Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftsführer gewerblich tätiger Gesellschaften kann Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft sein

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird die Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG versagt, so dass es dem Betroffenen wegen einer Tätigkeit als Geschäftsführer gewerblich tätiger Gesellschaften verwehrt bleibt, Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft zu werden, stellt dies einen Eingriff in die Berufsfreiheit dar.

2. Die Annahme der Fachgerichte, § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG sei in der derzeit gültigen Fassung des Achten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes verfassungsgemäß, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insoweit sind Einwände gegen das in der vorangehenden Fassung der Bestimmung enthaltene ausnahmslose Verbot durch die Neuregelung und teilweise Öffnung der Vorschrift für Ausnahmen vom Verbot der gewerblichen Tätigkeit ausgeräumt.

3. Die Einführung einer Berufswahlschranke hinsichtlich gewerblicher Tätigkeiten ist nur dort erforderlich und zumutbar, wo die Gefahr einer Interessenkollision sich deutlich abzeichnet und nicht mit Hilfe von Berufsausübungsregeln zu bannen ist.

4. Der Gesetzgeber hat mit der Änderung des Steuerberatungsgesetzes im Jahr 2008 die gebotene Liberalisierung des Berufsrechts auch für Steuerberater vollzogen und ausdrücklich Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der gewerblichen Tätigkeit vorgesehen.

 

Normenkette

GG Art. 12 Abs. 1; StBerG § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2

 

Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Beschluss vom 26.10.2011; Aktenzeichen 7 ZB 11.1173)

VG Ansbach (Urteil vom 02.03.2011; Aktenzeichen AN 4 K 10.02119)

 

Nachgehend

BVerwG (Urteil vom 07.12.2016; Aktenzeichen 10 C 1.15)

 

Tenor

1. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Oktober 2011 – 7 ZB 11.1173 – und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 2. März 2011 – AN 4 K 10.02119 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach zurückverwiesen.

2. Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 20.000 EUR (in Worten: zwanzigtausend Euro) festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, durch die ihm eine Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz des Steuerberatungsgesetzes (im Folgenden: StBerG) versagt wurde.

1. a) § 57 Abs. 4 StBerG vom 16. August 1961 in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. November 1975 (BGBl I S. 2735), zuletzt geändert durch das Achte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes (8. StBerÄndG) vom 8. April 2008 (BGBl I S. 666), verbietet es Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten neben ihrem Beruf Tätigkeiten auszuüben, die mit dem Beruf nicht vereinbar sind, unter anderem gewerbliche Tätigkeiten. Hiervon können seit der Änderung der Vorschrift durch das Achte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes im Einzelfall Ausnahmen zugelassen werden, wenn durch die gewerbliche Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten nicht zu erwarten ist. Die Vorschrift lautet auszugsweise:

§ 57

Allgemeine Berufspflichten

(1) bis (3) …

(4) Als Tätigkeiten, die mit dem Beruf des Steuerberaters und des Steuerbevollmächtigten nicht vereinbar sind, gelten insbesondere

  1. eine gewerbliche Tätigkeit; die zuständige Steuerberaterkammer kann von diesem Verbot Ausnahmen zulassen, soweit durch die Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten nicht zu erwarten ist;

Die in § 57 Abs. 4 StBerG geregelten Einschränkungen hinsichtlich gewerblicher Tätigkeiten sind nach § 72 Abs. 1 StBerG auf Steuerberatungsgesellschaften sowie Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und persönlich haftende Gesellschafter einer Steuerberatungsgesellschaft, die nicht Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte sind, anzuwenden. Zusätzlich benötigen Personen, die weder Steuerberater sind noch sozietätsfähigen Berufen nach § 50 Abs. 2 StBerG angehören, eine Ausnahmegenehmigung nach § 50 Abs. 3 StBerG, um Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer oder persönlich haftende Gesellschafter von Steuerberatungsgesellschaften zu werden. Die Ausnahmegenehmigung nach § 50 Abs. 3 StBerG darf nur versagt werden, wenn die besondere Fachkunde fehlt oder die persönliche Zuverlässigkeit nicht vorhanden ist (§ 50 Abs. 3 Satz 2 StBerG). Nach § 50 Abs. 4 StBerG muss dabei in jeder Steuerberatungsgesellschaft sichergestellt sein, dass die Vorstände, Geschäftsführer oder persönlich haftenden Gesellschafter, die keine Steuerberater sind, aber die Voraussetzungen des § 50 Abs. 2, 3 StBerG erfüllen, nicht die Mehrheit bilden.

