Rz. 85

Die Bilanz wird bis zur Fehlerquelle (die Bilanz, in der der Fehler entstanden ist) berichtigt, wenn die Steuer noch nicht festgesetzt wurde, wenn sich die Bilanzberichtigung nicht auf die Höhe der festzusetzenden Steuer auswirkt und wenn die durchgeführte Festsetzung verfahrensrechtlich noch geändert werden kann.[1] Kann eine Änderung verfahrensrechtlich nicht mehr erfolgen, ist die Bilanzberichtigung in der Weise vorzunehmen, dass in der Anfangsbilanz des ersten noch offenen Jahres der falsche Ansatz respektive die unrichtige Bewertung aus der Schlussbilanz des Vorjahres zu übernehmen ist und der Fehler sodann in der Schlussbilanz des ersten noch offenen Jahres zu berichtigen ist.[2] Das nachstehende Beispiel soll diese Vorgehensweise nochmals illustrieren.

 
Praxis-Beispiel

Eine Rückstellung für Produkthaftung ist in der Bilanz zum 31.12.01 (erstmalig) und zum 31.12.02 sowie zum 31.12.03 i. H. v. 50.000 EUR unzulässigerweise passiviert worden. Die Bescheide für die VZ 01 und 02 sind

  1. nach den Vorschriften der AO noch korrigierbar,
  2. nach den Vorschriften der AO nicht mehr korrigierbar.

Alternative a.

Da die Korrekturvorschriften der AO anwendbar sind, hat die Bilanzberichtigung zum 31.12.01, mithin an der Fehlerquelle, und nachfolgend auch zum 31.12.02 und zum 31.12.03 zu erfolgen. Die Steuerfestsetzung ist wie folgt zu ändern:

 
  31.12.01 31.12.02 31.12.03

Rückstellung laut Handels- und Steuerbilanz

Rückstellung laut berichtigter Bilanz

50.000 EUR

--

50.000 EUR

--

50.000 EUR

--

Betriebsvermögens-Unterschied

Vorjahres-Unterschied

+ 50.000 EUR

--

+ 50.000 EUR

./. 50.000 EUR

+ 50.000 EUR

./. 50.000 EUR
Gewinnauswirkung + 50.000 EUR -- --

Alternative b.

Da die Korrekturvorschriften der AO nicht anwendbar sind, erfolgt die Bilanzberichtigung im ersten noch offenen Jahr, d. h. zum 31.12.03. Die Steuerfestsetzung ist wie folgt zu ändern:

 
  31.12.01 31.12.02 31.12.03

Rückstellung laut Handels- und Steuerbilanz

Rückstellung laut berichtigter Bilanz

50.000 EUR

50.000 EUR

50.000 EUR

50.000 EUR

50.000 EUR

--

Betriebsvermögens-Unterschied

Vorjahres-Unterschied

--

--

--

--

50.000 EUR

--
Gewinnauswirkung -- -- + 50.000 EUR

Bei Land- und Forstwirten, deren Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr abweicht,[3] müssen dabei beide Veranlagungen, denen die Schlussbilanz zugrunde liegt, geändert werden können.[4] Die Bilanz ist dabei durch Stornierung des Fehlers zu korrigieren.[5] Ob die Rückabwicklung erfolgswirksam oder erfolgsneutral erfolgt, ist demzufolge davon abhängig, ob sich der Fehler in den Vorjahresbilanzen entsprechend ausgewirkt hat; hat sich der Fehler nicht auf das Ergebnis ausgewirkt, hat die Berichtigung erfolgsneutral zu erfolgen.[6]

 

Rz. 86

Unterlassene Aktivierung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens

Hat der Steuerpflichtige es versäumt, ein Wirtschaftsgut zu bilanzieren, hat er dieses bei der Berichtigung mit dem Wert einzubuchen, der anzusetzen wäre, wenn es von Beginn an richtig ausgewiesen worden wäre, also mit einem fiktiven – in einer Schattenrechnung ermittelten – (fortgeführten) Buchwert.[7] Der Einlagewert bzw. die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind folglich um die AfA der Jahre vor der Bilanzberichtigung zu kürzen, auch wenn diese AfA tatsächlich nicht in Anspruch genommen wurde.[8] Diese Nachbuchung stellt sich jedoch nicht als Einlage dar und ist demnach gewinnneutral vorzunehmen.[9] Forderungen und Vorratsvermögen sind als Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens hingegen erfolgswirksam zu korrigieren.[10]

 
Praxis-Beispiel

Ein Schadensersatzanspruch ist im Jahr 01 in Höhe von 100.000 Euro rechtskräftig entstanden, den der Steuerpflichtige in den Schlussbilanzen der Jahre 01 und 02 jedoch nicht aktiviert hat. Während die Steuerbescheide bis einschließlich des Jahres 01 bereits bestandskräftig sind, steht der Bescheid des Jahres 02 unter Vorbehalt der Nachprüfung. Der Schadensersatz wird im Jahr 03 geleistet.

Lösung:

Da die Schlussbilanz des Jahres 01 objektiv fehlerhaft und der Steuerbescheid für diese Veranlagung bereits bestandskräftig ist, ist eine Bilanzberichtigung in der ersten noch änderbaren Bilanz (hier: Bilanz des Jahres 02) vorzunehmen. Diese erfolgt erfolgswirksam durch die Buchung:

 
Sonstige Forderungen 100.000 Euro an s.b. Erträge 100.000 Euro

[11]

 

Rz. 87

Unzulässigerweise aktiviertes Wirtschaftsgut

  • Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, die zu Unrecht dem Betriebsvermögen gewidmet wurden, sind erfolgsneutral zum Buchwert auszubuchen;[12] eine Ausbuchung zum Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG kommt aufgrund der Nichtanwendbarkeit der Entnahmegrundsätze nicht in Betracht.[13] Wertänderungen wie Abschreibungen und ggf. auch Teilwertabschreibungen, die während der Behandlung des Wirtschaftsguts als Betriebsvermögen eingetreten sind, bleiben bei der Ausbuchung unberücksichtigt. Ein Wirtschaftsgut, das als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt wurde, kann hingegen nicht zum Buchwert ausgebucht werden.[14]
  • Auch ein entnommenes, aber versehentlich weiter bilanziertes Wirtschaftsgut ist im ersten noch offene...

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