Leitsatz

Die Erbschaftsteuer auf Erwerbe des Insolvenzschuldners nach Insolvenzeröffnung ist Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO und als solche gegen den Insolvenzverwalter festzusetzen.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 83 Abs. 1 InsO, § 251 AO

 

Sachverhalt

Im Streitfall war zunächst über das Vermögen des Insolvenzschuldners A ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Insolvenzverwalter war der Kläger. Danach wurde A Alleinerbe einer Erblasserin.

Das beklagte FA setzte die Erbschaftsteuer unmittelbar gegen den Kläger als Insolvenzverwalter fest. Den Einspruch des Klägers wies das FA mit der Begründung zurück, Steueransprüche, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden seien, seien Masseforderungen und durch Steuerbescheid gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen.

Die Vorinstanz (FG Düsseldorf, Urteil vom 18.3.2015, 4 K 3087/14 Erb, EFG 2015, 1020) gab dagegen der Klage mit der Begründung statt, bei der Erbschaftsteuer handle es sich um eine Insolvenzforderung, die nur durch Anmeldung zur Insolvenztabelle geltend gemacht werden könne.

 

Entscheidung

Die hiergegen eingelegte Revision des FA hatte Erfolg; die Vorentscheidung wurde aufgehoben und die Klage des Insolvenzverwalters abgewiesen. Der BFH teilt die Ansicht, nach der die Erbschaftsteuer gegen den Kläger als Insolvenzverwalter festzusetzen ist.

Die Frage, ob die Erbschaftsteuer gegenüber dem Insolvenzverwalter festgesetzt werden darf, beantwortet sich nach der Einordnung der Erbschaftsteuer als Insolvenzforderung oder als Masseverbindlichkeit.

Insolvenzforderungen sind Forderungen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet waren (§ 38 InsO). Die Abgrenzung erfolgt ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung; auf die steuerliche Entstehung des Anspruchs und seine Fälligkeit kommt es nicht an.

Masseverbindlichkeiten sind dagegen u.a. Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO).

Erbt der Insolvenzschuldner nach Insolvenzeröffnung, so ist die Erbschaftsteuer als Masseverbindlichkeit gegen den Insolvenzverwalter festzusetzen. Die vom Erben geschuldete Erbschaftsteuer erfüllt alle Voraussetzungen einer Erbfallschuld. Letztlich unterscheidet sie sich nicht von anderen Erbfallschulden wie z.B. den Beerdigungskosten. Die Erbschaftsteuer ist damit keine Insolvenzforderung, weil der Grund für ihre Entstehung erst durch den Erbanfall und damit nach Insolvenzeröffnung eingetreten ist. Die Erbschaftsteuer ist vielmehr Masseverbindlichkeit, da sie in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet ist. Diese Qualifikation erfordert keine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters.

 

Hinweis

Erneut hat der BFH zum Komplex "Erbschaftsteuer/Insolvenzverfahren" entschieden. Im Besprechungsfall geht es um die Beantwortung der Frage, ob es sich bei der Erbschaftsteuer, die in der Person des Insolvenzschuldners nach Verfahrenseröffnung entsteht, um eine Masseverbindlichkeit handelt. Nur in diesem Fall darf die Erbschaftsteuer durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Der BFH hat eine Masseverbindlichkeit angenommen und dies mit der Rechtsnatur der Erbschaftsteuer als Erbfallschuld begründet, die im Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens insolvenzrechtlich noch nicht begründet war.

Bereits mit Urteil vom 20.1.2016 (II R 34/14, BFH/NV 2016, 851, BFH/PR 2016, 207, BStBl II 2016, 482) hatte der BFH entschieden, die vom Erben als Gesamtrechtsnachfolger aufgrund Erbanfalls geschuldete Erbschaftsteuer erfülle alle Voraussetzungen einer Erbfallschuld. Unerheblich sei, dass die Erbschaftsteuer gegen den Erben persönlich und nicht gegen den Nachlass als solchen festgesetzt werde. Dadurch unterscheide sich die Erbschaftsteuer nicht von anderen Erbfallschulden, wie z.B. Beerdigungskosten, die ebenfalls in der Person des Erben entstünden und gegen diesen auch zivilrechtlich durchgesetzt werden könnten. Solche Erbfallschulden seien im Falle der Nachlassinsolvenz als Nachlassinsolvenzforderungen geltend zu machen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 5.4.2017 – II R 30/15

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