b) Aufgrund der Ermächtigung in § 86 Abs. 4 Nr. 15 StBerG wurde von der Satzungsversammlung der Bundessteuerberaterkammer § 25 der Satzung über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Berufsordnung der Steuerberaterkammer – BOStB) in der Fassung vom 8. September 2010 (DStR 2010, S. 2659) beschlossen. Dieser regelt Einschränkungen bei der Geschäftsführung und Vertretung in Steuerberatungsgesellschaften und sieht unter anderem vor, dass durch Regelungen im Innenverhältnis gewährleistet sein muss, dass bei der Willensbildung innerhalb der Geschäftsführung die Stimmen der Steuerberater ausschlaggebend sind. Entsprechende gesellschaftsrechtliche Regelungen sind der Steuerberaterkammer, im Fall einer Änderung vorab, unverzüglich nachzuweisen (§ 25 Abs. 2 Satz 2 BOStB). In Absatz 4 der Vorschrift ist die Erteilung von Prokura näher geregelt. Sie lautet:

§ 25

Verantwortliche Führung, Geschäftsführung und Vertretung der Steuerberatungsgesellschaft

(1) bis (3) …

(4) Neben Steuerberatern darf Prokura grundsätzlich nur Personen im Sinne des § 50 Abs. 2 StBerG erteilt werden. Wird in Ausnahmefällen anderen Personen Prokura erteilt, so muss im Innenverhältnis eine Vertretung in Steuersachen ausgeschlossen sein; im Übrigen ist nur eine Gesamtvertretung in Gemeinschaft mit einem Steuerberater zulässig. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) bis (6) …

2. a) Der Beschwerdeführer ist gelernter Versicherungskaufmann und seit längerer Zeit Geschäftsführer beziehungsweise Vorstand verschiedener juristischer Personen, die insbesondere auf dem Gebiet der Beratung von Ärzten und Zahnärzten in Versicherungs- und Finanzfragen, in der Kooperations- und Niederlassungsberatung sowie der Vermittlung von Versicherungen tätig sind. Er war bereits vor dem Jahr 2004 Außendienstmitarbeiter, Geschäftsführer, Leiter Vertrieb und Buchhaltung sowie Vorstand verschiedener Gesellschaften einer Unternehmensgruppe (im Folgenden: H.-Gruppe). Diese Tätigkeiten übt er auch derzeit noch aus. Der Beschwerdeführer ist darüber hinaus Prokurist der „HS M. GmbH Steuerberatungsgesellschaft” (im Folgenden: GmbH), in der er jedoch keiner steuerberatenden Tätigkeit nachgeht. Sein Tätigkeitsfeld beschränkt sich auf kaufmännische und verwaltende Aufgaben.

Bereits mit Bescheid vom 17. August 2004 hatte die Steuerberaterkammer dem Beschwerdeführer eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 50 Abs. 3 StBerG erteilt. Mit dieser Genehmigung war ihm erlaubt worden, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter der GmbH zu werden. Die Erteilung erfolgte damals unter dem Vorbehalt, dass sich die GmbH auf die Beratung von Ärzten spezialisiere und die weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft vorlägen. Ausdrücklich wurde im Bescheid hinsichtlich der besonderen Befähigung des Beschwerdeführers im Sinne des § 50 Abs. 3 StBerG auf die Erfahrungen aus den Tätigkeiten in den gewerblichen Unternehmen der „H.-Gruppe” abgestellt. Mit Urkunde vom 7. März 2005 wurde die GmbH als Steuerberatungsgesellschaft von der Steuerberaterkammer zugelassen.

