Leitsatz

Betreiber einer Photovoltaikanlage erbringen unter besonderen Voraussetzungen mit der Dachsanierung eine Werklieferung an den Verpächter/Überlasser des Daches (Eigentümer).

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte mit einer Wohnungseigentümergemeinschaft einen "Gestattungsvertrag" über die Installation und den Betrieb einer Photovoltaikanlage auf deren Gebäude geschlossen (Laufzeit: 20 Jahre). Die Wohnungseigentümergemeinschaft nutzt das Gebäude zur Vermietung zu Wohnzwecken. Die Klägerin ließ das Dach für einen Betrag von rund 60.000 Euro netto sanieren und damit insbesondere für die Nutzung einer Photovoltaikanlage herrichten. Sie bezahlte an die Wohnungseigentümergemeinschaft für die Nutzung der Dachfläche ein Entgelt von 0,10 Euro/qm der Fläche der Photovoltaikanlage pro Monat, beginnend mit dem ersten Monat nach der Inbetriebnahme der Anlage. Nach Beendigung des Vertrags ist die Photovoltaikanlage samt Zubehör vollständig vom Dach zu entfernen, sämtliche anderen Anlagenteile zu entfernen und die ursprüngliche Dacheindeckung wiederherzustellen. Das Finanzamt sah in den Umbauarbeiten einen zusätzlichen Umsatz an die Wohnungseigentümergemeinschaft und verlangte die Umsatzsteuer.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts hat das Finanzamt die Dachsanierung zu Recht als tauschähnlichen Umsatz behandelt und die Umsätze der Klägerin entsprechend erhöht. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin der Wohnungseigentümergemeinschaft einen von dieser auch tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zugewandt habe. Denn die WEG nutzt das Dach neben der Vermietung an die Klägerin auch im Rahmen ihrer weiteren Vermietung des Gebäudes zu Wohnzwecken. Zudem hätte das Dach in absehbarer zeitlicher Nähe zum Abschluss des Pachtvertrages von der Wohnungseigentümergemeinschaft saniert werden müssen, da es laut Auskunft der ausführenden Firma vielleicht noch für einen Zeitraum von maximal drei Jahren gehalten hätte. Ein weiterer Vorteil sei darin zu sehen, dass das Dach aufgrund des Abtragens der zahlreich vorhandenen Kamine (22!) eine gesteigerte Eignung zur Aufstellung einer Photovoltaikanlage aufweist. Die Zuwendung dieser Vorteile beruhe auf dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag.

 

Hinweis

Die Finanzverwaltung vertritt grundsätzlich die Auffassung, dass die Übernahme von Dachsanierungskosten durch den Anlagenbetreiber zu einem tauschähnlichen Umsatz führt und damit eine Gegenleistung für die Überlassung der Dachfläche zum Betreiben der Photovoltaikanlage vorliegt. Nach den Regelungen im BMF-Schreiben v. 23.7.1986 (BStBl 1986 I S. 432) erfolge eine sofortige Weiterlieferung der Dachsanierung an den Grundstückseigentümer (vgl. OFD Karlsruhe v. 19.2.2015, S. 7104 - Karte 1). Die Finanzgerichte sehen das etwas differenzierter. So hat beispielsweise das FG München einen tauschähnlichen Umsatz für einen Fall verneint, in dem keine vertragliche Verpflichtung zur Dachsanierung bestand und das Dach auch offenbar nicht akut sanierungsbedürftig war (vgl. Urteil v. 26.7.2016, 2 K 671/13, Revision eingelegt, Az beim BFH V R 59/16; vgl. auch FG München, Urteil v. 28.4.2016, 14 K 743/14). Auch der Bundesfinanzhof stellt in seiner Entscheidung vom 16.11.2016 (Az.: V R 35/16) offenbar entscheidend darauf ab, ob der Betreiber nicht nur das (zivilrechtliche) Eigentum an den durch die Dachsanierung erstellten Dachteilen verschafft, sondern darüber hinaus dem Eigentümer unmittelbar einen von diesem auch tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zuwendet.

Für den hier besprochenen Urteilssachverhalt ist anzumerken, dass die Klägerin offenbar nach vereinnahmten Entgelten versteuerte, weshalb sie den Wert der Dachüberlassung als maßgebliches Entgelt für die erbrachte Werklieferung nicht auf einmal, sondern sukzessive über den Pachtzeitraum zu versteuern hatte. Allerdings wollen die Finanzämter mitunter vermeiden, dass eine Dachüberlassung als Entgelt für die erbrachte Werklieferung lediglich über den Pachtzeitraum verteilt versteuert wird und prüfen daher im Einzelfall, ob ein Antrag auf Besteuerung nach vereinbarten Entgelten abgelehnt werden kann (vgl. hierzu Landesamt für Steuern in Bayern v. 17.8.2011, DStR 2011 S. 1715).

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 10.05.2017, 3 K 1776/14

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