Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 01.02.1977; Aktenzeichen L 7 Ar 178/76)

SG Stade (Urteil vom 08.10.1976)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 1. Februar 1977 und des Sozialgerichts Stade vom 8. Oktober 1976 teilweise aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Konkursausfallgeld für seinen Urlaubsabgeltungsanspruch – zuzüglich des Urlaubsgeldes – für sieben Urlaubstage zu gewähren.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Konkursausfallgeld (Kaug) auch für einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung und zusätzliches Urlaubsgeld zu gewähren ist.

Der Kläger war seit April 1962 bei dem Heizungsunternehmen Günther H. beschäftigt. Am 7. Juli 1975 wurde über das Vermögen des Kaufmannes H. das Konkursverfahren eröffnet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde von diesem am 30. Juni 1975 zum 31. Juli 1975 gekündigt. Anläßlich der Kündigung einigte er sich mit seinem Arbeitgeber dahin, daß er in der Zeit bis einschließlich 8. Juli 1975 einen tarifvertraglichen Resturlaub von sechs Arbeitstagen aus dem Jahre 1974 nehmen sollte. Danach sollte er bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei seinem Arbeitgeber weiterarbeiten. Der tarifliche Urlaub für das Jahr 1975 (24 Arbeitstage) sollte abgegolten werden. Hiernach hat sich der Kläger gerichtet. Mit Antrag vom 18. Juni 1975 begehrte der Kläger unter anderem Kaug für seinen Anspruch auf Abgeltung des Jahresurlaubes 1975 einschließlich des entsprechenden Urlaubsgeldes. Die Beklagte gewährte nur Kaug unter Berücksichtigung des Lohnes (einschließlich Urlaubsentgelt) für die Zeit bis 6. Juli 1975. Weitergehende Ansprüche lehnte sie ab (Bescheid vom 19. August 1975). Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 7. April 1976). Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte verurteilt, dem Kläger Kaug in Höhe von drei Zwölfteln der dem Kläger für das Jahr 1975 zustehenden Urlaubsabgeltung einschließlich des entsprechenden Urlaubsgeldes zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil des SG vom 8. Oktober 1976). Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung und der Kläger Anschlußberufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung des Klägers ihm Kaug für den gesamten Anspruch auf Urlaubsabgeltung und Urlaubsgeld für den Urlaub des Jahres 1975 zugebilligt (Urteil des LSG vom 1. Februar 1977). Das LSG hat die Auffassung vertreten, Kaug sei zu gewähren, wenn der Anspruch auf Urlaubsabgeltung im „Kaug-Zeitraum” entstanden sei. Das sei hier der Fall. Aufgrund der Einigung des Klägers mit dem Arbeitgeber anläßlich der Kündigung habe bereits festgestanden, daß der Urlaub abgegolten werden müsse. Deshalb sei bereits zu diesem Zeitpunkt der Abgeltungsanspruch entstanden. Entsprechendes gelte für den Anspruch auf Urlaubsgeld.

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 141 b des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Sie meint, der Abgeltungsanspruch sei erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses entstanden. Dieser Zeitpunkt liege hier nach Konkurseröffnung, so daß Kaug nicht zu gewähren sei.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts und des Sozialgerichtes aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten sind damit einverstanden, daß der Senat den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision ist teilweise begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Kaug nur in Höhe des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung zuzüglich Urlaubsgeld für sieben Urlaubstage zu. Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist – entgegen der Auffassung des LSG – im Rahmen der Regelung des Kaug (§§ 141 a ff AFG) nicht als Anspruch für den Zeitpunkt anzusehen, in dem feststeht, daß der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewahrt werden kann, sondern als Anspruch für die letzten, der abzugeltenden Urlaubsdauer entsprechenden Tage des Arbeitsverhältnisses.

