Leitsatz

Die infolge einer Sacheinlage von Gesellschaftsanteilen aufgrund Anteilsvereinigung ausgelösten GrESt sind von der aufnehmenden Gesellschaft nicht als Anschaffungs(neben)kosten der eingebrachten Anteile zu aktivieren.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG, § 1 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin war im Streitjahr eine AG mit abweichendem Wirtschaftsjahr zum 30.09. Ihre Anteile wurden sämtlich – teilweise mittelbar – von der X-AG gehalten. Die X-AG war ferner unmittelbar zu jeweils 50,1 % an der A-GmbH sowie an der B-AG beteiligt. Zu den Betriebsvermögen der beiden letztgenannten Gesellschaften zählte jeweils auch Grundbesitz. Die restlichen Anteile an der A-GmbH und an der B-AG gehörten zum ganz überwiegenden Teil der Y-AG, an der die Klägerin zu 88 % beteiligt war und zu der sie als Organträgerin in einem körperschaftsteuerrechtlichen Organschaftsverhältnis stand.

Mit Einbringungsvertrag übertrug die X-AG ihre Anteile an der A-GmbH und an der B-AG im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Kapitalerhöhung durch Sacheinlage gem. § 183 AktG auf diese. Die Einbringung erfolgte nach § 20 UmwStG zu Buchwerten. Nach Erwerb der Anteile war die Klägerin auf Grundlage des Berechnungsmodus des § 1 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG für die Hinzurechnung von Anteilen abhängiger Gesellschaften zu mehr als 95 % unmittelbar und mittelbar an beiden Gesellschaften beteiligt. Das FA wertete den Einbringungsvorgang hiernach als Anteilsvereinigung und setzte gegenüber der Klägerin GrESt i.H.v. insgesamt rd. 435 000 EUR fest.

Die Klägerin aktivierte die GrESt in ihrer Handelsbilanz als Anschaffungsnebenkosten auf die eingebrachten Beteiligungen. Steuerbilanziell zog sie die Zahlungen für die GrESt hingegen als Betriebsausgaben ab. Das FA folgte dem nicht.

Die deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 08.12.2009, 6 K 4720/07 K, F, Haufe-Index 2306196, EFG 2010, 666).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Klägerin auf deren Revision hin demgegenüber recht:

"Auslösendes" Moment für die GrESt-Pflicht sei nicht die Übertragung von Grundstücken, sondern der in § 1 Abs. 3 GrEStG angeordnete Ersatztatbestand. In ertragsteuerlicher Hinsicht fehle es aber an einem über die reine Kausalität hinausgehenden inhaltlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und dem Anschaffungsvorgang. Da Anknüpfungspunkt für die Entstehung der Steuer nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern eine spezifisch grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion im Hinblick auf ein anderes, nicht vom Anteilserwerber angeschafftes und nicht bei diesem zu erfassendes Wirtschaftsgut sei, handele es sich dabei um Aufwand, der aus ertragsteuerlicher Sicht nicht spezifisch und final dem hinzuerworbenen Geschäftsanteil zugeordnet werden könne.

 

Hinweis

1. Vereinigen sich – z.B. durch den Zukauf weiterer Gesellschaftsanteile – mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile einer grundbesitzenden Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters, liegt ein sog. Anteilstausch vor, der nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrESt beim Gesellschafter auf die der Gesellschaft gehörenden Grundstücke GrESt auslöst. Das gilt auch dann, wenn der Gesellschafter die Anteile ganz oder teilweise nur "mittelbar" über eine weitere, von ihm beherrschte Gesellschaft hält.

In dem vom BFH entschiedenen Fall musste nach diesen Regeln eine GmbH GrESt auf die Grundstücke einer Tochtergesellschaft zahlen, nachdem ihr deren Geschäftsanteile zu einem Teil durch eine Sacheinlage zugeführt worden waren; die restlichen Anteile an der Tochtergesellschaft hielt eine weitere Tochtergesellschaft der GmbH.

2. Der BFH hat entschieden, dass die GrESt den sofort abziehbaren Betriebsausgaben der GmbH und nicht den Anschaffungskosten der eingelegten Anteile zuzuordnen sind. Denn Besteuerungsobjekt der GrESt bei der Anteilsvereinigung ist nach § 1 Abs. 3 GrEStG nicht der Erwerb der Gesellschaftsanteile, sondern ein fiktiver Erwerb der Grundstücke. Diese Fiktion wird auf der Ebene des Ertragsteuerrechts indessen nicht (durch einen parallelen Regelungsbefehl) nachvollzogen. Deshalb fehlt es an dem inhaltlichen ("finalen") Bezug zum Vorgang des Anteilserwerbs. Einen derartigen Finalbezug hält der BFH trotz des prinzipiell auch von ihm vertretenen weiten Anschaffungskostenbegriffs für unerlässlich.

Der BFH sichert dieses Verständnis nicht zuletzt über eine Kontrollüberlegung ab: Eine Aktivierung der GrESt könnte insbesondere beim Erwerb sog. "Zwerganteile" zu überhöhten und deshalb wenig sachgerechten Bilanzansätzen führen. Denn weil die GrESt in den Fällen der Anteilsvereinigung nicht anhand der für den Anteilserwerb gezahlten Vergütung, sondern auf der Grundlage des sog. Bedarfswertes der fiktiv erworbenen Grundstücke bemessen wird (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG i.V.m. § 138 Abs. 2 oder 3 BewG), kann der Erwerb einer geringfügigen Beteiligung, wenn dadurch der Tatbestand einer unmittelbaren oder mittelbaren Anteilsvereinigung verwirklicht wird, GrESt...

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