Im November 2005 beantragte der Beschwerdeführer unter Berufung auf die bereits erteilte Ausnahmegenehmigung nach § 50 Abs. 3 StBerG bei der Steuerberaterkammer die Zulassung seines Eintritts als Geschäftsführer in die GmbH und die Zulassung des Erwerbs von Geschäftsanteilen mit der Maßgabe, dass eine Vertretung der GmbH in Steuersachen durch den Beschwerdeführer aufgrund von Bestimmungen in der Satzung, der Geschäftsordnung der Geschäftsführung und/oder des Geschäftsführeranstellungsvertrags ausgeschlossen werde. Dies lehnte die Steuerberaterkammer im März 2006 ab. Eine daraufhin erhobene Klage zum Finanzgericht wurde am 7. Februar 2008 mit der Begründung abgewiesen, dass dem Vorhaben das Verbot der gewerblichen Betätigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG a.F. entgegenstehe, weil der Beschwerdeführer als Organ verschiedener gewerblich tätiger Kapitalgesellschaften agiere.

Mit Bescheid vom 25. Juni 2008 widerrief die Steuerberaterkammer die im Jahr 2004 an den Beschwerdeführer erteilte Ausnahmegenehmigung nach § 50 Abs. 3 StBerG wegen der von ihm ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten. Hierüber ist beim Finanzgericht ein Rechtsstreit anhängig, dessen Ruhen im Hinblick auf das vorliegende Verfahren angeordnet ist.

b) Am 22. April 2008 beantragte der Beschwerdeführer bei der Steuerberaterkammer, ihm aufgrund der Gesetzesänderung eine Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG zu erteilen, weil durch seine gewerbliche Tätigkeit eine Verletzung der Berufspflichten nicht zu erwarten sei. Er beabsichtige nicht, steuerberatend tätig zu werden. Seine Tätigkeitsgebiete entsprächen nach wie vor denjenigen, die er bereits als Prokurist in der Steuerberatungsgesellschaft ausgeübt habe. Diese stünden mit der Steuerberatung durch die GmbH gegenüber Dritten in keiner Verbindung, sondern beschränkten sich ausschließlich auf kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten. Es sei beabsichtigt, die Vertretung der GmbH in Steuersachen durch den Beschwerdeführer aufgrund von Bestimmungen in der Satzung, der Geschäftsordnung der Geschäftsführung und/oder des Geschäftsführeranstellungsvertrags auszuschließen. Der Beschwerdeführer wolle auch nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer Geschäftsanteile der GmbH erwerben und halten. Daneben wünsche der Beschwerdeführer, weiterhin Organ und Gesellschafter der aufgeführten gewerblich tätigen Gesellschaften der „H.-Gruppe” zu bleiben. In allen Fällen sei die allgemeine Verantwortlichkeit eines Steuerberaters gegenüber dem jeweiligen Mandanten gewährleistet und damit deren Interessen und Belange ausreichend geschützt.

Den Antrag auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung wies die Steuerberaterkammer mit Bescheid vom 25. Juni 2008 zurück. Die hiergegen gerichtete Klage des Beschwerdeführers wurde durch das Verwaltungsgericht abgewiesen. Es bestehe keine Verpflichtung, die beantragte Ausnahmegenehmigung für die beabsichtigte Tätigkeit als Geschäftsführer nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG zu erteilen. Bei der gebotenen abstrakten Betrachtungsweise könne trotz der beabsichtigten gesellschaftsrechtlichen Vorkehrungen und der unterstellten Bereitschaft des Beschwerdeführers, im Falle einer Interessenkollision gewerbliche Interessen zurückzustellen, eine Gefährdung der Unabhängigkeit als Geschäftsführer der GmbH nicht ausgeschlossen werden. Eine Ausnahmegenehmigung dürfe nur erteilt werden, wenn die vom Beschwerdeführer bereits ausgeübte und auch zukünftig beabsichtigte gewerbliche Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten des Steuerberaters nicht erwarten lasse. Gerade weil er in gewerblichen Firmen tätig sei, deren Kunden vorrangig auch Gegenstand der Beratungen der Steuerberatungsgesellschaft seien, könne trotz eines Verzichts des Beschwerdeführers auf steuerberatende Tätigkeit nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden, dass wirtschaftliche Kenntnisse und Informationen aus dem Mandantenkreis der GmbH in unzulässiger Weise auch gewerblich genutzt würden.

Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 26. Oktober 2011 abgelehnt. Das Verwaltungsgericht habe die verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG im vorliegenden Einzelfall zutreffend angewandt. Es habe insbesondere die in der Rechtsprechung geklärten Maßstäbe korrekt herangezogen, die Bedeutung einer „abstrakten” oder „konkreten” Gefährdung der Berufspflichten nicht verkannt und die Umstände des Einzelfalls ausreichend berücksichtigt. Schon die Möglichkeit, Kenntnisse und Informationen aus der steuerberatenden Tätigkeit im Rahmen des eigenen Gewerbes zum eigenen Nutzen und zum Nachteil des Mandanten umzusetzen, könne die vom Gesetzgeber gewollte Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Beraters gegenüber seinem Auftraggeber sowie das Vertrauensverhältnis zwischen diesen beeinträchtigen. Das grundsätzliche Verbot der gewerblichen Tätigkeit habe nach dem Willen des Gesetzgebers auch nach der Änderung des § 57 StBerG erhalten bleiben sollen.

3. Mit seiner gegen diese Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

4. Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, die Bundessteuerberaterkammer, die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Steuerberaterverband e.V., der Deutsche Anwaltverein e.V. sowie die Beklagte des Ausgangsverfahrens haben zur Verfassungsbeschwerde Stellung genommen. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 12 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 21, 173; 22, 275; 87, 287 ≪316≫; 102, 197 ≪213≫). Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.

1. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit.

a) Die Entscheidungen der Fachgerichte, die dem Beschwerdeführer die erstrebte Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG vorenthalten, greifen in seine Berufsfreiheit ein. Ohne die Ausnahmegenehmigung ist es dem Beschwerdeführer nicht möglich, Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft zu werden, solange er seine bisherige Tätigkeit als Geschäftsführer in weiteren, gewerblich tätigen Gesellschaften nicht aufgibt.

Wer nicht über die für Steuerberater nach § 36 StBerG erforderliche Ausbildung verfügt, kann gemäß § 50 Abs. 3 Satz 1 StBerG die Position des Geschäftsführers einer Steuerberatungsgesellschaft nur dann erlangen, wenn ihm dies von der Steuerberaterkammer genehmigt wird. Der Erteilung dieser Genehmigung steht insbesondere das Fehlen persönlicher Zuverlässigkeit entgegen (§ 50 Abs. 3 Satz 2 StBerG). Da zur Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit § 40 Abs. 2 Nr. 4 StBerG entsprechend anwendbar ist, darf – ebenso wie die Bestellung zum Steuerberater – auch die Erteilung einer Genehmigung nach § 50 Abs. 3 Satz 2 StBerG dann verweigert werden, wenn eine mit dem Beruf des Steuerberaters nach Maßgabe des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG unvereinbare Tätigkeit ausgeübt wird (vgl. Gehre/Koslowski, Steuerberatungsgesetz, 6. Aufl. 2009, § 50 Rn. 19). Für die Genehmigung seiner Geschäftsführertätigkeit in der Steuerberatungsgesellschaft benötigt der Beschwerdeführer daher als Voraussetzung seiner persönlichen Zuverlässigkeit zunächst eine Ausnahmegenehmigung seiner gleichzeitigen gewerblichen Tätigkeit nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG. Dass der Beschwerdeführer die weiteren Voraussetzungen für eine Erteilung der Genehmigung nach § 50 Abs. 3 Satz 2 StBerG insbesondere mit Blick auf seine besondere Fachkunde erfüllt, ergibt sich schon daraus, dass ihm eine solche Genehmigung bereits erteilt worden war und diese inzwischen nur wegen der von ihm ausgeübten gewerblichen Tätigkeit – noch nicht bestandskräftig – widerrufen wurde.

b) Die Gründe, auf die das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof ihre Entscheidungen stützen, sind nicht geeignet, den Grundrechtseingriff zu rechtfertigen.