Nach § 141 b Abs. 1 iVm § 141 a AFG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Ausgleich seines ausgefallenen Arbeitsentgelts, der bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a der Konkursordnung (KO) sein können (§ 141 b Abs. 2 AFG). Dazu rechnen die rückständigen Ansprüche des Arbeitnehmers auf Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis mit dem Gemeinschuldner. Unter Arbeitsentgelt im Sinne dieser Vorschrift ist alles zu verstehen, was als Gegenwert für die Arbeitsleistung anzusehen ist (Böhle-Stamschräder, KO, 12. Aufl, § 59 Anm. 5a). Dazu gehört auch die Urlaubsabgeltung (vgl. Mentzel/Kuhn, KO, 8. Aufl, § 59 Rz 15a und § 61 Rz 47a; Boldt/Röhsler, Bundesurlaubsgesetz –BUrlG–, § 7 Rz 86). Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß dem Kläger für die ausgefallene Urlaubsabgeltung Kaug nur gewährt werden kann, wenn der Abgeltungsanspruch bereits bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers des Klägers am 7. Juli 1975 für die letzten der Eröffnung vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses bestanden hat (§ 141 b Abs. 1 AFG). Dem LSG ist im Ergebnis auch darin zuzustimmen, daß der bisher herrschenden Auffassung in Schrifttum und Rechtsprechung (vgl. Stahlhacke BUrlG 3. Aufl, § 1 Anm. 113; Boldt/Röhsler, § 7 Rz 70 ff; Renaud, Die Abgeltung von Urlaubsansprüchen nach dem Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer, Berlin 1977, S. 53 und 123; Oehmann, DB 1957, 946; BSGE 26, 68, 70; LAG München, Urteil vom 26. Mai 1954 – 484/54 II – BayAmtsBl 1954 C 166, LAG Düsseldorf, Urteil vom 11. November 1959 – 3a Sa 392/59 – BB 1960, 1133) nicht gefolgt werden kann. Sie berücksichtigt nicht hinreichend, daß der Urlaubsabgeltungsanspruch Surrogat des Anspruchs auf Urlaub, dh auf bezahlte Freizeit (vgl. BAG, Urteil vom 22. Juni 1956 – 1 AZR 41/55 – AP Nr. 10 zu § 611 BGB Urlaubsrecht, BSG aaO, Renaud aaO S. 47 bis 70 mit weiteren Nachweisen) ist. Als solcher ist er in seiner Entstehung nicht unabhängig vom Urlaubsanspruch. Er entsteht vielmehr mit diesem selbst unter der aufschiebenden Bedingung, daß wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezahlte Freizeit nicht mehr gewährt werden kann. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der dadurch verursachten Unmöglichkeit, bezahlte Freizeit noch zu gewähren, tritt lediglich die aufschiebende Bedingung des bereits mit dem Urlaubsanspruch entstandenen Abgeltungsanspruchs ein. Der Arbeitnehmer hat somit schon nach Erfüllung der Wartezeit eine Rechtsposition erworben, die es ihm erlaubt, nach den gesetzlichen Voraussetzungen Urlaub zu verlangen oder – wenn dies, bedingt durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, unmöglich wird – anstelle der bezahlten Freizeit eine Abgeltung zu beanspruchen. Hat der Arbeitnehmer diese Rechtsposition vor dem Tag der Eröffnung des Konkursverfahrens oder der Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse bereits erworben, so fällt er mit diesem – bedingten – Anspruch aus (§§ 141a, 141b AFG).

Solche aufschiebend bedingte Ansprüche sind auch als „Rückstände” nach § 141 b Abs. 2 AFG iVm § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a KO anzusehen. Die Vorschrift des § 67 KO, die die Berücksichtigung aufschiebend bedingter Forderungen im Konkurs regelt, gilt allerdings nicht unmittelbar für Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis, die nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a KO Masseschulden sind (Mentzel/Kuhn, § 57 Anm. 4), Das schließt aber nicht aus, § 67 KO im Rahmen des § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO entsprechend anzuwenden und deshalb auch aufschiebend bedingte Forderungen insoweit als „rückständig” anzusehen. Die Vorschrift des § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO wurde erst durch das Gesetz über das Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (BGBl I 1481) in § 59 KO eingefügt. Bis dahin waren rückständige Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis für das Jahr vor Konkurseröffnung lediglich bevorrechtigte Konkursforderungen nach § 61 Nr. 1 KO aF. Für diese galten die Vorschriften über die Einbeziehung noch nicht fälliger (§ 65 KO) und bedingter Forderungen (§ 67 KO) mit der Folge, daß auch noch nicht fällige und bedingte Forderungen als „rückständig” anzusehen waren. Dies war und ist für nicht fällige Forderungen (§ 65 KO) im Schrifttum und in der Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt (Jaeger, § 61 Anm. 17; Böhle/Stamschräder, § 61 Anm. 4; Mentzel/Kuhn, § 61 Anm. 47; BAG NJW 1967, 1055). Für aufschiebend bedingte Forderungen (§ 67 KO) kann nichts anderes gelten, da auch sie Konkursforderungen sind (vgl. Jaeger, § 67 Am 1). Die Verlagerung eines Teils dieser bevorrechtigten – rückständigen – Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis in den Bereich der Masseschulden diente dem Zweck, den Arbeitnehmern für einen zeitlich begrenzten Teil ihrer bisher als Konkursforderungen geltenden Ansprüche auf Arbeitsentgelt eine bessere Sicherung zu gewährleisten (BT-Drucks 7/1750 S. 16, zu Art. 2 § 1 Nr. 1). Es ist nicht ersichtlich, daß dabei über die zeitliche Begrenzung – Rückstände für die letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung – hinaus noch die weitere Einschränkung gemacht werden sollte, noch nicht fällige oder nur bedingt entstandene Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis aus dem letzten halben Jahr vor Konkurseröffnung an dieser Verbesserung nicht teilhaben zu lassen. Eine solche Einschränkung wäre auch sachlich nicht gerechtfertigt, weil es für die konkursrechtliche Bewertung als Masseschuld, also für die Gewichtigkeit des Bedürfnisses nach Absicherung, nicht so sehr von Bedeutung ist, wann die Forderung zu begleichen gewesen wäre, sondern vielmehr, wann die Leistung erbracht wurde, für die die im Konkurs geltend gemachte Forderung die Gegenleistung darstellt. Deshalb ist auch für noch nicht … fällige Forderungen bereits anerkannt, daß es im Bereich des § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO ebenfalls – entsprechend § 65 KO – auf die Fälligkeit nicht ankommt (BSG, Urteil vom – 1. Dezember 1976 – 7 RAr 136/75BSGE 43, 49, 51, Mentzel/Kühn, § 59 Anm. 15 a Ziff 1 b). Pur aufschiebend bedingte Forderungen kann aus den vorgenannten Gründen auch hier nichts anderes gelten. Auch sie sind als „Rückstände” gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO anzusehen und – entsprechend § 67 KO – zu sichern.

