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Das Fragerecht und seine Grenzen ergeben sich aus der Abwägung der Arbeitgeberinteressen an möglichst umfassender Information über den Bewerber und dem verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht des Bewerbers.[1] Das Fragerecht und die damit verbundene Abwägung hat auch die datenschutzrechtlichen Schranken zu berücksichtigen, die sich aus Art. 6 Abs. 1 Buchst. f der DSGVO, § 26 BDSG ergeben. Danach ist die Datenverarbeitung an den unbestimmten Rechtsbegriff der "Erforderlichkeit" geknüpft, der sich in diesem Zusammenhang an der Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses orientieren muss. Im Einzelnen gilt Folgendes:

Berufliche Fähigkeiten: Fragen nach beruflichen und fachlichen Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen sowie nach bisherigem beruflichem Werdegang, Dauer und Anzahl bisheriger Arbeitsverhältnisse, nach Prüfungs- und Zeugnisnoten dürfen uneingeschränkt gestellt werden.[2] Dazu gehören auch Sprachkenntnisse, soweit diese für die Ausübung der Tätigkeit erforderlich sind.[3]

Eheschließung: Die Frage, ob die Bewerberin in absehbarer Zeit eine Ehe schließen werde, ist unzulässig. Gleiches gilt auch bei Fragen zum Bestehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.[4]

Ermittlungsverfahren: Die Frage nach einem gegen den Bewerber laufenden Ermittlungsverfahren ist erlaubt, wenn die Interessen des Arbeitgebers dies erfordern (z. B. bei der Einstellung eines Polizisten[5]). Grundsätzlich darf der Arbeitgeber den Stellenbewerber nicht nach eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren fragen. Die allein auf eine wahrheitswidrige Beantwortung der Frage nach eingestellten Ermittlungsverfahren gestützte Kündigung verstößt gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.[6]

Gesundheitszustand: Fragen nach früheren Erkrankungen sind nur insoweit zulässig, als an ihrer Beantwortung im Einzelfall für die Arbeit, für den Betrieb und für die übrigen Arbeitnehmer ein Interesse besteht. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts[7] richtet sich der Umfang des Fragerechts des Arbeitgebers wegen bestehender Krankheiten danach, ob die Fragen im Zusammenhang mit dem einzugehenden Arbeitsverhältnis stehen (ansteckende Krankheiten, absehbare Arbeitsunfähigkeit). Zu beachten ist, dass es dabei wegen der im Einzelfall schwierigen Abgrenzung zwischen Krankheit und Behinderung u. U. auch um eine AGG-relevante Frage handeln kann.[8]

Gewerkschaftszugehörigkeit: Danach darf der Arbeitgeber vor der Einstellung nicht fragen, auch nicht zur Feststellung einer etwaigen Tarifbindung (der Arbeitgeber braucht aufgrund eines Tarifvertrags den tariflichen Mindestlohn nur zu zahlen, wenn der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist oder der Arbeitgeber Mitglied des Arbeitgeberverbands und der Arbeitnehmer Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ist).[9] Ob zur Feststellung einer etwaigen Tarifbindung vor der Einstellung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit gefragt werden darf, ist allerdings in der arbeitsrechtlichen Literatur umstritten. Die Frage der Tarifbindung kann jedenfalls nach der Einstellung gestellt werden, wenn dies für die Berechnung des Lohns oder zur Einhaltung sonstiger Tarifvorschriften unumgänglich ist, wenn also der Tarifvertrag nicht für allgemeinverbindlich erklärt ist und ferner der Arbeitgeber – wie das in aller Regel geschieht – nicht ohnehin auch den Nichtgewerkschaftsmitgliedern den Tariflohn und sonstige tarifvertragliche Arbeitsbedingungen einräumt. Dagegen kann bei leitenden Angestellten im Allgemeinen nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit gefragt werden.

Die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit ist bei sog. Tendenzbetrieben bzw. kirchlichen Einrichtungen gemäß § 118 BetrVG zulässig.

Grunddaten: Zulässig sind Fragen nach Name, Adresse (auch E-Mail-Anschrift), Telefonnummer. Die Frage nach dem Alter kann dagegen bereits ein Indiz für eine Altersdiskriminierung sein[10] und sollte deshalb vermieden werden. Gleiches gilt unter AGG-Aspekten auch für den Geburtsort und die Herkunft, den Geburtsnamen sowie die Anforderung eines Lichtbildes.

Höhe des bisherigen Gehalts: Die Frage nach der bei dem früheren Arbeitgeber bezogenen Vergütung ist jedenfalls dann unzulässig, wenn die bisherige Vergütung für die erstrebte Stelle keine Aussagekraft und der Bewerber sie auch nicht von sich aus als Mindestvergütung für die neue Stelle gefordert hat.[11]

Pfändungen: Lohn- und Gehaltspfändungen können mit beträchtlicher Verwaltungsarbeit für den Arbeitgeber insbes. in Kleinbetrieben verbunden sein. Deshalb hat er ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, ob zurzeit Lohn- oder Gehaltspfändungen vorliegen (str.). Uneingeschränkt zulässig ist die Frage bei Bewerbung um eine besondere Vertrauensposition.

Religions- oder Parteizugehörigkeit: Danach darf im gesamten Bewerbungsverfahren grundsätzlich nicht gefragt werden, wie sich für die Religionszugehörigkeit schon aus der Verfassung ergibt.[12] Ausnahmen gelt...

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