aa) Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit umfasst grundsätzlich auch das Recht, mehrere Berufe zu wählen und nebeneinander auszuüben (vgl. BVerfGE 87, 287 ≪316≫). Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob die Freiheit der Berufswahl des Beschwerdeführers betroffen oder lediglich ein Eingriff in seine Freiheit der Berufsausübung gegeben ist, weil seine Tätigkeit als Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft nicht als eigenständiger Beruf anzusehen wäre.

bb) Selbst dann, wenn hier die strengeren Maßstäbe, die an eine Zulassungsbeschränkung bei der Wahl eines Zweitberufs zu stellen sind (vgl. BVerfGE 21, 173 ≪181≫; 22, 275 ≪276≫), Anwendung finden, begegnet die Annahme der Fachgerichte, die maßgebliche Vorschrift des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG sei in der derzeit gültigen Fassung des Achten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes verfassungsgemäß, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insoweit sind Einwände gegen das in der vorangehenden Fassung der Bestimmung enthaltene ausnahmslose Verbot durch die Neuregelung und teilweise Öffnung der Vorschrift für Ausnahmen vom Verbot der gewerblichen Tätigkeit ausgeräumt.

cc) Jedoch genügt die Auslegung und Anwendung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG durch die Fachgerichte im konkreten Fall nicht den Anforderungen, die sich aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ergeben. Auch dies gilt ungeachtet der Frage, ob die Verweigerung der Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG als Eingriff in die Freiheit der Berufswahl oder als Eingriff in die freie Berufsausübung zu bewerten ist.

(1) Auslegung und Anwendung des Gesetzes sind Aufgabe der Fachgerichte und werden vom Bundesverfassungsgericht – abgesehen von Verstößen gegen das Willkürverbot – nur darauf überprüft, ob sie Auslegungsfehler enthalten, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des betroffenen Grundrechts beruhen. Das ist der Fall, wenn die von den Fachgerichten vorgenommene Auslegung einer Norm die Tragweite des Grundrechts nicht hinreichend berücksichtigt oder im Ergebnis zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der grundrechtlichen Freiheit führt (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪93≫; 85, 248 ≪257 f.≫).

(a) Für den Anwaltsberuf hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, dass bei der Konkretisierung der (generalklauselartigen) Inkompatibilitätsvorschriften durch die Rechtsprechung besonderes Augenmerk auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu legen ist (vgl. BVerfGE 87, 287 ≪322≫). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet im Hinblick auf die grundrechtlich gewährleistete Freiheit der Berufswahl Zurückhaltung bei der Entwicklung typisierender Unvereinbarkeitsregeln (vgl. BVerfGE 87, 287 ≪322≫), weil die Beschränkung der Berufswahlfreiheit dem Betroffenen nur zumutbar ist, wenn der Unvereinbarkeitsgrundsatz nicht starr gehandhabt wird (vgl. BVerfGE 87, 287 ≪324≫).

Aufgrund der Vielfalt möglicher erwerbswirtschaftlicher Betätigungen ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, die der Vielgestaltigkeit der Tätigkeiten Rechnung trägt. Die Einführung einer Berufswahlschranke hinsichtlich gewerblicher Tätigkeiten ist nur dort erforderlich und zumutbar, wo die Gefahr einer Interessenkollision sich deutlich abzeichnet und nicht mit Hilfe von Berufsausübungsregeln zu bannen ist. Eine generelle Berufszugangssperre, die keinerlei erwerbswirtschaftliche Tätigkeit neben dem Anwaltsberuf ermöglicht, ist hingegen nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 87, 287 ≪330≫).

(b) Diese für den Anwaltsberuf entwickelten, jedoch nicht auf ihn beschränkten Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber mit der Änderung des Steuerberatungsgesetzes im Jahr 2008 die gebotene Liberalisierung des Berufsrechts auch für Steuerberater vollzogen und ausdrücklich Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der gewerblichen Tätigkeit vorgesehen hat (vgl. Begründung zum Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes BTDrucks 16/7077, S. 1, 32).

