Die aktuelle BEPS -Diskussion in den Medien zeigt, dass Teile der Öffentlichkeit, zumindest Journalisten und Finanzverwaltungen, vermeintliche VP-induzierte Gewinnverschiebungen bei multinationalen Großkonzernen sehr genau beobachten. Insbesondere die Konzerne Starbucks, Google und Amazon sind in 2013 sehr stark an den Pranger gestellt worden, da diese in einzelnen Staaten angeblich keine oder „zu geringe” Steuern bezahlt haben sollen. Da derartige Berichterstattungen die Reputation von Unternehmen stark beschädigen können, besteht derzeit eine gewisse Verunsicherung bzw. Zurückhaltung in den Führungsetagen und den Steuerabteilungen, Steuerplanung zu betreiben. An dieser Stelle sei festgehalten, dass, soweit aus der Presse ersichtlich, nicht etwa illegale Steuerplanungen vorgeworfen werden, sondern vielmehr die Frage gestellt wird, ob – legale Steuerplanungsmodelle – moralisch vertretbar sind oder nicht. Piltz bringt es treffend auf den Punkt: „Warum erkennen oder benennen die OECD und die Einzelstaaten nicht sich selbst als Verursacher dieser Steuergestaltungen? Es ist unbestritten, dass wir hier nur von sog. legaler Steuervermeidung reden, also nicht von Steuerhinterziehung. Ob man das, was die inkriminierten Unternehmen nutzen, als Steuerschlupflöcher bezeichnen will oder intelligente Nutzung des Gesetzes oder die Nutzung legislatorischer Fehler, ist Geschmackssache. Eines ist aber klar: Es gibt keine legale Steuervermeidung, die nicht aus der Gesetzgebung dieser Staaten selbst resultiert.”

Nach differenzierter Betrachtung des BEPS-Phänomens kann man wie folgt zusammenfassen:

  • Es kommt nicht von ungefähr, dass die Konzerne, die in der Presse standen, US-Konzerne sind. Die US-Regierung lässt diese niedrigen Steuersätze mangels Hinzurechnungsvorschriften bewusst zu. Eine Analyse zeigt, dass die Steuersätze der US-Konzerne stark industrieabhängig sind (vgl. Teil B, Kapitel 5.2).
  • Das deutsche Steuerrecht lässt derartig niedrige Konzernsteuersätze nicht zu. Insofern ist die Pauschalschelte deutscher Konzerne unangebracht. Die durchschnittliche Konzernsteuerquote aller DAX30 Unternehmen beträgt in 2013 26,67% und in 2014 26,61%. Diese Unternehmen zahlten zusammen Steuern in Höhe von ca. 24 (2013) sowie 26 Milliarden Euro (2014)[1]. Diese Quote ist vergleichsweise hoch, wenn man bedenkt, dass diese Konzerne z. B. in 2014 über 80% ihrer Außenumsätze auf Auslandsmärkten erzielen und die ausländischen Unternehmenssteuersätze häufig unter dem aktuellen deutschen durchschnittlichen Unternehmenssteuersatz von ca. 30% liegen[2].
  • Eine noch detaillierte eigene Analyse der Konzernabschluss-Zahlen für 2014 ausgewählter DAX30 Unternehmen zeigt darüber hinaus, dass bei 9 von 11 Konzernen der Anteil des deutschen Steueraufwands im Vergleich zum gesamten Steueraufwand den Anteil des deutschen Umsatzes im Vergleich zum Gesamtumsatz erheblich (dreistellige Millionenbeträge) übersteigt[3]. Diese Tatsachen zeigen eindeutig, dass die DAX30 Konzerne (und vermutlich gilt dies auch für andere deutsche Nicht-DAX30-Konzerne) weder insgesamt, noch in Deutschland „zu wenig” Steuern zahlen. Im Gegenteil, zumindest die o. g. 9 Konzerne zahlen im Inland vergleichsweise „zu viele” Steuern, wenn man als Verprobungsverhältnisgrößen Umsätze und Anzahl Mitarbeiter in Anlehnung an das zukünftige Country-by-Country-Reporting („CbCR”, vgl. Teil B, Kapitel 12.2.3) heranziehen würde. BEPS als Chance für deutsche Konzerne?
  • Die Einführung des Country-by-Country-Reportings hat zu heftigen Diskussionen geführt. Die OECD bezweckt damit ein „high-level tax risk assessment” durchzuführen. Nach genauer Analyse der Anforderungen und der Umsetzung einiger Praxistests zeigt sich, dass die Aussagekraft des CbCR sehr gering sein wird und jedenfalls den Konzernen erhebliche Ressourcen raubt. Aufgrund eines aktuellen FG-Urteils[4] (vgl. Kapitel 12.2.3) ist fraglich, ob diese Daten ohne Verletzung des Steuergeheimnisses an eine ausländische Behörde übergeben werden dürfen, vor allem wenn diese Behörde die CbCR gar nicht für den Angemessenheitstest z. B. für Routinemargen (z. B. TNMM, C+) verwenden kann.
  • Abschließend sei angemerkt, dass die BEPS-Diskussion leider zu sehr auf die Bekämpfung der doppelten Nichtbesteuerung fokussiert, die in der Praxis nach Einschätzung einiger Unternehmensvertreter deutlich geringere Auswirkungen hat als die Belastung der Unternehmen durch die tägliche tatsächliche Doppelbesteuerung. Vielmehr besteht akuter Handlungsbedarf, die Ressourcen der Abteilungen im Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) aufzustocken, die für die Durchführung von internationalen (Vorab-) Verständigungs-/Schiedsverfahren zur Beseitigung von Doppelbesteuerungen verantwortlich sind. Flankierend sollte die Finanzverwaltung Maßnahmen ergreifen, um deutlich zeitnähere und vor allem auch zahlreichere grenzüberschreitende simultane Betriebsprüfungen mit einvernehmlichem Abschluss durchzuführen, damit die Unternehmen früher Rechtssicherheit erhalten und langwierige Verständigun...

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