Leitsatz

Die Abholung und Entsorgung von Speiseabfällen aus Restaurants und Großküchen stellt keine landwirtschaftliche Dienstleistung dar, die der Pauschalbesteuerung nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG unterliegt.

 

Normenkette

§ 24 UStG, Art. 25 6. EG-RL, § 162 Abs. 2 Satz 1, § 163, § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 204 AO, §§ 51, 51a BewG

 

Sachverhalt

Ein Landwirt holte gegen Entgelt mit einem Spezialfahrzeug Speiseabfälle von Restaurants ab. Nach Erhitzung verfütterte er sie in seinem Mastbetrieb. Er beanspruchte vergeblich die Durchschnittssatzbesteuerung.

 

Entscheidung

Die Revision hatte aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Grundätzen keinen Erfolg.

Auch der Hinweis des Klägers auf Abschn. 264 Abs. 1 Satz 2 UStRL 2005 i.V.m. R 135 Abs. 3 und 4 bzw. R 15.5 der EStRL zog insoweit nicht, da Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nur bei einem Änderungsbescheid, nicht dagegen bei einem Erstbescheid – wie im Besprechungsfall – beansprucht werden kann. Ob dieser Aspekt durch eine Billigkeitsmaßnahme berücksichtigt werden könnte, war im Klageverfahren gegen den Steuerbescheid nicht zu entscheiden (FG Münster, Urteil vom 19.10.2011, 5 K 4749/09 U, Haufe-Index 2857303, EFG 2012, 187).

Die möglicherweise unzutreffende Besteuerung eines Konkurrenten ist im Wege der Konkurrentenklage geltend zu machen. Insoweit wäre zu klären, ob dem Kläger ein subjektives Recht auf Schutz gegenüber der Konkurrenz zusteht. Der Gleichheitssatz vermittelt jedenfalls keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und damit auf "Gleichheit im Unrecht".

 

Hinweis

1.Die Regelung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG ist richtlinienkonform auszulegen und die einkommensteuerrechtliche Beurteilung daher nicht maßgeblich. Die Befreiung landwirtschaftlicher Dienstleistungen erlaubt das Unionsrecht nur für die im Anhang zur jeweiligen Richtlinie – im Besprechungsfall noch der 6. EG-RL – aufgeführten Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mithilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen Betriebs vorgenommen werden. Als landwirtschaftliche Dienstleistungen gelten nach dem Anhang nur Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, wie z.B. "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh". Wie alle Befreiungen ist auch diese eng auszulegen und nur insoweit anzuwenden, als dies zur Erreichung ihres Zieles erforderlich ist.

2. Die Entsorgung von Speiseresten – als zu beurteilende Dienstleistung – ist weder in der Liste der landwirtschaftlichen Dienstleistungen aufgeführt und stellt insbesondere auch kein "Mästen von Vieh" dar. Dass die Reste schließlich an zum Mästen aufgenommenes fremdes Vieh verfüttert werden, ändert daran nichts. Denn das Entgelt wird für die Entsorgung, nicht für das Mästen fremden Viehs – eine "landwirtschaftliche Dienstleistung" – bezahlt.

3.Auch die Beurteilung als landwirtschaftlicher "Nebenbetrieb" führt zu keinem anderen Ergebnis, denn auch die Durchschnittssatzbesteuerung für Leistungen eines Nebenbetriebes setzt voraus, dass es sich um landwirtschaftliche Dienstleistungen handelt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.1.2013 – V R 34/11

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