(2) Die Fachgerichte haben bei ihren Entscheidungen die mithin auch hier maßgeblichen – sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden – verfassungsrechtlichen Grundsätze nicht hinreichend berücksichtigt.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil, das anschließend vom Verwaltungsgerichtshof auf unveränderter Tatsachengrundlage bestätigt wurde, ohne nähere Feststellungen auf generelle Gesichtspunkte abgestellt, was bei Übertragung auf andere Fälle regelmäßig zu einer Versagung der Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG wegen einer dann zumindest vorliegenden abstrakten Gefährdung beruflicher Pflichten führen muss. Durch diese Verengung des Anwendungsbereichs wird unverhältnismäßig in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit des Beschwerdeführers eingegriffen.

Die von den Fachgerichten gewählte Auslegung ist bereits nicht erforderlich, um den legitimen Zweck der Regelung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG zu verfolgen. Mit dem grundsätzlichen Verbot gewerblicher Tätigkeit sollen die fachliche Kompetenz und Integrität sowie ausreichender Handlungsspielraum der steuerberatenden Berufsträger gesichert sowie die notwendige Vertrauensgrundlage geschützt werden (vgl. BVerfGE 87, 287 ≪321≫ für die Rechtsanwaltschaft; vgl. auch BVerfGE 21, 173; 22, 275 ≪276≫). Damit dient die Regelung der Funktionsfähigkeit der Steuerrechtspflege, die als Teil der gesamten Rechtspflege (vgl. dazu BVerfGE 87, 287 ≪321≫) einen Gemeinwohlbelang von großer Bedeutung darstellt. Durch die Neufassung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG und der Öffnung für Ausnahmefälle hat der Gesetzgeber allerdings deutlich gemacht, dass eine gewerbliche Tätigkeit nicht schlechthin zu einer Gefährdung der Steuerrechtspflege führt, die Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigen kann. Mit dieser Einschätzung der drohenden Gefahren bewegt sich der Gesetzgeber innerhalb seines Beurteilungsspielraums, der von den Gerichten grundsätzlich hinzunehmen und zu beachten ist (vgl. BVerfGE 90, 145 ≪173≫ m.w.N.).

(a) Das Verwaltungsgericht erörtert diesen für die Auslegung anzuwendenden Maßstab nur unzureichend und verkennt darüber hinaus die Zielrichtung der Vorschrift.

Unberücksichtigt lässt das Verwaltungsgericht bei seiner Auslegung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG bereits die im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG erörterungsbedürftige grundsätzliche Frage, ob bei der Annahme, eine lediglich abstrakte Gefährdung der Verletzung von Berufspflichten sei für die Versagung der Genehmigung ausreichend, überhaupt noch ein nennenswerter Anwendungsbereich für die gesetzlich geregelte Ausnahme vom Verbot gewerblicher Tätigkeit verbleiben kann. Davon abgesehen lässt das Urteil des Verwaltungsgerichts nachvollziehbare Feststellungen zu den Anknüpfungstatsachen vermissen, mit denen es das Vorliegen einer abstrakten Gefährdung begründen will. Weder wurden Feststellungen zur gemeinsamen „Klientel” bei gewerblicher und steuerberatender Berufstätigkeit getroffen noch wurden Erwägungen zu den möglicherweise drohenden Interessenkollisionen mit den steuerberaterlichen Berufspflichten angestellt. Dies wäre jedoch gerade im Hinblick auf die mannigfaltigen Möglichkeiten einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit notwendig gewesen, um nicht bereits aufgrund nicht belegter Vermutungen den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift unter Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG zumindest erheblich zu verengen.