Ob für eine ausgefallene Urlaubsabgeltung gemäß § 141 b AFG Kaug zu gewähren ist, hängt deshalb nicht allein von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor oder nach Eröffnung des Konkursverfahrens ab. Entscheidend ist auch nicht, ob vor oder erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens feststand, daß der Urlaub nicht mehr als bezahlte Freizeit gewährt werden kann. Es muß vielmehr bei Eintritt der Bedingung – der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – auch nach der Eröffnung des Konkursverfahrens noch festgestellt werden, für welchen. Zeitraum nicht gewährter Freizeit die Abgeltung anzusetzen ist, um entscheiden zu können, ob die Abgeltung ganz oder teilweise „für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses” (§ 141 b Abs. 1 AFG) zu zahlen ist. Dabei kann nicht – wie beim Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld. – auf den Zeitraum abgestellt werden, für den die Urlaubsabgeltung zum Lebensunterhalt bestimmt ist (vgl. BSGE 43, 49, 51). Nach seinem Grundgedanken soll nämlich der Abgeltungsanspruch dazu dienen, den Lebensunterhalt des Arbeitnehmers für eine Zeit zu sichern, in der er sich nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses – unbezahlte – Freizeit zu Erholungszwecken nimmt (Boldt/Röhsler, § 7 Rz 67; Heußner, Urlaubsrecht, Rz 223; RAG ARS 44, 185; BAG AP Nr. 7 zu § 611 BGB Urlaubsrecht). Eine solche Zuordnung für Zeiten nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses scheidet schon deshalb aus, weil der Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, den Abgeltungsbetrag für Erholungszwecke zu verwenden.

Im übrigen würden dann Urlaubsabgeltungsansprüche für die Gewährung von Kaug überhaupt nicht – auch nicht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Konkursverfahrens – in Betracht kommen. In keinem Fall würde es sich um Ansprüche für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses (§ 141 b Abs. 1 AFG) handeln. Als Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a KO oder als Konkursforderung nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a KO kämen sie nur dann in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eröffnung des Konkursverfahrens geendet hätte und der Abgeltungsanspruch einem Zeitraum zugeordnet werden könnte, der in den letzten sechs Monaten (§ 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a KO) oder den letzten zwölf Monaten (§ 61 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a KO) vor Eröffnung des Konkursverfahrens liegt. Die Zuordnung zu diesen Zeiträumen wäre aber nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer – was meist nicht der Fall sein wird – den Urlaub innerhalb dieser Fristen tatsächlich nachholt. Es würde sich somit im Bereich des Kaug ein völliger Ausschluß und im Bereich des Konkursrechts eine wesentliche Schlechterstellung des Abgeltungsanspruchs gegenüber der bisherigen Behandlung als Masse schuld nach § 59 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 a Buchst a KO und gegenüber anderen Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis ergeben. Für eine derartige Abwertung ist indessen weder ein entsprechender Wille des Gesetzgebers noch ein verständiger Sinn zu erkennen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung über das Kaug und des Vorrangs der rückständigen Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis im Konkursverfahren soll gerade im Interesse der Arbeitnehmer wie auch der Arbeitgeber ein Schutz vor Ausfällen geschaffen werden, die dadurch entstehen, daß Arbeitnehmer im Interesse der Erhaltung des Arbeitsplatzes auch ohne Lohnzahlungen noch einige Zeit weiterarbeiten (vgl. BSGE 41, 121, 123 f). Dieser Zweck gilt für alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, deren Verwirklichung durch die Weiterarbeit bei einem in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Unternehmer fraglich wird. Er umfaßt also neben den Lohnansprüchen auch die Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche. Es kann deshalb nicht darauf ankommen, für welchen Zeitraum der Urlaubsabgeltungsanspruch zum Lebensunterhalt bestimmt ist.

