Leitsatz (amtlich)

Zur Abgrenzung der Zuständigkeit von Insolvenzgericht und Prozessgericht beim Streit zwischen Insolvenzverwalter und Schuldner über die Massezugehörigkeit von Lohnanteilen im Hinblick auf die Vorschriften des Pfändungsschutzes.

 

Normenkette

InsO § 36 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Beschluss vom 02.11.2009; Aktenzeichen 5 T 452/09)

AG Osnabrück (Entscheidung vom 20.05.2009; Aktenzeichen 64 IN 22/07 (28))

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Osnabrück vom 2.11.2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 650 EUR festgesetzt.

Der Antrag des Rechtsbeschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Gründe

Rz. 1

Entscheidet der Einzelrichter - wie hier - in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, über die Beschwerde und lässt die Rechtsbeschwerde zu, so ist die Zulassung wirksam; die Entscheidung unterliegt jedoch auf Rechtsbeschwerde wegen fehlerhafter Besetzung des Beschwerdegerichts der Aufhebung von Amts wegen (BGHZ 154, 200). Im Beschwerdefall hat das Insolvenzgericht auf Antrag des Insolvenzverwalters unter Inanspruchnahme seiner Zuständigkeit gem. § 36 Abs. 4 InsO entschieden; der Rechtsmittelzug richtet sich deshalb nach den allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften und die Rechtsbeschwerde ist nur kraft Zulassung gem. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. BGH, Beschl. v. 9.3.2006 - IX ZB 119/04, ZVI 2006, 461; v. 5.4.2006 - IX ZB 169/04, ZVI 2007, 78 f.; v. 6.7.2006 - IX ZB 220/04, KTS 2007, 353 m. Anm. Paulus).

Rz. 2

Für die Neuentscheidung der Sache verweist der Senat darauf, dass die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts nach § 36 Abs. 4 InsO noch nicht aus der Anwendung vollstreckungsrechtlicher Beurteilungsnormen folgt. Der Streit zwischen Insolvenzverwalter und Schuldner über die Massezugehörigkeit von Lohnanteilen, wie er sich hier vor dem Hintergrund von §§ 850e Nr. 1, 851c ZPO ergeben hat, kann nur im Wege des Rechtsstreits entschieden werden, weil er keine Vollstreckungshandlung und keine Anordnung des Vollstreckungsgerichts betrifft, wie sie etwa nach den §§ 850b, 850c, 850 f und 850i ZPO ergehen kann (vgl. BGHZ 92, 339, 340; BGH, Urt. v. 10.1.2008 - IX ZR 94/06, ZInsO 2008, 204; v. 19.5.2009 - IX ZR 37/06, NZI 2009, 574 f Rz. 12 bis 16; Beschl. v. 16.7.2009 - IX ZB 166/07, NZI 2009, 824 Rz. 2; Urt. v. 3.12.2009 - IX ZR 189/08, NZI 2010, 141, 142 Rz. 10). Der Beschluss des Senats vom 12.1.2006 (IX ZB 239/04, ZVI 2006, 58) zur Beurteilung der Frage, ob Einkommensteuererstattungsansprüche zum pfändbaren Arbeitseinkommen gem. § 850 ZPO gehören, weicht hiervon nicht ab, weil das Insolvenzgericht dort von Amts wegen entschieden hatte. Die Feststellungsanträge des Insolvenzverwalters werden daher unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 20.5.2009 als unzulässig abzulehnen sein. Der zweite Beschwerdedurchgang gibt dem Insolvenzverwalter Gelegenheit, sich zu dieser Zuständigkeitsfrage noch zu äußern.

Rz. 3

Prozesskostenhilfe für die Rechtsbeschwerde ist mangels Erfolgsaussicht im Endergebnis nach § 114 ZPO nicht zu gewähren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2343296

DB 2010, 8

NWB 2010, 2441

EBE/BGH 2010

EWiR 2011, 57

WM 2010, 1185

ZIP 2010, 1197

DZWir 2010, 425

MDR 2010, 955

NZI 2010, 4

NZI 2010, 584

NZI 2010, 6

Rpfleger 2010, 536

ZInsO 2010, 1115

InsbürO 2010, 274

NJW-Spezial 2010, 631

NWB direkt 2010, 823

ZVI 2010, 473

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