Das Verwaltungsgericht hat lediglich eine tragende Überlegung angeführt und sich hierbei auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme des Beschwerdeführers von „nützlichen” Unterlagen bezogen. Dies hält jedoch einer Überprüfung am Maßstab von Bedeutung und Tragweite der Berufsfreiheit nicht stand. Das Verwaltungsgericht lässt dabei bereits außer Acht, dass der Beschwerdeführer durch die angestrebte Stellung als Geschäftsführer keinen Zugang zu Unterlagen erlangt, auf die er nicht schon durch seine Stellung als Prokurist zugreifen konnte. Die dem Beschwerdeführer bereits 2005 unter Beachtung berufsrechtlicher Bestimmungen erteilte Prokura (vgl. § 25 Abs. 4 Satz 2 BOStB) wurde von der Steuerberaterkammer bisher ebenso wenig beanstandet wie seine Tätigkeit als Prokurist selbst. Wenn jedoch auch einem Angestellten der Steuerberatungsgesellschaft mit im Außenverhältnis nahezu unbeschränkter Vertretungsmacht die vom Verwaltungsgericht genannten Unterlagen schon aufgrund dieser Position zugänglich sein können, handelt es sich bei der Gefahr der Kenntnisnahme von solchen Dokumenten lediglich um eine allgemeine, dem Geschäftsführeramt nicht spezifisch anhaftende Gefahr, der mit der gesetzlichen Regelung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG nicht begegnet werden kann und soll.

Dass der Beschwerdeführer sich als Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft nützliche Informationen für seine gewerblichen Tätigkeiten beschafft, stellt zudem ein Risiko dar, dem mit anderen Vorschriften des Berufsrechts, wie insbesondere der berufs- und strafrechtlich sanktionierten Verpflichtung zur Verschwiegenheit, ausreichend begegnet werden kann. Dieses Risiko wird auch von dem vom Bundesverfassungsgericht in den Vordergrund gestellten Zweck der Regelung (vgl. BVerfGE 21, 173; 22, 275 ≪276≫) nicht umfasst, der lediglich die Unabhängigkeit der Steuerberatung und den Schutz des Mandanten vor für ihn nachteiliger Verwertung seiner eigenen Geschäftsdaten sichern will. Eine solche Gefährdung ist vorliegend aber mehr als fernliegend, insbesondere ist schon angesichts seiner beruflichen Ausbildung nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer den von ihm betreuten Ärzten Konkurrenz machen will.

(b) Das auf dieser unzureichenden Grundlage ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Verwaltungsgerichtshof mit seiner Entscheidung nicht, wie verfassungsrechtlich geboten, korrigiert.

(aa) Im Grundsatz nicht verfassungsrechtlich bedenklich ist allerdings die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der in seiner Entscheidung – unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 17. Mai 2011 – VII R 47/10 –, juris) – davon ausgeht, dass mit der gesetzlichen Neuregelung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG der abstrakten Gefahr einer Interessenkollision begegnet werden solle, bei der Genehmigung einer Ausnahme nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG aber darauf abzustellen sei, ob im konkreten Fall die Verletzung von Berufspflichten ausgeschlossen werden könne (so jetzt auch BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 – 8 C 26/11 –, juris, Rn. 28 ff. und Urteil vom 26. September 2012 – 8 C 6/12 –, juris, Rn. 20 ff. unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs).

(bb) Die nach diesem zutreffenden Ansatz gebotene verfassungsrechtliche Korrektur eröffnet der Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht, sondern geht davon aus, dass ein Zulassungsgrund für die Berufung nicht vorliege, weil das Urteil des Verwaltungsgerichts zutreffend sei. Er lässt damit außer Acht, dass dem Urteil des Verwaltungsgerichts keine ausreichenden Feststellungen zur Tätigkeit des Beschwerdeführers als Geschäftsführer und damit verbundenen Gefährdungen beruflicher Pflichten zugrunde lagen, seine Argumentation vielmehr alleine auf einer verfassungsrechtlich nicht tragfähigen Überlegung fußte. In welchem Umfang tatsächlich Kunden der gewerblichen Unternehmen auch Mandanten der Steuerberatungsgesellschaft sind, bleibt – ebenso wie im verwaltungsgerichtlichen Urteil – offen. Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, in der ersten Instanz seien die in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entwickelten Grundsätze angewandt worden, erweist sich daher als unhaltbar und hat zur Folge, dass die Korrektur einer die Berufsfreiheit des Beschwerdeführers verletzenden Entscheidung verstellt wird.

2. Angesichts der festgestellten Verletzung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit bedürfen die weiteren vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen keiner Entscheidung.

