanzgericht Münster, Beschluss vom 21.09.2004 – 7 K 1707/04 StB, EFG 2006, 530; Brandis, in: Tipke/Kruse, FGO, Stand: 121. Lieferung [Oktober 2009], § 139 Rdnr. 126; anderer Ansicht: Goez/Weiner, Information über Wirtschaft und Steuern [INF] 2005, 797 [800]).

Das Überdenkungsverfahren gemäß § 29 DVStB stellt in formeller Hinsicht keinen außergerichtlichen Rechtsbehelf im Sinne des § 44 Abs. 1 FGO dar. Ein derartiges Vorverfahren ist nur anzunehmen, wenn ein außergerichtlicher Rechtsbehelf ein Verwaltungsverfahren einleitet, das dem eigentlichen Klageverfahren unmittelbar vorangeht (vgl. Steinhauff, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: 205. Lieferung [Dezember 2009], § 44 FGO Rdnr. 42). Dies ist für das in § 29 DVStB geregelte Verfahren zu verneinen. Denn ein Prüfling muss unmittelbar gegen die Prüfungsentscheidung Klage erheben. Ein außergerichtliches Vorverfahren ist in diesem Zusammenhang gerade nicht vorgesehen, § 348 Nr. 3 Abgabenordnung (AO). Bei Prüfungsentscheidungen im Rahmen der Steuerberaterprüfung hat der Gesetzgeber bewusst auf eine nochmalige dem Klageverfahren vorgelagerte Selbstkontrolle der Verwaltung verzichtet. Dieser Verzicht erscheint in diesen Fällen sachgerecht im Hinblick auf die bei den Landesbehörden zu unterstellende Qualifikation. Zudem würde ein zwingend durchzuführendes Vorverfahren bei allen Prüfungsfragen betreffenden Klageverfahren in einer beachtlichen Anzahl von Fällen die finanzgerichtliche Entscheidung unnötig hinauszögern (vgl. hierzu: Steinhauff, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: 205. Lieferung [Dezember 2009], § 44 FGO Rdnr. 262). Aus diesem Grunde sieht die Durchführungsverordnung zum Steuerberatungsgesetz lediglich in geeigneten Fällen vor, auf Antrag des Prüflings das Überdenkungsverfahren einzuleiten. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob man die Regelung in § 29 Abs. 1 Satz 2 DVStB als rechtspolitisch fragwürdig oder gar als verfehlt ein...

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