In Zeile 1 ist der Todestag des Erblassers einzutragen. Die Steuer entsteht bei einem Erwerb von Todes wegen grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers.

Darüber hinaus gibt es noch abweichende Entstehungszeitpunkte (s. hierzu § 9 Abs. 1 ErbStG), z. B.:

  1. Für den Erwerb des unter einer aufschiebenden Bedingung, unter einer Betagung oder Befristung Bedachten sowie für zu einem Erwerb gehörende aufschiebend bedingte, betagte oder befristete Ansprüche entsteht die Steuer mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses.
  2. Beim Pflichtteilsanspruch entsteht die Steuer erst mit der ernsthaften Geltendmachung. Wird vom Berechtigten die Geltendmachung nicht vorgenommen, kommt es zu keiner Besteuerung. Bei der Geltendmachung kommt es nicht auf die Bezifferung an, wie auch nicht auf die Erfüllung der Geldschuld.

     
    Praxis-Beispiel

    Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs

    Erblasser E, der seine Tochter enterbte, verstirbt am 1.9.2019. Die Tochter macht ihren Pflichtteilsanspruch i. H. v. 880.000 EUR am 1.12.2019 gegenüber dem Erben geltend.

    Lösung: Die Erbschaftsteuer entsteht für die Tochter erst mit der Geltendmachung ihres Pflichtteilsanspruchs, d. h. am 1.12.2019.

    Wird der richtige Zeitpunkt für die Geltendmachung gewählt, kann damit die 10-Jahresfrist des § 14 ErbStG (bzw. die dort vorgesehene Zusammenrechnung) vermieden werden. Bei der Berechnung der Zehnjahresfrist des § 14 ErbStG ist zu beachten, dass eine Rückwärtsberechnung vorzunehmen ist. Dabei ist nach der Finanzverwaltung der Tag des letzten Erwerbs miteinzubeziehen.[1]

     
    Praxis-Beispiel

    Umgehung der Zusammenrechnung

    Erblasser E, der seine Tochter enterbte, verstirbt am 1.2.2022. Die Tochter macht ihren Pflichtteilsanspruch i. H. v. 880.000 EUR am 1.2.2023 gegenüber dem Erben geltend. T hat schon am 1.2.2013 von E eine Zuwendung i. H. v. 400.000 EUR erhalten.

    Lösung

    a) Lebzeitige Zuwendung

    In 2013 ergibt sich aufgrund des persönlichen Freibetrags i. H. v. 400.000 EUR keine steuerliche Belastung.

    b) Zeitpunkt der Geltendmachung

    Die Erbschaftsteuer entsteht für die Tochter erst mit der Geltendmachung ihres Pflichtteilsanspruchs, d. h. am 1.2.2023.

    Hier ist aber zu beachten, dass beide Erwerbe zusammenzurechnen sind, was zu einer erhöhten steuerlichen Belastung führt.

    Wartet T dagegen die Zehnjahresfrist des § 14 ErbStG ab, d. h. sie macht bspw. ihren Pflichtteil am 3.3.2023 geltend, dann wird nur dieser Erwerb allein – ohne die lebzeitige Zuwendung – besteuert.

     
    Wichtig

    Pflichtteilsanspruch im Zeitpunkt der Geltendmachung

    Der Erbe kann den Pflichtteilsanspruch erst im Zeitpunkt der Geltendmachung bei seinem Erwerb als Verbindlichkeit abziehen. Dessen ursprüngliche Steuerfestsetzung (Erbschaftsteuerbescheid) wird somit geändert, nachdem der Pflichtteil geltend gemacht wurde (die Geltendmachung stellt ein steuerlich rückwirkendes Ereignis dar; § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar).

  3. Geht Vermögen auf eine vom Erblasser angeordnete Stiftung über, so entsteht die Steuer mit dem Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig.
  4. Bei einer vom Erblasser angeordneten Auflage entsteht die Steuer mit dem Zeitpunkt der Vollziehung der Auflage.
  5. Bei einer vom Erblasser gesetzten Bedingung mit der Erfüllung der Bedingung.
  6. Im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 3 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Genehmigung.
  7. Bei Zahlung einer Abfindung für den Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch entsteht die Steuer im Zeitpunkt des Verzichts.

     
    Praxis-Beispiel

    Steuerentstehung bei Abfindungszahlung

    Abfindungszahlung bei Verzicht auf Pflichtteilsanspruch

    Erblasser E hat seine Tochter zur Alleinerbin eingesetzt. Der Sohn wurde enterbt. Er verstirbt am 1.6.2023. Tochter und Sohn kommen am 1.2.2024 überein, dass der Sohn auf seinen entstandenen Pflichtteilsanspruch gegen Zahlung einer Abfindung i. H. v. 450.000 EUR verzichtet.

    Lösung

    Die Erbschaftsteuer für den Sohn entsteht am 1.2.2024.

     
    Wichtig

    Besteuerung

    Auch wenn der Sohn die Abfindung von seiner Schwester erhält, erfolgt die Besteuerung im Verhältnis zum Erblasser E. Dies ist für den Sohn günstiger, da der Sohn im Verhältnis zum Erblasser in die Steuerklasse I einzuordnen ist – während er im Verhältnis zur Schwester in die Steuerklasse II einzuordnen ist. Dies hat Auswirkungen auf den persönlichen Freibetrag und auch auf die Steuerklasse. Dagegen greift beim Erwerb von begünstigten Unternehmensvermögen nicht die Tarifbegrenzung des § 19a ErbStG[2], was aber unproblematisch ist.

  8. Bei Zahlung einer Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft, eines Erbersatzanspruchs oder Vermächtnisses entsteht die Steuer im Zeitpunkt der Ausschlagung.
  9. Bei Zahlung dessen, was gewährt wird, damit eine Rechtsstellung, insbesondere eine Erbenstellung, oder ein Recht oder ein Anspruch, die zu einem Erwerb nach § 3 Abs. 1 ErbStG führen würden, nicht mehr oder nur noch teilweise geltend gemacht werden. Die Steuer entsteht im Zeitpunkt der Erklärung über das Nichtgeltendmachen.[3] Im Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG entsteht die Steuer mit dem Zeitpunkt der Vereinbarung über die Ab...

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