Leitsatz

Wohnungen, die eine Wohnungsvermietungsge­sellschaft an Dritte zur Nutzung überlässt, gehören nur zum begünstigten Vermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG 2009, wenn die Gesellschaft neben der Vermietung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Zusatzleistungen erbringt, die das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten. Auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen kommt es dabei nicht an.

 

Normenkette

§ 13b Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d, § 13a ErbStG 2009

 

Sachverhalt

Gegenstand des Betriebs der D-KG war die Verwaltung der in ihrem Eigentum stehenden 37 Wohnungen nebst Garagen. Der Kläger erbte einen Kommanditanteil an der D-KG; FA und Vorinstanz (FG Düsseldorf, Urteil vom 24.6.2015, 4 K 2086/14 Erb, Haufe-Index 8311037, EFG 2015, 1621) verweigerten im Ergebnis jeweils die Gewährung einer Vergünstigung für Wohnungsunternehmen.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass dem Kläger für den Erwerb des Anteils an der D-KG die Steuerbefreiung nach § 13a i.V.m. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG 2009 nicht zu gewähren ist.

Denn die Vermietung der Wohnungen durch die D-KG erforderte keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die Tätigkeit der D-KG war eine reine Vermietungstätigkeit und daher private Vermögensverwaltung. Denn es ist nicht festgestellt und auch nicht vom Kläger vorgebracht, dass die D-KG zu einem originär gewerblichen Charakter der Vermietung führende Sonderleistungen für ihre Mieter erbracht hatte.

 

Hinweis

Der BFH hatte über die Auslegung der erbschaftsteuerlichen Privilegierung für Wohnungsunternehmen zu entscheiden.

Bei § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG 2009 handelt es sich um eine Rückausnahme vom Grundsatz, dass der Erwerb von vermieteten Grundstücken als "Verwaltungsvermö­gen" schädlich sein soll (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG 2009). Dieser Grundsatz dient der Abwehr des sog. "Einlagemodells", d.h. der bis Ende 2008 bestehenden Möglichkeit, vermieteten Grundbesitz vor der Übertragung in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft einzubringen und so die Vergünstigungen für "Betriebsvermögen" in Anspruch zu nehmen.

Nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 16/11107, S. 12) sollten freilich Wohnimmobilien wiederum dann aus dem schädlichen Verwaltungsvermögen ausgenommen sein, wenn deren Überlassung im Rahmen eines in kaufmännischer Weise eingerichteten – d.h. wirtschaftlichen – Geschäftsbetriebs erfolgt. Damit sollte insbesondere erreicht werden, dass Wohnungsunternehmen die erbschaftsteuerrechtlichen Vergünstigungen nicht von vornherein versagt bleiben.

Der kaufmännisch eingerichtete Geschäftsbetrieb (vgl. § 1 Abs. 2 HGB) hat im Gesetz jedoch keinen Niederschlag gefunden. Eine abträgliche Nutzungsüberlassung an Dritte ist nur dann nicht anzunehmen, wenn die überlassenen Grundstücke zum Betriebsvermögen gehören und der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen besteht, dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert; das Gesetz verweist hierzu ausdrücklich auf § 14 AO.

Der Senat hat daraus den Schluss gezogen, dass der für die Annahme begünstigten Vermögens erforderliche wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nur vorliegt, wenn neben der Überlassung der Wohnungen Zusatzleistungen erbracht werden, die das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten und der Vermietungstätigkeit damit einen ori­ginär gewerblichen Charakter i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG verleihen. Auch eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG unterhält keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.d. § 14 Satz 1 AO, selbst wenn sie ertragsteuerrechtlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt.

Von einer gewerblichen Vermietungstätigkeit ist auszugehen, wenn der Vermieter bestimmte ins Gewicht fallende und nicht übliche Sonderleistungen erbringt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Räume in der mit dem Mieter vereinbarten Weise ausgestattet werden, Bettwäsche überlassen und monatlich gewechselt sowie ein Hausmeister bestellt wird. Auf die Zahl der vermieteten Wohnungen kommt es nicht an; es erfolgt kein Umschlag von Quantität in Qualität.

Soweit die Finanzverwaltung in R E 13b. 13 Abs. 3 ErbStR 2011 eine andere Auslegung vertritt, indem sie insbesondere das Vorliegen eines wirtschaft­lichen Geschäftsbetriebs regelmäßig annimmt, wenn das Unternehmen mehr als 300 eigene Wohnungen hält, folgt der Senat dieser Normeninterpretation nicht. Auch gewerberechtliche Überlegungen, ob die Vermietung von Wohnungen nur die Verwaltung und Nutzung des eigenen Vermögens oder die Ausübung eines stehenden Gewerbes darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.1.993, 1 C 25/91, NVwZ 1993, 775), spielen im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.10.2017 – II R 44/15

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