Leitsatz

1. Übergibt ein Landwirt dem Betreiber einer Biogasanlage aufgrund einer zwischen beiden geschlossenen Vereinbarung Biomasse, die im Eigentum des Landwirts verbleibt und lediglich zur Gewinnung von Biogas genutzt wird, so erfüllt die Rückgabe der verbleibenden Pflanzenreste an den Landwirt mangels einer Zuwendung nicht die Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG.

2. Steht von vornherein fest, dass der Abnehmer einen Teil der übergebenen Biomasse wieder zurückgeben muss, beschränkt sich der wesentliche wirtschaftliche Zweck der Lieferung auf das dem Abnehmer nach dem Inhalt der Leistungsvereinbarungen verbleibende Biogas.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 5 UStG, Art. 14, Art. 15, Art. 16 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der H-KG, die ihrerseits das Einzelunternehmen ihres Kommanditisten fortführte. Die Klägerin betrieb eine Biogasanlage. Die Biomasse zur Biogaserzeugung erwarb die Klägerin von der H-GbR, die die Biomasse ihrerseits von KHL bezog. Die bei der Produktion des Biogases anfallenden Gärreste wurden an KHL zurückgegeben. Dem lag eine zwischen KHL, H‐GbR sowie der H‐KG abgeschlossene Vereinbarung zugrunde. Danach sollte die Lieferung durch die KHL eine Gehaltslieferung sein, die Biomassesubstanz im Eigentum der KHL verbleiben und die Lieferung nur in Form von Kohlenwasserstoffverbindungen zwecks energetischer Nutzung durch die H‐KG erfolgen. Die Biomassesubstanz war nach energetischer Verwertung an KHL zurückzugeben.

Das FA ging davon aus, dass die H-KG die bei der Biogaserzeugung anfallenden Gärreste (Biomassesubstanz) der KHL unentgeltlich überlassen habe und deshalb als Zuwendungen zu versteuern seien. Im Verhältnis H‐KG zur H‐GbR liege keine Gehaltslieferung nach § 3 Abs. 5 UStG vor. Der Einspruch gegen die geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen 2008 und 2009 hatte keinen Erfolg. Das FG gab der Klage statt (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8.12.2015, 3 K 1070/13, Haufe-Index 8905761, EFG 2016, 324).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Das FG habe zu Recht die Rückführung der Biomassesubstanz nach Herstellung des Biogases an KHL nicht der Besteuerung unterworfen. Es fehle schon an einer Zuwendung der Biomassesubstanz. Denn nach der vertraglichen Vereinbarung habe die H-KG der KHL keinen Vermögensvorteil verschafft, indem sie ihr die Gärreste nach Abschluss der Biogasproduktion überließ. Die Biomassesubstanz sollte von vornherein im Eigentum der KHL verbleiben. Die H-KG durfte sie zur Energieerzeugung lediglich nutzen und musste sie nach der energetischen Verwertung an KHL zurückgeben.

 

Hinweis

1. Nach § 3 Abs. 5 UStG beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben, wenn ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben hat.

Danach führt die Rückgabe der Abfälle oder Nebenerzeugnisse weder zu einer Zuwendung noch zu einer Lieferung.

2. Das Unionsrecht steht dem nicht entgegen. Zwar besteht für § 3 Abs. 5 UStG im Unionsrecht keine ausdrückliche Rechtsgrundlage. Unionsrechtlich ist aber der Liefergegenstand im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers nach dem wirtschaftlichen Zweck zu bestimmen. Steht von vornherein fest, dass der Abnehmer z.B. einen Teil der übergebenen Biomasse wieder zurückgeben muss, beschränkt sich der wesentliche wirtschaftliche Zweck der Lieferung auf den dem Abnehmer nach Inhalt der Leistungsvereinbarungen verbleibenden Teil.

3. Auf eine exakt zu bestimmende "Nämlichkeit" kommt es nicht an.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.8.2017 – V R 3/16

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