Leitsatz

Der Betreiber eines Zolllagers ist nicht zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-RL, Art. 168 Buchst. e EG-RL 112/2006

 

Sachverhalt

Die Klägerin betrieb in den Jahren 1997 und 1998 ein Zolllager Typ D, in dem sie Waren einer Schwestergesellschaft sowie Waren zweier anderer GmbHs einlagerte. Das zuständige HZA stellte Fehlmengen fest und setzte aufgrund einer Bestandsaufnahme EUSt fest. Die Klägerin entrichtete die EUSt in Teilbeträgen in den Streitjahren 2002 bis 2008 und nahm im Umfang dieser Zahlungen den Vorsteuerabzug vor. Dies beanstandete das FA. Einspruch und Klage zum FG (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 9.10.2014, 4 K 67/13, Haufe-Index 7536596, EFG 2015, 258) hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Klageabweisung, da die Klägerin sowohl nach bisheriger Rechtsprechung des BFH wie auch nach Maßgaben der aktuellen BFH-Rechtsprechung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.

 

Hinweis

1.Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt der Vorsteuerabzug aus Einfuhrumsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG voraus, dass dem Unternehmer die Verfügungsmacht an dem eingeführten Gegenstand zusteht. Daran fehlt es z.B. bei einer bloßen Überlassung zur Nutzung (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 16.3.1993, V R 65/89, BStBl II 1993, 473).

2.Zum Unionsrecht hat der EuGH nunmehr entschieden, dass Art. 168 Buchst. e EG-RL 112/2006 (MwStSystRL) einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die den Abzug der vom Beförderer geschuldeten Einfuhrumsatzsteuer ausschließt. Dies gilt für den Beförderer, der nicht Einführer oder Eigentümer der Ware ist, sondern sie lediglich befördert und die Zollabfertigung ihres Versands im Rahmen seiner mehrwertsteuerpflichtigen Beförderungstätigkeit vornimmt (EuGH, Urteil vom 25.6.2015, C-187/14, DSV Road A/S, EU:C:2015:421, Haufe-Index 8023246).

Der Vorsteuerabzug setzt allgemein eine Verwendung für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers voraus, sodass die Kosten Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze des Steuerpflichtigen finden müssen. Daher besteht kein Abzugsrecht, wenn der Wert der beförderten Waren nicht zu den Kosten gehört, die in den Preis einfließen, den der Beförderer in Rechnung stellt. Damit verneint der EuGH den Vorsteuerabzug des Beförderers, der Nichtgemeinschaftsware in einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren befördert, dabei Verfahrenspflichten verletzt und deshalb für die von ihm beförderte Ware Zoll und EUSt zu entrichten hat.

3. Die aktuelle EuGH-Rechtsprechung gab für den BFH keinen Anlass, die bisherige Rechtsprechung (s. oben 1.) zu ändern. Der BFH hat nunmehr lediglich das Auslegungsmerkmal der Verfügungsmacht dahingehend präzisiert, dass die gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG erforderliche Einfuhr für das Unternehmen des Abzugsberechtigten dann vorliegt, wenn die Einfuhrumsatzsteuer Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze oder in den Preis der Gegenstände oder Dienstleistungen findet, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten liefert oder erbringt. Danach berechtigt – wie bisher – die vom Betreiber eines Zolllagers aufgrund von Pflichtverletzungen geschuldete Einfuhrumsatzsteuer diesen nicht zum Vorsteuerabzug.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.11.2015 – V R 68/14

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