Leitsatz

Die infolge eines Wechsels im Gesellschafterbestand ausgelösten Grunderwerbsteuern stellen keine Anschaffungs(neben)kosten der erworbenen Kommanditanteile oder des vorhandenen Grundbesitzes der Objektgesellschaft dar.

 

Normenkette

§ 7, § 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 7, § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG, § 1 Abs. 2a, § 13 Nr. 6 GrEStG, § 255 Abs. 1 HGB

 

Sachverhalt

Eine KG erwarb 99,98 % der Kommanditanteile an einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG (Klägerin). Die nicht am Vermögen der Klägerin beteiligte Komplementär-GmbH schied ebenfalls aus und wurde durch eine andere Komplementär-GmbH ersetzt. Danach traten der Klägerin noch drei natürliche Personen als Kommanditisten bei. Im Innenverhältnis verpflichtete sich die KG, die gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG anfallende Grunderwerbsteuer zu tragen.

Das FA ließ im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen die Grunderwerbsteuer nicht zum sofortigen Abzug zu, sondern berücksichtigte lediglich die AfA. Die Klage der KG hatte Erfolg. Das FG ließ die Grunderwerbsteuer auf der Ebene der Gesellschaft zum Abzug zu und wies der KG als Gesellschafterin einen entsprechend geminderten Gewinnanteil zu (FG München, Urteil vom 22.10.2013, 5 K 1847/13, Haufe-Index 6446382, EFG 2014, 478).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Entscheidung des FG bestätigt und die Revision des FA aus den dargestellten Gründen zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Die beim Erwerb eines Grundstücks anfallende Grunderwerbsteuer gehört grundsätzlich zu den Anschaffungsnebenkosten. Sie erhöht, wenn das Grundstück vermietet werden soll, die Bemessungsgrundlage für die AfA.

2. Umstritten war, ob dies auch dann gilt, wenn die Grunderwerbsteuer auf der Grundlage des Ersatztatbestands gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG wegen eines qualifizierten Wechsels im Gesellschafterbestand entsteht:

a) Die Finanzverwaltung bejahte dies (z.B. OFD Rheinland, Verfügung vom 23.1.2012, S 2174 – St 141 01/2009, DB 2012, 486). Die Anschaffung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft stehe nicht nur für Zwecke der Grunderwerbsteuer (gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG), sondern auch ertragsteuerlich der anteiligen Anschaffung des Grundstücks gleich. Bei wirtschaftlicher Betrachtung erwerbe die nach dem Wechsel im Gesellschafterbestand aus den Neugesellschaftern bestehende Personengesellschaft das Grundstück von der aus den Altgesellschaftern bestehenden Gesellschaft. Der Vorgang sei nicht anders zu beurteilen, als wenn eine aus den Neugesellschaftern bestehende andere Gesellschaft das Grundstück von der aus den Altgesellschaftern bestehenden Gesellschaft erworben hätte.

b) Dem widersprach die überwiegende Ansicht in der Literatur (vgl. die Nachweise in der Besprechungsentscheidung). Es fehle insoweit an einem Anschaffungsvorgang. Deshalb sei die Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG bei der Gesellschaft, die sie schuldet (§ 13 Nr. 6 GrEStG) als sofort abziehbarer Aufwand zu behandeln ist. Auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage könne der Aufwand abweichend von den Beteiligungsverhältnissen auf die Gesellschafter verteilt werden.

3. Der BFH hat sich zugunsten der Steuerpflichtigen der auch vom FG vertretenen Ansicht im Schrifttum angeschlossen:

a) Welche Aufwendungen zu den Anschaffungskosten zählen, bestimmt sich insbesondere für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 HGB. Dabei wird ein Anschaffungsvorgang vorausgesetzt. Daran fehlt es jedoch auf der allein maßgeblichen Ebene der Gesellschaft, denn der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG wird nach der Rechtsprechung des BFH gemeinschaftlich verwirklicht.

b) § 1 Abs. 2a GrEStG enthält lediglich die Fiktion eines Anschaffungsvorgangs. Zivilrechtlich liegt bei einem qualifizierten Wechsel im Gesellschafterbestand eine Anschaffung gerade nicht vor, denn Eigentümer des Grundstücks bleibt die im Außenverhältnis rechtsfähige Personengesellschaft (§ 14 Abs. 2 BGB). Die Verfügungsbefugnis über das Grundstück ist nicht Gegenstand der auf die Übertragung der Kommanditanteile gerichteten Verträge.

c) Die in § 1 Abs. 2a GrEStG angeordnete Fiktion eines Anschaffungsvorgangs gilt nur für die Grunderwerbsteuer und hat keine Bedeutung für die Einkommensteuer. Es fehlt an einer entsprechenden Vorschrift im Einkommensteuergesetz.

d) Die Grunderwerbsteuer fällt auch nicht etwa "für" den Erwerb der Kommanditanteile an. Es handelt sich mithin auch nicht um Anschaffungskosten der Anteile. Dafür spricht auch, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG durch eine Vielzahl zivilrechtlicher Teilübertragungen in einem bestimmten Zeitraum verwirklicht werden kann, während Anschaffungskosten jedem einzelnen Anschaffungsvorgang zugerechnet werden müssten.

e) Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG. Danach gilt die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. Diese Norm enthält eine entsprechende Fiktion nur für den T...

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