Leitsatz

Aufwendungen für Fahrten eines Musiklehrers zu Orchesterproben sind nur dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn ein konkreter Zusammenhang der damit erworbenen Kenntnisse mit der Berufstätigkeit besteht.

 

Sachverhalt

Ein Förderschullehrer und Fachlehrer für Musik machte für Fahrten zu Musikproben verschiedener Sinfonieorchester in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2005 und 2006 Beträge von rd. 2.600 EUR bzw. rd. 2.400 EUR als Werbungskosten geltend. Er erklärte, es handele sich dabei um Fortbildungsaufwendungen. Auf Nachfrage des Finanzamts gab er unter Vorlage verschiedener Bescheinigungen von Orchesterleitern über seine Tätigkeit im Orchester (z. B. Satzproben in bestimmten Instrumentengruppen) u.a. an, er habe Musik studiert und sein Arbeitgeber - das Land Rheinland-Pfalz - fordere eine stetige Weiterbildung. Eine künstlerische Weiterbildung könne nur im Zusammenspiel mit gleichermaßen hoch ausgebildeten Musikern in (semi-) professionellen Ensembles erfolgen. Für die Mitwirkung in dem Orchester habe er kein Honorar bezogen.

Das Finanzamt sah die geltend gemachten Aufwendungen hingegen als nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung an und lehnte den Ansatz entsprechender Werbungskosten ab. Die Tatsache, dass er über mehrere Jahre "in großem Umfang Fahrtkosten zu Proben" und auch "zu Konzerten" geltend gemacht habe, zeige, dass ein nicht unwesentlicher privater Aspekt vorhanden sei.

 

Entscheidung

Die Klage des Lehrers hatte keinen Erfolg. Aufwendungen zum Erwerb bestimmter Kenntnisse könnten als Werbungskosten abziehbar sein, wenn ein konkreter Zusammenhang dieser Kenntnisse mit der Berufstätigkeit bestehe, erklärten die Richter. Ob dies zutreffe, sei durch Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Für die Frage einer privaten oder beruflichen Veranlassung könnten bestimmte äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen herangezogen werden.

Im vorliegenden Fall würden nahezu alle Indizien gegen eine berufliche Veranlassung sprechen. Der Lehrer habe beispielsweise keine Satzproben in bestimmten Instrumentengruppen in der Schule durchgeführt und keinen Sonderurlaub bekommen und keine Prüfungen abgelegt. Im vorliegenden Fall habe das die betreffenden Aufwendungen "auslösende Moment" auf privaten Umständen beruht, denn der Lehrer sei nach Abschluss seines Studiums weiterhin im Orchester geblieben. Einer etwaigen Verwertbarkeit seiner Kenntnisse und Fertigkeiten im schulischen Bereich komme demgegenüber allenfalls eine völlig untergeordnete Bedeutung zu.

 

Hinweis

Das FG Rheinland-Pfalz listet im Urteil bestimmte Kriterien auf, nach welchen Aufwendungen nach beruflicher oder privater Veranlassung klassifiziert werden können. Für die berufliche Veranlassung eines Lehrers, der an bestimmten Kursen oder Veranstaltungen teilnimmt, spreche nach Ansicht der Richter, dass

  • der Lehrer tatsächlich entsprechenden Unterricht an der Schule erteilt hat,
  • der Veranstalter des Lehrgangs/Kurses ein anerkannter Verband oder die Schulverwaltung ist,
  • hierfür Sonderurlaub erteilt wurde,
  • das dienstliche Interesse an der Lehrgangsteilnahme unmissverständlich bescheinigt wurde,
  • der Lehrgang mit einer Prüfung oder einem Zertifikat abgeschlossen wird,
  • die erworbenen Fähigkeiten anschließend im Lehrberuf verwendet werden können und auch sollen.
 

Link zur Entscheidung

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.04.2012, 5 K 2514/10

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