Leitsatz

1. Erziehungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung sind mit dem Besteuerungsanteil gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG der Besteuerung zu unterwerfen. Sie unterscheiden sich von den nicht steuerbaren Schadenersatz oder Unterhaltsrenten gem. § 844 Abs. 2 BGB, weil sie auf steuerlich abziehbaren Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung beruhen.

2. Die Einbeziehung der Erziehungsrenten in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG durch das AltEinkG ist verfassungsgemäß.

 

Normenkette

§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, § 33 Abs. 4, § 47 SGB VI, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 GG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist die Mutter zweier Söhne. Ihr geschiedener Ehemann starb im Jahr 2007. Daraufhin erhielt die Klägerin eine Erziehungsrente gem. § 47 des SGB VI. Das FA besteuerte die Rente mit dem Besteuerungsanteil gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG. Die Klägerin ist demgegenüber der Auffassung, es handele sich bei der Rente um den Ersatz wegfallender Unterhaltsleistungen des verstorbenen Vaters ihrer Söhne, der – ebenso wie die Unterhaltsleistungen selbst – steuerfrei bleiben müsse. Einspruch und Klage waren erfolglos (FG des Saarlandes, Urteil vom 27.6.2011, 2 K 1599/09, Haufe-Index 2755384, EFG 2012, 625, n. Ls.).

 

Entscheidung

Auch die Revision hatte aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen keinen Erfolg.

 

Hinweis

Die Erziehungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung gehören zu den Leibrenten und sonstigen Leistungen, die gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit dem Besteuerungsanteil zu besteuern sind.

1. Die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers, nicht nach den einzelnen Rentenarten zu differenzieren, entspricht dem Sinn und Zweck der durch das AltEinkG eingeführten nachgelagerten Besteuerung der Leistungen der Basisversorgung. Nach dem Konzept der nachgelagerten Besteuerung sind die Leistungen der Basisversorgung als solche steuerbar. Zu berücksichtigen sind – wenn auch zeitlich versetzt – die Aufwendungen und Erträge, die sich aus den steuerlich entlasteten Beiträgen und den Rentenzahlungen ergeben (vgl. BFH, Urteil vom 26.11.2008, X R 15/07, BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710).

2. Dies gilt nicht nur für die Besteuerung von Alters- und Erwerbsminderungsrenten (vgl. BFH, Urteil vom 13.4.2011, X R 54/09, BFHE 233, 487, BStBl II 2011, 910), sondern auch für die Erziehungsrenten. Diese Renten beruhen ebenfalls auf den Beiträgen, die der Steuerpflichtige in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat und – soweit sie nicht bereits nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei waren – von ihm zumindest teilweise steuermindernd geltend gemacht werden konnten und können. Bei der Erziehungsrente handelt es sich trotz ihrer Einordnung unter die Renten wegen Todes nicht um eine Rente aus abgeleitetem Recht, sondern um eine Rente aus eigener Versicherung.

3. Die Erziehungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung hat zwar eine Unterhaltsersatzfunktion. Es handelt sich jedoch nicht um eine nicht steuerbare Schadenersatz- oder Unterhaltsrente gem. § 844 Abs. 2 BGB, da der Anspruch auf Zahlung der Erziehungsrente im Gegensatz diesen Renten nicht auf einem schädigenden Ereignis, das zu einer Ersatzpflicht des dafür Verantwortlichen führt, sondern auf der Mitgliedschaft des Berechtigten in der gesetzlichen Rentenversicherung beruht.

4. Hätte der Gesetzgeber die Hinterbliebenen- und die Erziehungsrenten trotz ihrer Unterhaltsersatzfunktion von der Steuerpflicht verschonen wollen, hätte er sie wie andere Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung in den Katalog der steuerfreien Einnahmen in § 3 EStG aufnehmen können, wie z.B. die Sachleistungen und Kinderzuschüsse nach § 3 Nr. 1 Buchst. b EStG. Das ist jedoch nicht geschehen.

5. Der X. Senat sieht die gesetzliche Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte, auch soweit sie die Besteuerung der Erziehungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft, mit Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung – wenig überraschend – als verfassungsgemäß an.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.8.2013 – X R 35/11

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