Ebensowenig kann es – wie bei Lohnansprüchen (vgl. BSGE 43, 49, 50) – darauf ankommen, wann der Urlaubsanspruch und damit auch der Abgeltungsanspruch erworben wurde, also der Zeit vor seiner Entstehung (Erfüllung der Wartezeit), und er kann auch nicht zu je einem Zwölftel auf jeden Monat des Jahres verteilt werden. Diese Möglichkeiten sind bereits von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (BSGE 43, 49, 50 f) und des Bundesarbeitsgerichts – BAG– (Urteil vom 4. Juni 1977 – 5 AZR 663/75 – DB 1977, 1799) für die Einordnung des Anspruchs auf Urlaubsentgelt ausgeschlossen worden. Für die als Surrogat zu zahlende Urlaubsabgeltung kann deshalb nichts anderes gelten. Der Abgeltungsanspruch könnte allenfalls den Zeiten zugeordnet werden, in denen die bezahlte Freizeit spätestens hätte gewährt werden müssen. Ohne diese Frage zu entscheiden, hat das BAG im Urteil vom 10. März 1966 – 5 AZR 498/75 – (AP Nr. 2 zu § 59 KO) in diese Richtung weisende Erwägungen angestellt. Es könnte sich hierbei nur um Zeiträume handeln, die nach dem Zeitpunkt liegen, in dem das Ende des Arbeitsverhältnisses feststand (Zeitpunkt der Kündigung oder des Abschlusses eines Auflösungsvertrages) und vor dem Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eine solche Regelung ließe aber in einer Vielzahl von Fällen unberücksichtigt, daß der Urlaubsabgeltungsanspruch kein Anspruch für einen bestimmten Zeitpunkt, sondern ein Anspruch für einen der abzugeltenden Freizeit entsprechenden Zeitraum ist. So wäre die Festlegung eines Zeitraums ausgeschlossen bei fristloser Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder wenn die Frist zwischen Kündigung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses zeitlich nicht ausreicht, den ganzen Urlaub in bezahlter Freizeit zu gewähren. Schließlich wäre dies auch dann der Fall, wenn der Urlaub wegen persönlicher Gründe – etwa wegen Krankheit oder betrieblicher Erfordernisse – in der Kündigungsfrist nicht gewährt werden kann. Es bliebe in diesen Fällen keine andere Möglichkeit, als den Urlaubsabgeltungsanspruch ganz oder teilweise dem Zeitpunkt der Kündigung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuzuordnen.

Die gleichen Bedenken – wenn auch in vermindertem Umfang – sprechen dagegen, den Urlaubsanspruch den Zeiten zuzuordnen, in denen offenbar wird, daß der Urlaub schon zeitlich nicht mehr während der Bestzeit des Bestehens des Arbeitsverhältnisses gewährt werden kann. Es würde dann auf den Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Teil des Abgeltungsanspruchs entfallen der dem Urlaub entspricht, der in der Kündigungsfrist nicht mehr untergebracht werden kann und der Rest jeweils in Höhe des Anspruchs für einen Urlaubstag auf die bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses noch folgenden Tage. Auch hier würde in Fällen der fristlosen Kündigung und in Fällen, in denen der Urlaubsanspruch nicht voll während der Kündigungsfrist verwirklicht werden kann, der Urlaubsabgeltungsanspruch ganz oder teilweise einem festen Zeitpunkt zugeordnet werden müssen.

