Leitsatz

Liegt die Zweitwohnung näher am Familienwohnsitz als an der regelmäßigen Arbeitsstätte, kann trotzdem eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung vorliegen, wenn der Weg vom Familienwohnsitz zur Arbeitsstätte in erheblicher Weise baustellenbelastet ist, sodass ein arbeitstägliches Pendeln mit Fahrzeiten von bis zu 2 Stunden pro Strecke nicht zumutbar ist.

 

Sachverhalt

Der Familienwohnsitz des an einer Universität als Professor beschäftigten Klägers liegt etwa 2 Stunden von seiner Arbeitsstätte entfernt. Aus diesem Grund hatte der Kläger ursprünglich eine Zweitwohnung in der Nähe der Universität. Diese gab er aber auf und bezog eine andere Zweitwohnung, welche 83 km von der Universität und nur 47 km vom Familienwohnsitz entfernt liegt. Da diese Zweitwohnung aufgrund der zu großen Entfernung nicht als Wohnung am Beschäftigungsort angesehen werden könne, lehnte das Finanzamt die Berücksichtigung der Kosten für eine doppelte Haushaltsführung ab. Im Klageverfahren trug der Kläger vor, dass die Zweitwohnung besonders verkehrsgünstig gelegen sei und er die Universität innerhalb von 50 Minuten erreichen könne. Außerdem verfüge der Ort der Zweitwohnung über in seinen Fachbereichen sehr gut ausgestattete Bibliotheken, welche er 3- bis 5-mal pro Monat aufsuche.

 

Entscheidung

Das FG gab der Klage statt, da es für eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort wohnt. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass es sich um eine Wohnung in der politischen Gemeinde der Arbeitsstätte handelt. Nach Auffassung des FG reicht es aus, dass die Wohnung im Einzugsgebiet der Arbeitsstätte liegt. Entscheidend ist, dass die Arbeitsstätte von der Zweitwohnung aus in zumutbarer Weise täglich aufgesucht werden kann. Dies ist bei einer Fahrzeit von 50 Minuten pro Strecke trotz der Entfernung von 83 km der Fall. Da der Kläger zudem auch die vor Ort liegenden Bibliotheken beruflich nutzt, kommt dem Umstand der günstigeren Lage zum Familienwohnsitz kein entscheidendes Gewicht mehr zu.

 

Hinweis

Die vom FG zur Fortbildung des Rechts gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassene Revision wurde inzwischen eingelegt und wird beim BFH unter dem Az VI R 59/13 geführt. In diesem Verfahren hat der VI Senat des BFH die Möglichkeit, die Reihe seiner positiven Entscheidungen zur doppelten Haushaltsführung fortzusetzen. In vergleichbaren Fällen sollten Betroffene unter Hinweis auf das vorstehende Revisionsverfahren ihre Einkommensteuerbescheide durch einen Einspruch offen halten.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 27.06.2013, 3 K 4315/12 E

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