3. Die Entscheidungen beruhen auf dem Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Es ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte anders entschieden hätten, wenn sie bei ihren Entscheidungen die verfassungsrechtlichen Maßstäbe beachtet hätten.

a) Selbst wenn der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 29. November 2011 (VII B 110/09, juris, Rn. 13) möglicherweise davon ausgeht, dass über die Genehmigung einer Ausnahme vom Verbot des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG eine gesonderte Entscheidung der Steuerberaterkammer durch Verwaltungsakt nicht möglich sei (vgl. auch BFH, Beschluss vom 11. April 2013 – VII B 172/12 –, juris, Rn. 7; zur entgegengesetzten Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts vgl. BVerwG, Urteile vom 26. September 2012 – 8 C 26/11 – und – 8 C 6/12 –, juris, jeweils Rn. 16), wäre derzeit mit Blick auf den bestehenden Streit in der Rechtsprechung jedenfalls nicht auszuschließen, dass das Verwaltungsgericht – dem Bundesverwaltungsgericht folgend – von der Zulässigkeit einer isolierten Entscheidung über die Erteilung der Ausnahmegenehmigung ausgehen und in der Sache entscheiden wird.

b) Die Entscheidungen der Fachgerichte können auch nicht deshalb Bestand haben, weil – unabhängig von der Begründung – das von ihnen gefundene Ergebnis sich aus anderen Erwägungen als zutreffend erweisen würde.

Selbst bei Anwendung der vom Bundesgerichtshof im Bereich des anwaltlichen Berufsrechts für die Feststellung von Inkompatibilitäten entwickelten Typisierung anhand von Fallgruppen (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2007 – AnwZ ≪B≫ 92/06 –, juris, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung), wären die von den Fachgerichten getroffenen Feststellungen nicht ausreichend, um eine abschließende Entscheidung anhand der dort aufgestellten Eingruppierungen zu treffen.

Sonstige konkrete Anhaltspunkte für berufswidriges Verhalten oder die beabsichtigte Vermischung der Interessen sind, auch nach den vorliegenden Ausführungen der Fachgerichte, nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer hat sich bereits in der Vergangenheit offensichtlich bemüht, sich gesetzeskonform zu verhalten. Die Konzeption des Berufsrechts der Steuerberater – ebenso wie das der Rechtsanwälte (vgl. hierzu BVerfGE 108, 150 ≪163≫; 117, 163 ≪190≫) – beruht nicht auf der Annahme, dass eine situationsgebundene Gelegenheit zur Pflichtverletzung im Regelfall zu einem pflichtwidrigen Handeln des Berufsrechtsunterworfenen führt, sondern darauf, dass dieser sich grundsätzlich rechtstreu verhält. Dies gilt umso mehr, als § 25 Abs. 2, 3 BOStB Anzeigepflichten für Änderungen der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse vorsieht und überdies Vollzugsdefizite nicht zu Lasten des jeweiligen Berufsträgers als Argument für eine einschränkende Auslegung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG dienen können.

c) Die Sache ist an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, weil eine weitere Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht erforderlich ist (vgl. BVerfGE 24, 278 ≪289≫; 105, 239 ≪251 f.≫). Die Fachgerichte haben den Sachverhalt aufgrund der von ihnen vertretenen Rechtsauffassung bisher nicht hinreichend aufgeklärt.

Dabei wird eine Gegenüberstellung der in der Steuerberatungsgesellschaft ausgeübten Aufgaben des Beschwerdeführers einerseits und seiner gewerblichen Tätigkeiten andererseits vorzunehmen und zu bewerten sein. Auf diese Weise ist zu ermitteln, welche Interessenkollisionen auftreten können, und ob den damit verbundenen Gefahren im konkreten Fall mit hinreichenden Mitteln begegnet werden kann.

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

5. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG.

 

Unterschriften

Gaier, Schluckebier, Paulus

 

Fundstellen

BFH/NV 2013, 1901

HFR 2013, 1058

NJW 2013, 3357

AnwBl 2013, 825

NJ 2013, 522

KP 2013, 208

GmbH-Stpr. 2013, 375

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