Eine dem gesetzgeberischen Sinn und Zweck der Konkursausfallversicherung entsprechende Einordnung der Urlaubsabgeltung kann daher nur eine Verteilung auf die der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgehenden Tage, die der abzugeltenden Urlaubsdauer entsprechen, gerecht werden, Sie berücksichtigt nicht nur hinreichend, daß der Urlaubsabgeltungsanspruch kein Anspruch für einen Zeitpunkt, sondern für einen Zeitraum ist. Eine solche Zuordnung trägt auch dem Umstand angemessen Rechnung, daß der Arbeitnehmer durch Weiterarbeit bei einem in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Unternehmer nicht nur den Lohn, sondern auch die Verwirklichung seines Anspruchs auf bezahlte Freizeit (Urlaub) oder dessen Abgeltung riskiert.

Für die Zahlung von Kaug ergibt sich daraus, daß Urlaubstage, die auf die Zeit vor Eröffnung des Konkursverfahrens fallen, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einen Anspruch auf Kaug begründen. Für die Tage, die in den Zeitraum nach der Eröffnung des Konkursverfahrens liegen, kann hingegen Kaug nicht gewährt werden. Sie können nur – wie bisher – in einem Konkursverfahren als Masseschuld nach § 59 Abs. 2 KO berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt auch für die Abgeltung des zusätzlichen Urlaubsgeldes. Dabei schließt sich der erkennende Senat der Auffassung des 7. Senats des BSG (BSGE 43, 49) und des 5. Senats des BAG (DB 1977, 1799) an, daß für den Anspruch auf Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld – und dementsprechend ebenso für den als Surrogat zu gewährenden Abgeltungsanspruch – der Tag, an dem der Beschluß über die Eröffnung des Konkursverfahrens ergeht, nicht dem Zeitraum zuzurechnen ist, für den Kaug gezahlt werden kann. Diese Entscheidung rechtfertigt sich – unabhängig davon, ob für Lohnforderungen möglicherweise etwas anderes gelten muß – schon daraus, daß Urlaub allenfalls tageweise, nicht aber stundenweise zu gewähren ist (BAG AP Nr. 6 zu § 5 BUrlG – Bl 497 K) und der Anspruch auf Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld dem Arbeitnehmer bereits mit Beginn des Urlaubstags für den ganzen Tag zusteht.

Mit der im vorliegenden Fall vertretenen Rechtsauffassung über den Zeitraum, dem die Urlaubsabgeltung vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuzuordnen ist, setzt sich der erkennende Senat nicht in Widerspruch zu dem Urteil des 3. Senats des BSG vom 26. Januar 1967 – 3 RK 44/64 – (BSGE 26, 68, 70). Übereinstimmend mit dem erkennenden Senat ist auch der 3. Senat der Auffassung, daß der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern vorher entsteht. Allein darauf kam es in dem vom 3. Senat zu entscheidenden Streit, ob die Urlaubsabgeltung beitragspflichtiges Entgelt sei, an. Soweit der 3. Senat mit der bisher im Arbeitsrecht herrschenden Meinung angenommen hat, der Urlaubsabgeltungsanspruch als Surrogat des Urlaubsanspruchs entstehe erst „mit” Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sind seine diesbezüglichen Ausführungen für seine Entscheidung nicht tragend gewesen. Auch wenn man den Abgeltungsanspruch als einen bereits mit dem Urlaubsanspruch bedingt entstandenen Anspruch ansieht, ist er mit dem 3. Senat des BSG als einmalige Zuwendung anzusehen. Der erkennende Senat braucht deshalb den Großen Senat nicht anzurufen (§ 42 SGG).

Ist somit der Urlaubsabgeltungsanspruch einschließlich des entsprechenden Anspruchs auf Urlaubsgeld den letzten der abzugeltenden Urlaubsdauer entsprechenden Tagen des Arbeitsverhältnisses zuzurechnen, so errechnet sich der Anspruch des Klägers wie folgt: Das Arbeitsverhältnis endete am 31. Juli 1975 (einem Donnerstag). Der abzugeltende tarifliche Urlaubsanspruch betrug nach den Feststellungen des LSG, die sich aus seinen Berechnungen ergeben, 24 Arbeitstage (Arbeitstage: Montag bis Freitag). Die Abgeltung für diese Urlaubstage entfällt unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Kläger vom 1. bis 8. Juli die 6 Tage Resturlaub aus dem Jahre 1974 genommen hatte, auf die Zeit vom 31. bis 9. Juli und 30. bis 20. Juni 1975. Von diesen Tagen fallen nur die 7 Arbeitstage zwischen dem 30. und dem 20. Juni 1975 auf die Zeit vor Eröffnung des Konkursverfahrens. Dem Kläger steht deshalb Kaug nur für diese 7 Tage zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI926253

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