Leitsatz

Der Anspruch auf Tantiemen wird mit Feststellung des Jahresabschlusses fällig, sofern nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit vertraglich vereinbart ist.

 

Normenkette

§ 19, § 42d, § 38, § 38a EStG

 

Sachverhalt

Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der K-GmbH (K) ist G. Laut Geschäftsführerdienstvertrag erhält G zum Festgehalt noch eine innerhalb von drei Monaten nach Bilanzerstellung auszu­zahlende Gewinnbeteiligung von 50 % des Jahres­überschusses. Ks Bilanz zum 31.12.2003 wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 12.08.2004, die zum 31.12.2004 am 30.06.2005 genehmigt.

G traf mit K am 16.09.2004 eine "Vereinbarung über Gehaltsverzicht im Zusammenhang mit der Erteilung einer Pensionszusage" mit Wirkung zum 01.11.2004. G erklärte den Verzicht auf seinen Tantiemeanspruch für 2003 i.H.v. 59 000 EUR zum 01.11.2004. Zum Ausgleich dieses Verzichts erteilte K eine Pensionszusage, deren Regelung einer gesonderten Vereinbarung vorbehalten blieb. G konnte danach jedes Jahr neu entscheiden, ob und in welcher Höhe er auf Gehalt verzichtet. Am 22.09.2005 verzichtete G für 2004 i.H.v. 40 000 EUR mit Wirkung zum 01.11.2005 zugunsten der am 18.10.2004 erteilten Pensionszusage. K behandelte die Verzichtserklärungen und die entsprechende Pensionszusage als Gehaltsumwandlung in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung und führte keine LSt ab.

Das FA nahm dagegen K für nicht abgeführte LSt auf die Tantiemen des G für 2003 und 2004 in Haftung. Die Klage dagegen blieb erfolglos (FG Nürnberg, Urteil vom 12.11.2009, 4 K 1570/2008, Haufe-Index 2302979, EFG 2010, 801).

 

Entscheidung

Der BFH hob aus den unter Praxis-Hinweisen erläuterten Erwägungen die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall steht im Kontext zum am selben Tag ergangenen Urteil im Verfahren VI R 4/10 (BFH/NV 2011, 904; BFH/PR 2011, 216); auch dort ging es darum, ob Lohnbestandteile trotz Verzicht des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers darauf als zugeflossen gelten. Die dort entwickelten Rechtsgrundsätze gelten auch hier. Allerdings hat hier das FG noch eine Reihe weiterer Feststellungen zu treffen.

1. Zufluss liegt zwar grundsätzlich erst mit der ­Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht vor. Aber beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer kann ein Zufluss von Einnahmen auch früher vorliegen. Ihm fließt eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen "seine" Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu, denn ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen. Aber: Dies setzt voraus, dass sich die als zugeflossen geltenden Beträge bei der Einkommensermittlung der Kapitalgesellschaft ausge­wirkt haben.

2. Nachdem das FG nicht festgestellt hatte, ob sich die Tantiemeverpflichtungen der K in deren Bilanzen gewinnmindernd (z.B. Rückstellungen) ausgewirkt haben, konnte die Zuflussfiktion nicht greifen. Zu Unrecht hatte das FG auch die Tantiemen als zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Jahresüberschuss fällig angesehen. Denn nach den zivilrechtlich wirksamen und steuerrechtlich zu berücksichtigenden Vereinbarungen war dies erst drei Monate später der Fall. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Dreimonatsfrist nicht auch fremdüblich wäre. Denn auch ein fremder Geschäftsführer hätte sich bei sonst gleichen Umständen auf die konkrete Tantiemevereinbarung eingelassen.

3. Schließlich fehlten auch Feststellungen zum genauen Inhalt der Pensionsvereinbarung zwischen K und G vom 18.10.2004 (wechselseitige Ansprüche, Durchführungsart der Altersversorgung, steuerliche Wirksamkeit der Pensionszusage im Hinblick auf eine mögliche gesellschaftsrechtliche Veranlassung). Weiter war die Vereinbarung über den Gehaltsverzicht angesichts der dort gewählten Formulierung "mit Wirkung zum …" auslegungsbedürftig. Denn eine Auslegung als aufschiebende Befristung würde bei der Tantieme 2004 zum Zufluss bei Fälligkeit am 30.09.2005 führen. Und wenn auf den Tantiemeanspruch mit der Formulierung "zum Ausgleich" bzw. "im Gegenzug" für die Pensionszusage verzichtet wurde, könnte damit jeweils über einen fälligen oder fällig werdenden Lohnanspruch – Lohnverwendung! – verfügt worden sein. Und weil insoweit die Rechtsprechung strengere Voraussetzungen hat (BFH, Urteil vom 06.03.2008, VI R 6/05, BFH/NV 2008, 1043, BFH/PR 2008, 301) als die ­Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 17.11.2004, BStBl I 2004, 1065), verwies der BFH auch auf § 163 AO.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 03.02.2011 – VI R 66/09

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