Gesetzestext

 

(1) 1Der Schuldner ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuß und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. 2Er hat auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. 3Jedoch darf eine Auskunft, die der Schuldner gemäß seiner Verpflichtung nach Satz 1 erteilt, in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Schuldner oder einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozeßordnung bezeichneten Angehörigen des Schuldners nur mit Zustimmung des Schuldners verwendet werden.

(2) Der Schuldner hat den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen.

(3) 1Der Schuldner ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Gerichts jederzeit zur Verfügung zu stellen, um seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen. 2Er hat alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung dieser Pflichten zuwiderlaufen.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 100, § 101 Abs. 1 KO, § 69 Abs. 1 VerlO

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die §§ 9799, 101, 102 enthalten strenge, sanktionierte Verfahrenspflichten des Schuldners, die zur Verwirklichung der Gläubigerrechte und zur effektiven Durchführung des Insolvenzverfahrens erforderlich sind.[1] Sie ergänzen und erweitern die bisherigen konkursrechtlichen Regelungen zu den Pflichten des Schuldners im Verfahren teilweise erheblich, nehmen aber andererseits auch notwendige Flexibilisierungen vor. So wurde beispielsweise die starre Regelung zur Residenzpflicht des Schuldners nach § 101 Abs. 1 KO mit der Neufassung in § 97 Abs. 3 den im Hinblick auf eine größere Mobilität geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen angepasst. Ebenso enthält § 101 nunmehr eine ausdrückliche klarstellende Regelung zu Umfang und Adressaten der Schuldnerpflichten bei der Insolvenz einer nicht natürlichen Person. Insgesamt sind die Vorschriften sehr ausführlich geraten und entsprechen eher dem Bedürfnis nach einer umfassenden Regelung als die bisherigen rudimentären Vorschriften der KO. Sie sind aus diesem Grund auch im Wesentlichen aus sich heraus verständlich, nachdem die zuvor noch im Regierungsentwurf einer Insolvenzordnung über mehrere Vorschriften verteilten Regelungen im Gesetzgebungsverfahren auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages gestrafft und unter systematischen Gesichtspunkten neu geordnet wurden.

§ 97 ist entsprechend anwendbar über die in § 20, § 22 Abs. 3, § 261 Abs. 1 Satz 3, § 274 Abs. 2 Satz 2 enthaltenen Verweisungen. Für die Auskunftspflicht organschaftlicher Vertreter von Schuldnern, die keine natürlichen Personen sind, gilt § 101 Abs. 1. Weiterhin kommt § 97 über die in § 270 Abs. 1 Satz 2 enthaltene allgemeine Verweisung auch für die Eigenverwaltung im Verhältnis zum Sachwalter zur Anwendung. In diesem Zusammenhang sind aber ergänzend die Vorschriften der §§ 275, 277 über das Zusammenwirken zwischen Schuldner und Sachwalter heranzuziehen.

Ergänzt werden die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners durch die Regelungen in § 151 Abs. 1 Satz 2 für die Aufstellung des Verzeichnisses der Massegegenstände sowie § 153 Abs. 2 zur besonderen Vollständigkeitsversicherung des Schuldners hinsichtlich der vom Verwalter aufgestellten Vermögensübersicht.

Die Erfüllung der dem Schuldner nach § 97 auferlegten Pflichten kann mit den in § 98 geregelten Möglichkeiten erzwungen werden.

[1] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 279.

2. Auskunftspflicht (Abs. 1)

 

Rn 2

Vorrangig auskunftspflichtig nach Abs. 1 ist der Schuldner. Er ist in jedem Fall persönlich zur Erteilung der notwendigen Auskünfte verpflichtet. So braucht sich der Insolvenzverwalter nicht auf einen anwaltlichen Bevollmächtigten verweisen zu lassen, und zwar weder hinsichtlich der Kontaktaufnahme mit dem Schuldner noch hinsichtlich der inhaltlichen Auskunftserteilung.[2] Entscheidend kommt es nur darauf an, ob dem Schuldner die Auskunft objektiv möglich ist. Zumutbarkeitsgesichtspunkte haben gegenüber den mit dem Verfahren verfolgten vorrangigen Gläubigerinteressen weitestgehend in den Hintergrund zu treten, da die umfassende Auskunftserteilung durch den Schuldner oft die einzige Möglichkeit für Insolvenzverwalter und Gläubigerorgane darstellt, sich über die tatsächlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründe zu unterrichten. So ist es dem Schuldner regelmäßig verwehrt, die Auskunftsberechtigten beispielsweise auf den von ihm beauftragten steuerlichen Berater zu verweisen. Erteilt dieser dann keine weiterführenden Auskünfte, weil erhebliche Honorarrückstände bestehen, so begründet dies für den Schuldner auch beim Fehlen eigener Kenntnis von den Vorgängen keine objektive Unmöglichkeit der Auskunftserteilung. Vielmehr kann der Schuldner im Einzelfall sogar verpflichtet sein, aus seinem insolvenzfreien Vermögen die Zahlungen an den Steuerberater aufzubringen, um von dort die zur Auskunftserteilung nötigen Informationen zu erhalten....

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